MKL1888:Polyëder

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Polyëder“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 205
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Polyëder. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 205. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Poly%C3%ABder (Version vom 15.04.2021)

[205] Polyëder (griech., Vielflächner, vieleckiger Körper), ein nur von ebenen Flächen begrenzter Körper, dessen Kanten daher geradlinig sind. Zwischen der Anzahl der Kanten und der Zahl der ebenen Winkel auf seiner Oberfläche besteht die Gleichung . Bilden ferner die Kanten ein zusammenhängendes Netz, so daß man von einer zu jeder andern gelangen kann, ohne über eine Fläche zu springen, und hängt ferner das P. nirgends bloß in einer Kante oder Ecke zusammen, so gilt für die Anzahl der Ecken, Flächen und Kanten, und , die von Euler herrührende Gleichung ; derartige P. nennt man auch Eulersche P. Zu ihnen gehören unter andern die regulären P. (regelmäßigen Körper), welche von kongruenten Vielecken begrenzt sind, von denen gleichviel in einer Ecke zusammenstoßen. Sind die Flächen Dreiecke mit Winkeln von 60°, so können in einer Ecke 3, 4 oder 5 zusammenstoßen , nicht aber 6 oder mehr, denn da ist, so würden schon bei 6 zusammenstoßenden Flächen alle in eine Ebene fallen. Sind die Flächen Vierecke mit Winkeln von 90° oder Fünfecke mit Winkeln von 108°, so können nur 3 in einer Ecke zusammenstoßen, weil sonst die Summe der Winkel um eine Ecke 360° übersteigen würde. Sechsecke oder Vielecke von noch mehr Seiten können die Flächen eines regulären Polyeders nicht sein, denn schon beim Sechseck, wo jeder Winkel 120° beträgt, würden 3 in einer Ecke zusammenstehende Winkel 360° ausmachen, also in eine Ebene fallen. Mittels der angegebenen Gleichungen kann man und durch ausdrücken, und die Eulersche Gleichung liefert dann . Stoßen z. B. 3 Dreiecke in einer Ecke zusammen, so ist , folglich , mithin , folglich . Man findet so fünf reguläre P. (s. Figur):

Tetraeder. Oktaeder. Ikosaeder.
Hexaeder. Dodekaeder.

1) das Tetraeder, begrenzt von 4 regulären Dreiecken, mit 4 Ecken und 6 Kanten; 2) das Oktaeder, begrenzt von 8 regelmäßigen Dreiecken, mit 6 Ecken und 12 Kanten; 3) das Ikosaeder, begrenzt von 20 regelmäßigen Dreiecken, mit 12 Ecken und 30 Kanten; 4) das Hexaeder, begrenzt von 6 Quadraten, mit 8 Ecken und 12 Kanten; 5) das Dodekaeder, begrenzt von 12 gleichseitigen Fünfecken, mit 20 Ecken und 12 Kanten. Die Erfindung dieser P. schrieb man im Altertum dem Pythagoras zu; sie hießen kosmische Körper, weil man in der Schule dieses Philosophen annahm, die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde beständen aus den vier ersten, während das Dodekaeder den Umriß des Weltganzen bilde. Halbreguläre P. sind solche, welche von regulären Vielecken verschiedener Art begrenzt, und deren Ecken gleich oder symmetrisch sind; z. B. ein normales dreiseitiges Prisma mit quadratischen Seitenflächen. Archimedes hat zuerst diese Körper behandelt und deren 13 angegeben. Um den Inhalt eines Polyeders zu finden, zerlegt man dasselbe in Pyramiden, die man einzeln berechnet.