MKL1888:Sieben weisen Meister, die
[948] Sieben weisen Meister, die, deutsches Volksbuch, eine Sammlung von 15 kleinen Erzählungen folgenden Inhalts. Der römische Kaiser Pontianus läßt seinen Sohn aus erster Ehe, Diocletianus, von sieben weisen Meistern in den sieben freien Künsten unterrichten. Nach seiner Rückkehr an den Hof findet die zweite Gemahlin des Kaisers Gefallen an ihm; da er ihre Liebesanträge aber zurückweist, so verleumdet sie ihn beim Vater, der siebenmal durch bezugvolle Erzählungen seines Weibes vermocht wird, den Sohn zum Galgen führen zu lassen, aber auch siebenmal sich durch die Gegenerzählung eines der sieben Meister zum Aufschub der Hinrichtung bewegen läßt, bis endlich der Sohn, der durch ein eigentümliches Verhängnis sieben Tage hat schweigen müssen, den Vater von der Falschheit seiner Gattin überzeugt, die dann verbrannt wird. Der Ursprung des Werkes reicht nach Indien zurück, von wo es in die arabische, persische und hebräische Sprache, dann in die griechische unter dem Namen „Syntipas“ (hrsg. von Boissonade, Par. 1828) übergegangen ist. Durch lateinische Umbildungen kam es in die abendländische nationale Litteratur. Französische Bearbeitungen, deren eine A. Keller nach einer Pariser Handschrift („Li romans des sept sages“, Tübing. 1836), eine andre („Dolopathos“) Österley (Straßb. 1873) herausgegeben hat, beginnen zu Anfang des 13. Jahrh. In Deutschland, wohin einzelne Geschichten schon im 14. Jahrh. Eingang gefunden, wurde das Buch 1412 von Hans v. Bühel in poetischer Form bearbeitet; sein Werk „Diocletianus’ Leben“ hat A. Keller (Quedlinb. 1841) herausgegeben. Eine zweite anonyme poetische Bearbeitung findet sich in Kellers „Altdeutschen Gedichten“ (Tübing. 1846). Das deutsche prosaische Volksbuch ward zuerst im 15. Jahrh. gedruckt, ohne Ort und Jahr, dann zu Augsburg (1473), Ingolstadt, Straßburg und öfter. Simrock hat es in seiner Sammlung deutscher Volksbücher wieder erneuert. Von italienischen Bearbeitungen sind die „Storia d’una crudele matrigna“ (hrsg. von Romagnoli, Bologna 1862) und der „Libro dei sette savi di Roma“ (das. 1865) zu nennen. Eine hebräische Bearbeitung („Mischle Sendebar“) erschien ins Deutsche übersetzt von H. Sengelmann (Halle 1842); eine türkische deutsch von Behrnauer (Leipz. 1851); eine syrische („Sindban“) mit deutscher Übersetzung von Bäthgen (das. 1879).