MKL1888:Polysynthĕtismus
[211] Polysynthĕtismus (griech.), das einverleibende Prinzip des Sprachenbaues. Hiermit bezeichnet man seit W. v. Humboldt und Pott die Eigentümlichkeit gewisser Sprachen (namentlich derjenigen der amerikanischen Eingebornen), den Unterschied zwischen Wort und Satz aufzuheben, indem sie Subjekt, Objekt und adverbiale Bestimmungen mit dem Verbum zu einem Wort verschmelzen. So sagt der Mexikaner mit Einem Wort: „Ich-Fleisch-esse“, statt: „Ich esse Fleisch“; in der Sprache der Indianer von Massachusetts wird aus dem ganzen Satz: „Er fiel auf die Kniee nieder und betete ihn an“ ebenfalls ein einziges Wort, das freilich aus elf Silben besteht; im Odschibwä kann ein Verbum 200,000 Modifikationen erfahren, wodurch es die verschiedensten Bedeutungen erhalten kann, welche in neuern Sprachen nur durch Beifügung andrer Wörter sich wiedergeben lassen. Von den Sprachen andrer Weltteile ist namentlich im Baskischen der P. herrschend. Vgl. Sprache und Sprachwissenschaft.