MKL1888:Rolle

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Rolle“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 894895
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Rolle. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 894–895. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Rolle (Version vom 11.10.2021)

[894] Rolle, eine der sechs einfachen Maschinen oder mechanischen Potenzen, besteht aus einer kreisförmigen, in einem Gehäuse, dem Kloben, drehbar angebrachten Scheibe, um welche ein Seil gelegt wird, so daß ein an dem einen Seilende in der Richtung desselben ausgeübter Zug sich über die R. hinweg auf das andre Seilende in entsprechend veränderter Richtung fortpflanzt. Man unterscheidet feste und bewegliche (lose) Rollen. Bei der festen R. (Fig. 1, S. 895) sind beide Seilenden a u. b lose, dagegen der Kloben c der R. d an irgend einem Gegenstand befestigt, so daß bei genügend starkem Ziehen am Ende b das am andern Ende hängende Gewicht Q gehoben wird, während die R. d nur um ihren feststehenden Mittelpunkt rotiert. Es [895] wird hierbei offenbar nur die Kraftrichtung verändert, dagegen eine Größenänderung der Kraft, abgesehen von dem Einfluß der Reibungs- und Seilbiegungswiderstände, nicht vorgenommen, so daß die zum

Fig. 1. Feste Fig. 2. Lose
Rolle.

Heben von Q bei b erforderliche Kraft P um diese Widerstände größer als das Gewicht Q sein muß. Bei der losen R. (Fig. 2) ist das eine Seilende a befestigt und das andre b sowie der Kloben c der R. d lose, so daß beim Ziehen an b außer einer Drehung auch eine fortschreitende Bewegung der R. eintritt. Da nun durch Vermittelung von d in beiden Seilenden a und b die gleiche Spannung P herrscht (wenn von der Reibung etc. abgesehen wird), also im ganzen, vorausgesetzt daß a und b parallel sind, eine Kraft von der Stärke 2 P die R. d nach oben zu ziehen bestrebt ist, so wird die hierdurch zu hebende Last Q ebenfalls gleich 2 P sein können. Es tritt hier also eine Kraftvermehrung ein, welcher jedoch eine Verringerung des Wegs (Hubes) gegenübersteht, so daß die Last Q bei parallelen Seilen nur um die Hälfte der Strecke gehoben wird, um welche das Ende b des Seils emporgezogen wird. Die lose R. läßt sich aber auch derart umkehren, daß das Seilende a unten fest gelegt, die Last Q am Seilende b und die Kraft am Kloben angebracht wird. Dann findet natürlich eine Kraftverminderung und Hubvergrößerung statt. Sind die Seile nicht parallel, so ändern sich die Verhältnisse in einer dem Parallelogramm der Kräfte entsprechenden Weise. Eine zweckmäßige Verbindung von festen und losen Rollen heißt Rollen- oder Flaschenzug (s. d.). Die hierbei gebräuchliche Vereinigung mehrerer Rollen in einem gemeinschaftlichen Gehäuse heißt Flasche. Die Verbindung mehrerer fester Rollen mit irgend einem in sich geschlossenen biegsamen Organ (Seil, Schnur, Riemen) führt zu den Riemenräderwerken, zum Schnurtrieb, Seiltrieb etc. (s. d.) Der Name R. wird auch mehrfach für „Rad“ gebraucht, besonders bei kleinern Rädern; so spricht man von Laufrollen, Friktionsrollen etc.

Rolle, Glättmaschine, s. Kalander und Mange.

Rolle heißt im Theaterwesen die einzelne Partie eines Stücks, welche einem Schauspieler übertragen wird; dann der schriftliche Auszug dieser Partie. Derselbe muß außer dem Texte des Stücks jede etwanige Bemerkung des Dichters über Auffassung oder Darstellung mit enthalten. Die letzten Worte des Vorhersprechenden (Stichwörter) sind mit angeführt, damit der Darsteller zur rechten Zeit mit seiner Rede einfalle. – Im Seewesen bezeichnet R. die Verteilung der Besatzung eines Schiffs zu den verschiedenen Dienstverrichtungen, so daß jeder Mann derselben weiß, wohin er gehört, und was er zu thun hat, sobald das betreffende Kommando gegeben wird; solcher Rollen sind z. B. die Gefechts-, Manöver, Wacht-, Feuer-, Boots-, Reinschiff- etc. R. Diese Rollen werden in der Regel vom ersten Offizier aufgestellt und in ein Rollenbuch zusammengetragen. – Im Handel bei Stock- oder Rundfischen eine Zahl von 180 zusammengebundenen Fischen.

Rolle (spr. roll), Landstädtchen im schweizer. Kanton Waadt, Landungsplatz am Genfer See und Station der Bahnlinie Genf-Lausanne, Mittelpunkt der weinreichen Küstengegend La Côte mit (1880) 1688 Einw. Auf einer Insel im See erhebt sich ein 12 m hoher Obelisk, das Denkmal Laharpes (s. d. 2).

Rolle, Johann Heinrich, Kirchenkomponist, geb. 23. Dez. 1718 zu Quedlinburg, studierte die Rechte in Berlin, ging aber zur Musik über und trat als Violinist in die Hofkapelle. 1746 wurde er Organist an der Johanneskirche zu Magdeburg und nach seines Vaters Tod 1752 dessen Nachfolger als städtischer Musikdirektor; starb 29. Dez. 1785. R. komponierte mehrere vollständige Jahrgänge Kirchenmusiken, 20 biblische und weltliche Dramen (Oratorien), die Oden Anakreons für eine Stimme mit Klavier u. a.