MKL1888:Rundmäuler

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Rundmäuler“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 35
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Rundmäuler. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 35. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Rundm%C3%A4uler (Version vom 27.12.2022)

[35] Rundmäuler (Cyclostomi, Cyklostomen), früher als eine der niedersten Fischordnungen betrachtet, jetzt als eine besondere Gruppe allen übrigen Wirbeltieren gegenübergestellt. Von den Fischen, mit denen sie äußerlich große Ähnlichkeit haben, und noch mehr von den höhern Wirbeltieren unterscheidet sie das Fehlen von Kiefern und der paaren Gliedmaßen (Brust- und Bauchflossen), die geringe Entwickelung des Schädels, der Bau der Wirbelsäule, der Nase etc. Die R. haben eine Haut ohne Schuppen und besitzen eine unpaare Rücken- und Schwanzflosse. An Stelle einer echten Wirbelsäule haben sie noch die sogen. Rückensaite (Chorda dorsualis), einen Knorpelstab, wie er auch bei den Embryonen der höhern Wirbeltiere vorkommt (s. Rückensaite), der aber hier durch besondere Knorpelbildungen schon gegliedert ist. Die Schädelkapsel ist sehr einfach und knorpelig. Das Gehirn ist sehr klein; Augen sind immer vorhanden, liegen aber zuweilen tief unter der Haut und zeigen nicht den komplizierten Bau wie bei Fischen etc. Die Nase ist nichts als eine unpaare Vertiefung im Kopf, hat indessen zuweilen auch eine hintere Öffnung zur Verbindung mit der Schlundhöhle. Das Gehörorgan ist gleichfalls äußerst einfach gebaut. Der Mund stellt eine runde Öffnung dar, deren fleischige Lippen wie ein Saugnapf wirken und so den Tieren das Festhaften auch an ganz glatten Flächen ermöglichen. Für die fehlenden Kiefer bilden Hornzähne im Grunde der Mundhöhle einen Ersatz. Zu beiden Seiten der Speiseröhre liegen sechs oder sieben Paar beutelförmige Kiemen, in welche das Wasser meist durch äußere Atemlöcher, seltener durch die Nase, eintritt. Das Herz befindet sich in nächster Nähe der Kiemen. Eine Schwimmblase fehlt. Magen, Darm und Leber sind von einfachem Bau; dasselbe gilt von den Nieren und Geschlechtsorganen. Samen und Eier gelangen durch Bersten der Wandungen der Hode, resp. des Eierstockes, in die Leibeshöhle und von da durch eine besondere Öffnung nach außen. Über die systematische Stellung der R. sind unter den Zoologen die Ansichten noch geteilt. Die einen betrachten sie als die Vorläufer der Fische, mithin auch der höhern Wirbeltiere, andre hingegen fassen sie als rückgebildete, sozusagen degradierte Fische auf. Man teilt sie in zwei Familien: 1) Myxinoiden (Inger), von Linné noch zu den Würmern gezählt, leben parasitisch auf der Haut oder im Innern von Fischen; 2) Petromyzontiden (Neunaugen, s. d.), saugen sich an Steine oder Fische fest und nähren sich von letztern oder kleinen Wassertieren. Ihre Embryonen schlüpfen aus dem Ei in einer Gestalt, welche derjenigen der Erwachsenen so wenig ähnlich sieht, daß man lange Zeit die Jungen von Petromyzon Planeri Bloch (des sogen. kleinen Neunauges) als eigne Gattung Ammocoetes hinstellte.