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MKL1888:Schleswig

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Schleswig“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 520521
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Schleswig. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 520–521. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Schleswig (Version vom 17.09.2023)

[520] Schleswig, 1) bis 1864 zu Dänemark gehöriges Herzogtum, umfaßt den nördlich von der Eider liegenden Teil der preußischen Provinz Schleswig-Holstein (s. d.). – S. ist seit den ältesten Zeiten von Germanen bewohnt worden, wie es scheint, zuerst von Cimbern, dann im O. von Angeln, im Innern von Jüten, im W. von Friesen. Als seit dem 4. Jahrh. von Norden her Dänen eindrangen, suchte sich ein Teil der Angeln in Britannien neue Wohnsitze. Die zurückbleibenden Völkerschaften verschmolzen mit den Dänen zu einem neuen germanischen Stamm. Wie unter den Dänen es anfangs mehrere Könige gab, so war auch einer in Hethaby, dem anglischen Sliaswic (Schleswig), der über Südjütland, d. h. S., gebot. Von jeher bildete die Eider die Südgrenze gegen die nordalbingischen Sachsen. Als diese von Karl d. Gr. unterworfen waren, erbaute der Dänenkönig Gottfried 808 im Norden jenes Flusses von Meer zu Meer einen Wall. Sein Sohn Hemming trat 810 das Land nördlich von der Eider bis in die Nähe der Schlei an den Kaiser ab. Unter König Gorm im 10. Jahrh. wurde Jütland nebst S. mit dem dänischen Inselreich vereinigt, und schon vorher war die Herrschaft der Dänen bis zur Eider wieder ausgedehnt worden. Der deutsche König Heinrich I. nötigte Gorm 934 zur Abtretung des Gebiets zwischen Eider, Treene und Schlei, welches dann als deutsche Mark S. organisiert wurde. Dies gab dem Dänenkönig Anlaß zum Bau des Danewerks, einer festen Verschanzung im Süden des Ortes S. Das Christentum breitete sich in S. erst aus, als der deutsche König Otto I., nachdem er den Dänen ganz Jütland entrissen, 948 das Bistum S. anlegte. Die Herrschaft über S. blieb jedoch der Gegenstand fortwährender Fehden zwischen Deutschland und Dänemark, bis endlich 1027 Kaiser Konrad II. S. an den König Knut d. Gr. von Dänemark förmlich abtrat und die Eider als Grenze bestimmte. S. ward nun von dänischen Statthaltern, zuweilen jüngern Prinzen, als besonderes Land regiert. Unter dem König Niels erhielt Knut Lavard, Sohn des vorigen Königs Erich, 1115 S. und regierte es als erster Herzog in engem Anschluß an Deutschland. 1131 wurde Knut von seinem Vetter, dem Dänenkönig Magnus, ermordet, und es folgte nun eine Zeit blutiger Gewaltthaten; um 1150 endlich ward Waldemar I., Knuts Sohn, vom Dänenkönig Svend zum Herzog von S. erhoben, erkannte 1152 die Lehnshoheit des deutschen Kaisers an und gewann 1157 durch den Sieg auf der Gratheheide den dänischen Thron. So ward S. mit Dänemark vereinigt. Das Land wurde zunächst von einem Statthalter regiert, 1182 aber von Knut VI. seinem jüngsten Bruder, Waldemar II., als besonderes Herzogtum verliehen. Dieser nannte sich Herzog von Jütland, obgleich er den Norden der Halbinsel nicht besaß. Nachdem Waldemar 1202 den dänischen Thron bestiegen, erhielt 1218 sein dritter Sohn, Erich, das Herzogtum und nach dessen Erhebung zum Thronerben von Dänemark 1232 Waldemars jüngerer Sohn, Abel. Waldemar II. verlieh dem Gesetzbuch, das er 1241 für sein Königreich einführte, dem Jütschen Lov, auch für S. Geltung. Abel erkannte 1248 für sein Herzogtum die dänische Lehnshoheit an, ließ aber 1250 König Erich ermorden und vereinigte für kurze Zeit S. mit Dänemark. Er fand schon 1252 seinen Tod im Kampf gegen die aufständischen Friesen der Westküste. In Dänemark folgte mit Abels Bruder Christoph die jüngere Linie in der Regierung; Abels Sohn Waldemar III. ward übergangen und erhielt erst 1254 das Herzogtum nebst der Insel Alsen, nachdem er zu Kolding den Lehnseid geleistet hatte. Nach Waldemars Tod (1257) folgte sein Bruder Erich I., der vergebens die Nachfolge in Dänemark beanspruchte, aber durch den Sieg auf der Loheide 1261 mit Hilfe Holsteins wenigstens sein Herzogtum rettete. Nach Erichs Tod (1272) übernahm König Erich Glipping die Vormundschaft über die jungen Herzöge und belehnte erst 1283 Waldemar IV. mit S.; 1287 hatte dieser nach Erich Glippings Ermordung Alsen, Aeroe und Fehmarn [521] erworben, mußte sie aber 1295 an Dänemark wieder ausliefern. Als Herzog Erich II. (seit 1312) 1325 starb, nahm König Christoph II. die Vormundschaft über den minderjährigen Waldemar V. in Anspruch, wurde aber von Erichs Schwager, dem Grafen Gerhard III. von Holstein, selbst aus seinem Königreich vertrieben. Herzog Waldemar V. von S. wurde dann 1326 zum König von Dänemark erhoben und trat das Herzogtum an Gerhard von Holstein als dänisches Lehen ab. Durch die Constitutio Waldemariana ward zugleich ausgesprochen, daß in Zukunft S. mit Dänemark nicht vereinigt werden dürfe. Als 1330 Waldemar den dänischen Thron wieder verlor, gab Gerhard das Herzogtum an Waldemar zurück, ließ sich aber die Constitutio Waldemariana und die Nachfolge seines Hauses im Herzogtum bestätigen. Herzog Waldemar nahm 1360 seinen Sohn Heinrich zum Mitregenten an. Dieser, seit 1364 alleiniger Herzog, trat dem großen Bund gegen Dänemark 1368 bei, doch nur, weil er völlig unter holsteinischem Einfluß stand, wie ja auch sein Land zum Teil von Holstein besetzt war. Als er 1375 ohne Leibeserben starb, erhoben die Grafen Heinrich und Klaus von Holstein Ansprüche auf das Herzogtum, konnten aber während der nach König Waldemars Tod eintretenden Thronstreitigkeiten die Anerkennung Dänemarks nicht erreichen; erst 15. Aug. 1386 wurde Graf Gerhard VI. von Holstein zu Nyborg mit dem Herzogtum belehnt und das Recht der Erbfolge seinem Haus zugesichert. Seitdem gab es ein Schleswig-Holstein. Die fernere Geschichte Schleswigs s. unter Schleswig-Holstein, S. 523.

2) Ehemals ein Bistum im Herzogtum S., wurde 948 von König Otto d. Gr. errichtet und gehörte zunächst zur Erzdiözese Hamburg-Bremen, seit 1104 zum Erzbistum Lund in Schweden. Nach dem Tode des letzten katholischen Bischofs Gottfried (1541) folgten noch fünf evangelische Bischöfe. 1643 wurde das Bistum aufgehoben, sein Gebiet war schon früher von Dänemark eingezogen.

Schleswig, Hauptstadt der preuß. Provinz Schleswig-Holstein, in einem Halbkreis am Westende der Schlei gelegen, Knotenpunkt der Linie Neumünster-Wamdrup der Preußischen Staatsbahn und der Eisenbahn

Wappen von Schleswig.

S.-Angeln, ist über 4 km lang und besteht aus den drei seit 1711 miteinander verbundenen Städten Friedrichsberg (vormals Kratzenberg) westlich, Lollfuß (Fußsteig zur Kapelle des heil. Lollus) und Altstadt nördlich der Schlei. An letztere schließt sich dann noch südöstlich der Stadtteil Holm (d. h. Insel). Unter den kirchlichen Gebäuden (3 evangel. Kirchen, eine katholische und eine Baptistenkapelle) sind besonders der gotische Dom (nach dem Brand von 1440 neu erbaut) mit dem Marmordenkmal des Königs Friedrich I. von Dänemark (von 1555) und einem mit kunstvoller Holzschnitzerei (385 Hauptfiguren) versehenen Altarschrein (ein Werk Hans Brüggemanns von 1521) bemerkenswert. Von andern Gebäuden ist nur das auf einer Insel zwischen der Schlei und dem Burgsee liegende Schloß Gottorf (Residenz der Herzöge bis 1713, gegenwärtig Kaserne) hervorzuheben. Die Bevölkerung belief sich 1885 mit der Garnison (ein Infanteriebat. Nr. 84 und ein Husarenreg. Nr. 16) auf 15,187 Seelen, meist Evangelische, welche Leder-, Zündwaren-, Dachpappen- und Maschinenfabrikation, Eisengießerei, Schiffbau, Fischerei, Bierbrauerei und Schiffahrt betreiben. S. ist Sitz des Oberpräsidiums, des Provinzialschulkollegiums, eines Generalsuperintendenten und einer Regierung für die Provinz Schleswig-Holstein, einer Kirchenpropstei für die Propstei Gottorf, eines Landratamtes für den Kreis S. und hat ein Staatsarchiv, ein Amtsgericht, ein Gymnasium, ein adliges lutherisches Fräuleinstift (St. Johannis) mit reichen Besitzungen, 2 Taubstummenanstalten, eine Provinzialirrenanstalt, eine Idiotenanstalt etc. In der Nähe des ehemaligen Danewerks (s. d.) und an der Südostseite der Schlei der reizende Landsitz Luisenlund, nach N. das Dorf St. Jürgen, auf dem Weg dahin ein Denkmal für den Maler Carstens. – Die Stadt war schon 808 ein wichtiger Handelsort. In dem nahen Haddeby erbaute Ansgar die erste christliche Kirche in Dänemark; 948 ward in S. ein Bistum errichtet, und um 1200 erhielt der Ort Stadtrechte. In den Kriegen zwischen den Deutschen und Dänen 1848–64 war S. durch das Danewerk ein wichtiger Platz, den die Dänen 5. April 1864 nach dem Schleiübergang der Preußen räumten. Vgl. Sach, Geschichte der Stadt S. (Schlesw. 1875). – Der Regierungsbezirk S. umfaßt die ganze Provinz Schleswig-Holstein (s. d.).