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MKL1888:Seebad

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Seebad“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Seebad“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 14 (1889), Seite 802803
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Seebad. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 802–803. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Seebad (Version vom 13.09.2022)

[802] Seebad, in offener See genommenes Bad, besonders auch eine zu diesem Zweck eingerichtete Lokalität an der Meeresküste und auf Inseln. Das Meerwasser gleicht wegen seines Gehalts an gelösten mineralischen Bestandteilen am meisten einer leichten Sole, und es wären daher See- und Solbäder als ziemlich gleichbedeutend anzusehen. Doch kommt bei erstern als höchst wirksames Moment noch die dichtere, reinere [803] Luft bei gleichmäßigerer Temperatur und der gleich einer permanenten Douche wirkende Wellenschlag hinzu. Ein gewisser, wenn auch geringer Gehalt sowohl des Seewassers als auch der Seeluft an Jod pflegt auch, obwohl ohne erwiesene Berechtigung, als heilbringender Faktor aufgeführt zu werden. Das Seewasserbad wirkt, wie das Solbad, reizend auf die Haut, ableitend von innern Organen und die Hautperspiration erhöhend; es vermehrt den Appetit und steigert den Stoffwechsel. Man benutzt das S. besonders gegen Krankheiten, die durch Störungen der normalen Blutbildung und Ernährung sowie durch geschwächte Nerven- und Hautthätigkeit hervorgerufen sind. Dahin gehören namentlich Skrofulose, englische Krankheit, Knochenfraß, Blutarmut und Bleichsucht, wenn sie nicht Folge organischer Fehler sind. Eine zweite Gruppe bilden die Krankheiten, welche in Schwächung der willkürlichen oder unwillkürlichen Muskulatur verschiedener Organe, wie des Magens und Darmkanals etc., beruhen; ferner dienen Seebäder gegen Nervenleiden mannigfacher Art, endlich auch als Nachkur nach ein- und angreifenden Mineralwasserkuren sowie bei allgemeinen Schwächungszuständen der mannigfachsten Art. Die Nordseebäder zeichnen sich aus durch salzreiches Wasser, lebhaften Wellenschlag, kühle, erregende Luft und eine Temperatur von 16–17° R. und eignen sich für kräftigere, jedenfalls nicht lungenkranke Personen. Als Hauptrepräsentanten sind zu nennen: Helgoland, Boulogne sur Mer und Dieppe, Brighton, Wyk auf Föhr, Westerland auf Sylt, Norderney, Ostende, Scheveningen und die Insel Wight. Die Ostseebäder haben entschieden geringern Salzgehalt und ruhigeres Wasser und sind für schwächliche, selbst reizbare Personen geeignet. Zu nennen sind: Kolberg, Dievenow, Zoppot, Doberan, Düsternbrook bei Kiel, Putbus, Binz und Saßnitz auf Rügen, Swinemünde, Heringsdorf, Misdroy, Travemünde bei Lübeck. Die südlichen Seebäder liegen meist am Mittelländischen Meer, haben bedeutenden Salzreichtum, im Sommer hohe Temperatur (bis 27° C.), aber fast keinen Wellenschlag. Sie empfehlen sich ebenfalls für reizbare, schwächliche Personen. Hervorzuheben sind: Venedig, Triest, Ischia bei Neapel, Nizza, Marseille, Cannes, Biarritz in der Bai von Viscaya u. a. Seebäder wurden schon im Altertum benutzt, als Heilmittel aber erst in neuester Zeit, zuerst in England, dann auch, nachdem Lichtenberg und Janus sie empfohlen hatten, in Deutschland. Das älteste deutsche S. ist Doberan (1793). Vgl. Fromm, Bedeutung und Gebrauch der Seebäder (4. Aufl., Norden 1885).