MKL1888:Roussillon

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Roussillon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 1015
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Roussillon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 1015. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Roussillon (Version vom 08.04.2023)

[1015] Roussillon (spr. rußijóng), ehemalige franz. Provinz, zwischen Languedoc, dem Mittelländischen Meer, den Pyrenäen und der Grafschaft Foix gelegen, bildet jetzt im ganzen das Departement Ostpyrenäen. Hauptstadt war Perpignan. Den Namen erhielt R. von dem Fluß und der alten Hauptstadt Ruscino. 50 v. Chr. eroberten die Römer das Land und hatten es bis 462 n. Chr. inne, wo sie von den Westgoten vertrieben wurden. 720 ward das Land von den Sarazenen besetzt; diese vertrieb Pippin der Kurze 759 und schlug das Land zu Aquitanien. Karl d. Gr. ließ es durch eigne Grafen verwalten, deren erster Gaucelin (Gaucelm) war, und deren Würde seit 915 erblich war. Nach dem Aussterben dieses Dynastengeschlechts (1163) fiel die Grafschaft R. infolge eines Testaments 1172 an den König Alfons II. von Aragonien, blieb aber unter französischer Lehnsherrschaft. Alfons verlieh 1185 R. und Cerdagne seinem Bruder Sancho. Ludwig IX. gab 1258 seine Souveränitätsrechte auf R. durch einen Traktat völlig auf, und R. kam nun unter die Oberlehnsherrschaft von Aragonien. Als sich Jakob II., Sohn Sanchos, gegen seinen Lehnsherrn feindlich zeigte, ward R. als ein verwirktes Lehen wieder mit Aragonien vereinigt, bei welchem es bis auf Johann II. blieb. Bei der Empörung Barcelonas versetzte Johann R. 1462 an Ludwig XI. von Frankreich. Die Roussilloner empörten sich jedoch gegen diesen, wobei sie von Aragonien unterstützt wurden; doch eroberten die Franzosen 1473 Perpignan und blieben im Besitz von R., bis es 1493 von Karl VIII. freiwillig an den König Ferdinand II. von Aragonien zurückgegeben ward. Die Grafschaft blieb nun bei Spanien bis 1642; in diesem Jahr eroberte König Ludwig XIII. Perpignan durch Hunger und nahm dann das ganze Land in Besitz. 1659 ward dem König Ludwig XIV. diese Eroberung im Pyrenäischen Frieden abgetreten. Aus dieser bis in die neueste Zeit reichenden Zugehörigkeit des Landes zu Katalonien, die auf der leichten Verbindung durch den Perthuspaß und den Col de la Perche beruht, erklärt sich, daß sich hier am meisten katalonische Sprache und Sitte bewahrt hat. Vom übrigen Frankreich ist es durch die Corbièresberge getrennt und nur am Meer von Narbonne her durch eine Straße verbunden. – Der Flecken R., im Departement Isère, Arrondissement Vienne, am Rhône, mit einem vom Kardinal von Tournon 1553 erbauten Schloß und (1881) 908 Einw., ist bemerkenswert wegen des hier vom König Karl IX. 4. Aug. 1564 gegen die Hugenotten erlassenen Edikts, welches 1568 wieder aufgehoben ward (s. Hugenotten, S. 767).