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MKL1888:Soda

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Soda“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 14 (1889), Seite 10471051
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Wiktionary: Soda
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Soda. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 14, Seite 1047–1051. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Soda (Version vom 06.12.2024)

[1047] Soda (hierzu Tafel „Sodabereitung“), kohlensaures Natron Na2CO3, findet sich ausblühend auf vielen Gesteinen (Gneis, Traß, Thonlager vieler Steppen), im Auswurf der Salsen und Schlammvulkane und gelöst in vielen Quellen in der Nähe plutonischer Gebirge (die Karlsbader Quellen liefern jährlich 6,6 Mill. kg). Derartige Quellen bilden in Niederungen Natronseen, aus denen sich im Sommer viel S. ausscheidet (westliches Unterägypten, Bornu, Fezzan, Kleinasien, Armenien, Persien, Hindostan, Tibet, Tatarei, Mongolei, China, Südamerika, Mexiko, Kalifornien). Die aus ägyptischen Seen gewonnene S. heißt Latroni; als Auswitterungsprodukt des Bodens liefert Ägypten die Trona, Südamerika Urao u. dgl. Ähnlich gewinnt man S. auch in Ostindien, bei Aden, in Ungarn. Während Landpflanzen beim Verbrennen eine kalireiche Asche hinterlassen, aus welcher Pottasche abgeschieden wird, erhält man aus Strandpflanzen, welche zum Teil zu diesem Zwecke kultiviert werden (Salsola, Salicornia, Atriplex, Chenopodium, Statice, Mesembryanthemum), natronreiche Asche, die zur Darstellung von S. in Spanien, auf den Kanaren, in Südfrankreich, Ägypten, Syrien, auf Sizilien, am Kaspisee, in der Araxesebene etc. benutzt wird. Derartige Fabrikate sind: Barilla oder Alicantesoda und sizilische Rocchetta mit 25–30 Proz., Salicor von Narbonne mit 15 Proz., Blanquette von Aigues-Mortes mit 3–8 Proz. kohlensaurem Natron. Auch aus Kelp und Runkelrübenmelasse wird S. gewonnen.

Alle genannten Quellen sind von geringem Belang gegenüber der Darstellung von S. aus Kochsalz (Chlornatrium), welche außerordentlich große Dimensionen angenommen hat. Zur Umwandlung von Kochsalz in S. sind sehr viele Methoden angegeben worden; nach den ersten unbedeutenden Versuchen ist man aber bei dem Leblancschen Prozeß stehen geblieben, welchem erst in neuester Zeit ein andres Verfahren erhebliche Konkurrenz gemacht hat. Nach Leblanc verwandelt man das Chlornatrium zunächst durch Behandlung mit Schwefelsäure in schwefelsaures Natron (Sulfat), wobei Chlorwasserstoff (Salzsäure) entweicht. Früher bereitete dieser den Fabriken große Verlegenheit, weil man keine ausreichenden Verdichtungsvorrichtungen und für die gewonnene Salzsäure nicht genügende Verwendung kannte. Gegenwärtig werden die Salzsäuredämpfe vollständig kondensiert und die Säure selbst zu den mannigfachsten Zwecken, großenteils in den Fabriken selbst (namentlich zur Bereitung von Chlorkalk), benutzt. Die zur Zersetzung des Kochsalzes dienenden Sulfatöfen enthalten stets eine gußeiserne Pfanne oder Schale, in welcher das erste Stadium der Zersetzung bei niedriger Temperatur verläuft, und einen aus Mauerwerk bestehenden Raum, in welchem die Zersetzung bei höherer Temperatur vollendet wird. Fig. 1 u. 2 zeigen einen Sulfatofen, bei welchem das Feuer vom Rost a durch den Kalcinierraum b und dann mit Salzsäuredämpfen beladen in das Abzugsrohr c geht, um in die Kondensationsapparate überzutreten. Die in der Pfanne d entwickelten Salzsäuredämpfe gelangen dagegen unabhängig von den Ofengasen durch e in die Kondensationsapparate. f‌f sind Arbeitsöffnungen und g die Feuerthür mit durch Rollen und Gegengewicht balancierten Verschlußplatten. h ist ein ebenso balancierter Doppelschieber zwischen Pfanne und Ofen, i ist die Beschickungsöffnung der Pfanne, und durch k wird der Pfanneninhalt in den Ofen geschafft. l ist der Rost für die Pfannenfeuerung, und das Trichterrohr m dient zum Einführen der Schwefelsäure. Als Brennmaterial benutzt man bei diesen Flammöfen meist Koks, während die Muffelöfen, bei denen die Feuerungsgase gar nicht mit dem Sulfat in direkte Berührung kommen, häufiger mit Steinkohle geheizt, aber auch mit Gasfeuerung versehen werden. Bei den mechanischen Sulfatöfen wird die ganze Operation in einer flachen, ausschließlich von oben geheizten gußeisernen Schale ausgeführt und durch einen Rührapparat sehr gefördert. Infolge der erzielten innigern Mischung gelangt man mit weniger Schwefelsäure und niedrigerer Temperatur zum Ziel, und die im regelmäßigern Strom entweichende Salzsäure ist, obwohl mit Feuerungsgasen gemischt, leichter kondensierbar. In den Pfannen der Sulfatöfen zersetzt man Chargen von 250–800 kg Kochsalz mit Schwefelsäure von 59–60° B. Die zähteigig gewordene Masse schafft man nach dem Kalcinierraum und erhitzt sie hier bis zu ziemlich heller Glut, und bis sich keine Dämpfe mehr entwickeln. 100 kg Siedesalz mit 6–8 Proz. Feuchtigkeit liefern 110 kg Sulfat. Nach dem Verfahren von Hargreaves beschickt man 8–20 untereinander durch Röhren verbundene Cylinder mit Kochsalz in porösen Stücken und leitet durch Rösten von Schwefelkies erhaltene, mit Luft und überhitztem Wasserdampf gemischte schweflige Säure hinein, während die Cylinder auf 500–550° erhitzt werden, bei welcher Temperatur

[Beilage]

[Ξ]

Sodabereitung.
Fig. 1. Ansicht des Sulfatofens. – Fig. 2. Querschnitt des Sulfatofens. – Fig. 3–5. Sodaofen. Fig. 3. Ansicht. Fig. 4. Längsschnitt. Fig. 5. Querschnitt. – Fig. 6 u. 7. Rotierender Sodaofen. Fig. 6. Ansicht. Fig. 7. Querschnitt.

[1048] der Inhalt sich vollständig in Sulfat verwandelt, während Salzsäuredämpfe entweichen. Die schweflige Säure durchströmt einen Cylinder nach dem andern, welche in derselben Reihenfolge fertig und neu beschickt werden. Bei diesem Verfahren wird also die Schwefelsäurefabrikation vollständig erspart, und die Kondensation der sehr gleichmäßig sich entwickelnden Salzsäure gelingt nicht schwieriger als bei Anwendung von Flammöfen.

Das Sulfat besteht aus 96–97 Proz. schwefelsaurem Natron, 1,5–2 Proz. Schwefelsäure, 0,5–1 Proz. Kochsalz und etwas Eisenoxyd. Um es in S. zu verwandeln, schmelzt man es mit 90–120 Proz. gröblich zerkleinertem Kalkstein (Kreide etc.) und 40–75 Proz. Steinkohlenklein im Flammofen. Dieser hat stets zwei Arbeitssohlen (Herde), von denen die eine, von der Feuerbrücke entferntere etwas höher liegt. Die Herde sind verhältnismäßig klein und nur auf eine Beschickung von ca. 400 kg eingerichtet. In dem Sodaofen (Fig. 3–5) ist a der Feuerraum mit den Rosten, b die hohle Feuerbrücke mit dem Luftkanal c; die Beschickung wird durch den Füllrumpf f auf den Herd e gebracht, von welchem sie später nach d gelangt. Jeder Herd besitzt eine Arbeitsthür mit abbalancierter Verschlußplatte. An den Ofen schließt sich eine Verdampfpfanne g an, welche durch Oberfeuer geheizt wird. Sie besitzt zwei oder mehr Arbeitsthüren zum Ausräumen, und vor denselben steht das Salzfilter h mit Siebboden i. In einer Aussackung des Filters steht die Mutterlaugenpumpe k. Die Beschickung wird 40 bis 50 Minuten auf dem Herd e vorgewärmt, dann in etwa gleicher Zeit auf dem Herde d zu ziemlich heftiger Weißglut gebracht und fleißig durchgearbeitet. Zuerst entwickelt sich aus der Masse Kohlensäure, dann brechen Kohlenoxydflammen hervor, und sobald diese reichlicher auftreten und die Masse steifer geworden ist, wird sie in eiserne Wagen gezogen und nach dem Erstarren aus diesen herausgestürzt. Die erhaltenen Brote (Bälle) bilden die Rohsoda. Durch eine Abänderung in der Beschickung vermeidet man die Bildung von Cyanverbindungen, welche als Ferrocyannatrium in die S. übergehen und dieselbe beim Kalcinieren durch Ausscheidung von Eisenoxyd rot färben. Ebenso läßt sich durch Zusatz von etwas Kalksteinstaub im letzten Augenblick das in der Schmelze vorhandene Schwefelnatrium zerstören, so daß man sehr reine Laugen gewinnt.

Große Vorteile gewähren die rotierenden Sodaöfen, welche die Bewältigung größerer Massen gestatten und eine vollständigere Zersetzung des Sulfats sichern. Einen solchen Ofen zeigen Fig. 6–7, die Vorderansicht desselben nebenstehende Textfigur. a ist der Feuerraum, aus welchem die Flamme in den rotierenden Cylinder b schlägt. Dieser läuft mit Gußstahlbandagen cc auf den Scheiben dd. Auf ein Zahnrad e, welches den Cylinder umgibt, wirkt das Vorgelege der Dampfmaschine f und versetzt dadurch den Cylinder in Rotation. Innen ist der Cylinder mit feuerfesten Steinen ausgekleidet. An die Austrittsöffnung des Cylinders schließt sich die Flugstaubkammer g, von welcher aus die Flamme zwei Abdampfpfannen hh bestreichen kann, und vor dieser stehen die Salzfilter ii mit der Mutterlaugenpumpe k. Über dem Ofen befindet sich eine Eisenbahn, und auf dieser laufen Wagen, aus welchen die Beschickung in den Cylinder gestürzt wird. Eine Eisenbahn unter dem Ofen dient zur Entleerung des Cylinders. Ein rotierender Ofen leistet soviel wie 3–4 Handöfen.

Die erhaltene Rohsoda bildet eine blasige, schlackenartige, steinharte, blaugraue Masse mit eingesprengten Koksstückchen und ist im wesentlichen ein Gemenge aus (36–40 Proz.) kohlensaurem Natron, Schwefelcalcium u. Kalk. Über den Sodabildungsprozeß sind sehr zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen angestellt worden, ohne daß bis jetzt vollkommene Einsicht erlangt worden wäre. Man kann annehmen, daß das schwefelsaure Natron durch die Kohle unter Bildung von Kohlensäure in Schwefelnatrium, der kohlensaure Kalk durch die Kohle unter Bildung von Kohlenoxyd in Kalk verwandelt wird. Kalk und Kohlensäure setzen sich dann mit dem Schwefelnatrium zu kohlensaurem Natron und Schwefelcalcium um. Die Rohsoda enthält aber auch Natriumoxyd, Calciumoxyd, Reste von unzersetztem Sulfat, Chlornatrium und kohlensaurem Kalk, Verunreinigungen der Rohmaterialien, wie Kieselsäure, Thonerde, Magnesia etc., dann auch Cyan- und Schwefelcyanverbindungen,

Vorderansicht des rotierenden Sodaofens.

Ammoniakverbindungen, Schwefeleisen, Schwefelnatrium, unterschwefligsaures Natron etc. Sie nimmt an der Luft Feuchtigkeit auf und zerfällt unter Bildung von Ätzkalk und kohlensaurem Kalk. Das Schwefelcalcium zersetzt sich in kohlensauren Kalk und Schwefelwasserstoff, auch bildet sich Calciumsulfhydrat, welches beim Auslaugen Schwefelnatrium erzeugt. Gleichzeitig wird schwefelsaures Natron gebildet. Man läßt deshalb die Rohsoda nur zwei Tage an der Luft liegen, zerschlägt sie in handliche Stücke und laugt sie kalt in solcher Weise aus, daß man möglichst konzentrierte Laugen erhält. Das Auslaugen geschieht systematisch in einer Reihe von Kasten, und das Wasser tritt stets zunächst zu schon fast vollständig erschöpfter, zuletzt aber zu ganz frischer Masse, um sich möglichst vollständig zu sättigen. Der völlig erschöpfte erste Kasten wird neu beschickt und reiht sich nun dem letzten an, während das Wasser zunächst in den zweiten Kasten tritt, bis auch dieser erschöpft ist, etc. Eine Dampfleitung gestattet, die Lauge auf etwa 40° zu erwärmen. Aus dem letzten Kasten fließt Lauge von 27° B. ab, welche neben kohlensaurem Natron viel Ätznatron, außerdem Schwefelnatrium u. Schwefeleisennatrium, schwefligsaures, unterschwefligsaures u. schwefelsaures Natron, Chlornatrium, Natriumeisencyanür und Schwefelcyannatrium etc. enthält. Man verdampft sie in den erwähnten Pfannen mit Oberfeuerung unter Zufluß von [1049] Lauge, bis der ganze Inhalt der Pfanne in einen dicken Brei von kohlensaurem Natron mit 1 Molekül Kristallwasser verwandelt ist, und bringt diesen auf die Salzfilter, um die Rotlauge, welche alle Verunreinigungen und mehr Ätznatron als S. enthält, von dem Salze zu trennen. Letzteres wird wohl mit etwas Wasser oder reiner Sodalösung gewaschen, die Rotlauge aber in die Pfannen zurückgepumpt oder auf Ätznatron verarbeitet. Bei Pfannen mit Unterfeuerung soggt man das sich ausscheidende kohlensaure Natron aus, solange es noch rein genug erscheint, und verdampft die Mutterlauge zur Trockne, um ein Gemenge von kohlensaurem Natron und Ätznatron (kaustisches Sodasalz) zu erhalten, oder man verarbeitet sie auf Ätznatron oder karbonisiert die Rohlauge, indem man sie mit Sägespänen versetzt, welche später beim Kalcinieren zu Kohlensäure verbrennen und das Ätznatron in kohlensaures Natron, das Schwefelnatrium in schwefelsaures Natron verwandeln. Vollständiger wird das Schwefelnatrium oxydiert (u. infolgedessen das Schwefeleisen ausgeschieden), wenn man die erwärmte Lauge in einem Koksturm einem Luftstrom entgegenführt oder ein Gemisch von Kohlensäure u. Luft mittels des Injektors in die Lauge bläst.

Das Rohsalz, welches sich aus der verdampften Lauge ausgeschieden hat, wird im Flammofen kalciniert und bei Anwendung von Sägespänen am besten in einem Ofen mit kreisförmigem, rotierendem Herd und mechanischem Rührapparat bis zu vollständiger Verbrennung der Sägespäne erhitzt. Bisweilen bläut man auch die S. durch Zusatz von etwas Ultramarin oder regeneriertem Braunstein, welcher blaues mangansaures Natron bildet. Das kalcinierte Sodasalz (Sekundasoda) ist weiß, soll weniger als 2 Proz. Ätznatron und weniger als 1,5 Proz. unlösliche Substanzen enthalten. Sie wird in raffiniertes Sodasalz (Primasoda) verwandelt, indem man sie in heißem Wasser löst, die Lösung absetzen läßt, verdampft, das ausgeschiedene Salz aussoggt, im Flammofen trocknet und glüht. Es ist ganz weiß, in Wasser vollständig löslich, frei von Eisen und Schwefelnatrium, fast frei von Ätznatron, aber von nicht höherer Gradigkeit als die Sekundasoda. Zur Darstellung der kristallisierten S. löst man möglichst reine Sekundasoda in heißem Wasser und bringt die geklärte Lösung in flache eiserne Kristallisiergefäße, welche bis an den Rand gefüllt und mit Bandeisen bedeckt werden. Die Kristallisation beginnt an letzterm, und man erhält im Winter in 6–8, im Sommer in 14 Tagen große Kristalle, welche nach oberflächlichem Abtrocknen in Fässer verpackt werden. Sie enthalten nur 0,5–1 Proz. schwefelsaures Natron und 0,3–0,4 Proz. Chlornatrium. Die Mutterlauge liefert beim Verdampfen und Kalcinieren eine besonders für die Glasfabrikation benutzte S. Die Zusammensetzung von kalcinierter S. des Handels zeigt folgende Tabelle:

  Französische raffinierte und karbonisierte S. Englische S. Raffi­niert Glas­soda
für Seife für Spie­gel­glas
Kohlen­saures Natron 76,67 87,01 92,34 95,39 98,20 77,08 78,55 98,20 80,64
Ätznatron 4,88 4,15
Schwefel­natrium 0,63 0,55 ?
Schwefelsaur. Natron 8,51 3,25 2,15 1,50 0,35 5,11 1,70 0,35 0,65
Chlor­natrium 12,48 6,41 3,28 2,11 0,99 7,13 5,62 0,99 7,66
Kiesel­saures Natron 2,40 0,25
Kohlen­saurer Kalk 0,32 0,33 0,07
Eisenoxyd 0,32 0,27 ?
Unlösliches 0,12 0,22 0,08 0,06 0,66 0,48 0,06 1,29
Wasser 2,22 3,11 1,15 1,00 0,40 1,06 8,65 0,40 8,43

Von sehr zahlreichen andern Methoden zur Darstellung von S. hat nur noch der Ammoniaksodaprozeß größere Bedeutung gewonnen. Derselbe beruht darauf, daß eine gesättigte Lösung von Kochsalz (Chlornatrium) mit doppeltkohlensaurem Ammoniak einen Niederschlag von doppeltkohlensaurem Natron und eine Lösung von Chlorammonium (Salmiak) gibt. Die filtrierte Kochsalzlösung von 24° B. fließt in ein hohes, cylindrisches Gefäß, welches tiefer steht als das Lösungsbassin und mit demselben durch ein vom Boden des einen zum Boden des andern führendes Rohr kommuniziert. Die Niveaus der Flüssigkeiten müssen sich also in beiden Gefäßen nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren richten. In dem zweiten Gefäß liegt ein durchlöcherter Boden, und wenn man unter diesen Ammoniak leitet, so durchströmt dasselbe die Salzlösung in feiner Verteilung und wird leicht absorbiert. Dabei vergrößert sich aber das Volumen der Flüssigkeit, während ihre Dichte auf 13–16° sinkt. Infolgedessen steigt das Niveau nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren, und man kann den Gang des Apparats leicht derartig regeln, daß aus einem Seitenrohr des zweiten Gefäßes eine mit Ammoniak gesättigte Flüssigkeit abfließt. Diese letztere wird gekühlt und gelangt in einen Apparat, in welchem sie durch Kohlensäure zersetzt wird. Letztere erhält man durch Brennen von Kalk oder durch Zersetzung eines kohlensauren Salzes mit einer Säure und leitet sie unter starkem Druck am Boden des Apparats in die Flüssigkeit. In dem Apparat liegt in regelmäßigen Abständen eine Anzahl durchlöcherter Platten von der Gestalt eines Kugelsegments mit der konvexen Seite nach oben und unter jeder dieser Platten eine zweite ebene Platte mit nur einem oder einigen wenigen Löchern. Der Apparat wird mit Flüssigkeit beinahe gefüllt erhalten, doch fließt letztere durch ein Rohr in etwa der halben Höhe desselben zu, so daß sie nur in der obern Hälfte des Apparats erneuert wird. Sie sinkt sehr langsam nieder und sättigt sich sehr bald mit Kohlensäure. Man zieht sie alle 30 Minuten portionenweise ab und bringt sie auf Vakuumfilter, um das abgeschiedene doppeltkohlensaure Natron von der Salmiaklösung zu trennen. Nachdem das Salz mit wenig Wasser gewaschen ist, wird es in Apparaten von eigentümlicher Konstruktion getrocknet und erhitzt, wobei es die Hälfte seiner Kohlensäure verliert. Diese wird durch Waschen von Ammoniak befreit und dann von neuem benutzt. Aus der Salmiaklösung wird das Ammoniak durch Destillation mit Kalk wieder gewonnen. Der gesamte Verlust an Ammoniak bei der Fabrikation beträgt 5 Proz. Man zersetzt die Salmiaklösung auch mit Magnesia, verdampft die erhaltene Chlormagnesiumlösung und erhitzt den Rückstand in Wasserdampf, wobei Salzsäure entweicht und Magnesia zurückbleibt. Auf diese oder eine ähnliche Weise wird das Chlor des Chlornatriums in Form von Salzsäure gewonnen. Die Ammoniaksoda ist sehr rein, frei von Ätznatron, Schwefelnatrium und Eisen und unschwer 98–99gradig zu erhalten.

Die Gradigkeit der S. wird in Deutschland nach Prozenten von kohlensaurem Natron, in England nach Prozenten von „wirklichem“ [1050] oder „nutzbarem“ Natron (Na2O) angegeben. In der Available Soda der Engländer ist alles inbegriffen, was auf Säuren, in der Seifenfabrikation etc. wirkt, also neben kohlen- auch kieselsaures Natron, Ätznatron und Thonerdenatron. Bei gewöhnlicher S. ist die deutsche Bezeichnung die rationellste, doch führt sie auch die andern auf Probesäure wirkenden Natriumverbindungen als kohlensaures Natron auf und, auf Ätznatron angewandt, zählt sie nach Graden einer Substanz, welche hier nur als Verunreinigung erscheint, und kommt auf 120 Proz. In die englische Bezeichnung hat sich, weil man von falschen Atomgewichten ausgeht, ein Irrtum eingeschlichen, so daß sie um 1,316 Proz. ihres eignen Betrags zu viel zeigt. Manche Fabriken verkaufen nach wirklichem Gehalt an Na2O (Gay-Lussacsche Grade), andre aber (Liverpool) geben manchmal 2–3 Proz. mehr an. Die französischen Grade zeigen an, wie viele Gewichtsteile Schwefelsäure H2SO4 durch 100 Teile angewandte S. gesättigt werden.

Die Ausbeute an S. bleibt hinter der Theorie weit zurück. 100 Teile schwefelsaures Natron sollten 74,65 Teile kohlensaures liefern und das 96proz. Sulfat 71,66 Proz. Man erhält aber in den besten englischen Fabriken aus 96proz. Sulfat nur 69–70 Proz. S. von 52°, d. h. nur 35,9–36,4 Proz. (statt 41,9) Na2O. Bei Anwendung des sehr reinen Staßfurter Salzes (mit 99 Proz. Chlornatrium) erhält man aus 100 Teilen Salz 120 Teile Sulfat, aus 100 Teilen Sulfat 150 Teile Rohsoda. 100 Teile S. (90proz.) = 214 Teile Rohsoda = 142,6 Teile Sulfat = 118,8 Teile Salz.

Kohlensaures Natron Na2CO3 bildet eine weiße, undurchsichtige Masse vom spez. Gew. 2,5, schmeckt und reagiert alkalisch, löst sich in Wasser, nicht in Alkohol. 100 Teile Wasser lösen

bei 6,97 Teile
10° 12,06
15° 16,20
20° 21,71
25° 28,50
30° 37,24
38° 51,67
104° 45,47

Den Gehalt der Sodalösungen von verschiedenem spezifischen Gewicht bei 15° zeigt folgende Tabelle:

Prozent Spez. Gew. für wasser­freie S. Spez. Gew. für kristalli­sierte S.
1 1,010 1,004
2 1,021 1,008
3 1,031 1,012
4 1,042 1,016
5 1,052 1,020
6 1,063 1,023
7 1,074 1,027
8 1,084 1,031
9 1,095 1,035
10 1,106 1,039
11 1,116 1,043
12 1,127 1,047
13 1,138 1,050
14 1,149 1,054
15 1,058
16 1,062
17 1,066
18 1,070
19 1,074
20   1,078
21   1,082
22   1,086
23   1,090
24   1,094
25   1,099
26   1,103
27   1,106
28   1,110
29   1,114
30   1,119
31   1,123
32   1,126
33   1,130
34   1,135
35   1,139
36   1,143
37   1,147
38   1,150

Die kristallisierte S. enthält 10 Moleküle (62,9 Proz.) Kristallwasser, ist wasserhell, durchsichtig, vom spez. Gew. 1,4, schmilzt bei 34°, verwittert schnell an nicht zu feuchter Luft und verwandelt sich in ein zartes, weißes Pulver mit 5 Mol. Kristallwasser, welches bei 38° noch 4 Mol. verliert, bei stärkerm Erhitzen wasserfrei wird, bei Rotglut (leichter als kohlensaures Kali) schmilzt und auch bei höherer Temperatur sich nicht zersetzt. Wasserdampf treibt aus der in Platin schmelzenden S. Kohlensäure aus, und Kohle zerlegt das Salz bei Weißglut in Natrium und Kohlensäure. Schwefel gibt beim Schmelzen mit S. Schwefelnatrium und unterschwefligsaures Natron.

Man benutzt S. hauptsächlich zur Darstellung von Glas und Seife. Sehr viel Kristallsoda dient als Reinigungsmittel in der Hauswirtschaft, ebenso kalcinierte S. in Fabriken, namentlich zur Beseitigung von Ölfarbe, ferner zum Bleichen von Baumwolle und Leinen, in der Fabrikwäsche der Wolle, in der Färberei, Zeugdruckerei, Papierfabrikation, zur Darstellung der meisten Natronsalze, überhaupt in unzähligen Fällen bei der Darstellung chemischer Präparate, namentlich auch der Farbstoffe, wie des Ultramarins etc. Sie dient ferner als Mittel gegen den Kesselstein, in der Metallurgie besonders des Stahls etc. Überhaupt benutzt man S. überall, wo früher Pottasche angewandt wurde, bis auf wenige Fälle, in denen die Eigenschaften des Kalis maßgebend sind, wie bei der Darstellung von Alaun, Kalisalpeter, Blutlaugensalz, Kristallglas, Schmierseife etc.

S. war als Nitrum den Alten bekannt. Erst seit dem 15. Jahrh. bezeichnete man das natürlich vorkommende oder aus Pflanzenasche dargestellte kohlensaure Alkali als kohlensaures Natron, verstand darunter aber auch kohlensaures Kali, und bei Geber findet sich der Ausdruck S. für fixes Alkali. Erst Stahl (1702) und bestimmter Duhamel (1736) unterschieden das Kali vom Natron, und letzterer zeigte die Identität der Base des Kochsalzes mit derjenigen des „mineralischen Alkalis“, wie man das kohlensaure Natron im Gegensatz zum kohlensauren Kali nannte. Seitdem bemühte man sich, aus dem Kochsalz S. darzustellen; doch blieb zunächst das kohlensaure Kali ungleich wichtiger, obwohl bereits die Araber die natürliche S. nach Europa gebracht hatten und die Barilla in viel größerer Menge in den Handel kam. Die Entwickelung der Baumwollindustrie verteuerte die Pottasche um so mehr, als die Produktion derselben eher ab- als zunahm und man auf Zufuhren aus dem waldreichen Rußland, Illyrien und Kanada angewiesen war. Zur Hebung dieses Übelstandes setzte die französische Akademie der Wissenschaften einen Preis aus für das beste Verfahren der Sodafabrikation. Nach Malherbes Vorschlägen von 1778 hatte Alban bei Paris S. durch Erhitzen von Glaubersalz mit Eisen und Holzkohle dargestellt, doch ging seine Fabrik noch vor der Revolution wieder ein. 1787 entdeckte Leblanc seinen Prozeß, und in Verbindung mit andern und mit dem Gelde des Herzogs von Orléans gründete er eine Fabrik bei St.-Denis, die indes auch den Stürmen der Revolution erlag. 1806 wurden in Frankreich bereits Spiegel mit Leblancsoda dargestellt, und 1814 führte Losh das Verfahren in England ein. Die großartige Entwickelung der Sodaindustrie datiert aber erst von 1823, in welchem Jahr in England das Salzmonopol aufgehoben und von Muspratt eine Sodafabrik in Liverpool gegründet wurde. Die Sodaindustrie entwickelte sich am mächtigsten in England und konzentrierte sich hauptsächlich auf das südliche Lancashire und die Ufer des Tyne. In Deutschland wurde das Leblancsche System zuerst 1828 in Schönebeck eingeführt, etwas später in Ringkuhl bei Kassel, und in Österreich begann die Sodafabrikation erst 1851. Anfangs verursachte das Salzsäuregas große Übelstände, und 1863 erschien in England die Alcali Act, nach welcher nicht mehr als 5 Proz. der entwickelten Säure [1051] unverdichtet entweichen dürfen. Wesentliche Verbesserungen des Leblancschen Prozesses waren die Einführung der Kokstürme durch Gossage, der eisernen Zersetzungsschalen für die Sulfatöfen durch Gamble und Lee, die rationelle Auslaugung, die Darstellung der kaustischen S. wesentlich durch Gossage, die der rotierenden Öfen durch Stevenson und Williamson und die der Schwefelregeneration durch Schaffner und Mond, welche seit 1863 in regelmäßigem Betrieb vorgenommen wird. 1838 wurde der Ammoniaksodaprozeß von Dyer und Hemming entdeckt, doch erhielt derselbe erst seit 1861 durch Solvay praktischen Wert und machte sich seit 1876 in hervorragender Weise geltend. Vgl. Wagner, Regesten der Sodafabrikation (Leipz. 1866); Lunge, Handbuch der Sodaindustrie (Braunschw. 1880, 2 Bde.); Derselbe, Taschenbuch für die Soda-, Pottasche- und Ammoniakfabrikation (das. 1883).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 765
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[765] Soda (Untersuchung). Die kalcinierte S. des Leblanc-Prozesses enthält stets Ätznatron, schwefelsaures Natron, Chlornatrium, Spuren von Kieselsäure, Thonerde, Eisen, meist auch von Schwefelnatrium u. schwefligsaurem Natron, dann in Wasser unlösliche Substanzen, wie kohlensauren Kalk, Sand etc. Ammoniaksoda ist stets frei von Ätznatron, sie enthält eher kleine Mengen von Bicarbonat, Spuren von unlöslichen Substanzen und Eisen, als wesentlichste Verunreinigung Kochsalz. Zur Bestimmung des unlöslichen Rückstandes löst man S. in Wasser, filtriert, wäscht den Rückstand aus, trocknet und glüht. Selbst ordinäre S. sollte nicht über 1,5 Proz. davon enthalten, hochgradige S. viel weniger. An Ätznatron enthält gute kalcinierte S. höchstens 1 Proz. Man löst die S. in Wasser, setzt Chlorbaryum im Überschuß zu und titriert ohne zu filtrieren mit Oxalsäure, welche den kohlensauren Baryt nicht sogleich angreift; als Indikator benutzt man Phenolphthalein. Man kann auch nach Zusatz von Chlorbaryum mit heißem Wasser auf 200 ccm auffüllen, im verschlossenen Kolben absetzen, aber nicht erkalten lassen und 100 ccm der klaren Lösung zum Titrieren herausnehmen. Schwefelnatrium findet sich in guter S. meist unter 0,01 Proz. Man bestimmt es durch Titrieren von etwa 5 g S. mit Silberlösung. Zur Bestimmung von schwefligsaurem Natron säuert man mit Essigsäure an, setzt Stärkelösung zu und titriert schnell mit Jodlösung bis zur Bläuung. Gut kalcinierte S. enthält nicht über 0,1 Proz. oxydierbare Schwefelverbindungen. Schwefelsaures Natron wird in der mit Salzsäure übersättigten Sodalösung durch Chlorbaryum bestimmt, ebenso Chlornatrium in der mit Salpetersäure übersättigten Lösung mit Silbernitrat. Zur Bestimmung des Eisens löst man 5 g S. in eisenfreier Schwefelsäure, reduziert das Eisenoxyd durch Erwärmen mit reinem Zink und titriert die Lösung mit übermangansaurem Kali. Spuren von Eisen erkennt man mit Rhodankalium in der Lösung von S. in Schwefelsäure nach Zusatz eines Tropfens Salpetersäure. Die besten Qualitäten S. enthalten so gut wie gar kein Eisen. Kristallsoda gibt durch ihr Äußeres hinreichende Garantie ihrer Reinheit; man prüft sie wie die kalcinierte, ebenso Ätznatron, bei welchem kohlensaures Natron als Verunreinigung gilt. Man stipuliert oft ein Maximum desselben (1,5–2 Proz.). Man bestimmt die Kohlensäure durch Austreiben derselben und Auffangen in gewogenen Natronkalkröhren. Zur Bestimmung des Gehalts der S. an kohlensaurem Natron (mit Ätznatron, Schwefelnatrium, kieselsaurem Natron und Natriumaluminat) titriert man mit Schwefelsäure oder Salzsäure und benutzt als Indikator Methylorange (auf welches weder Kohlensäure noch Schwefelwasserstoff störend wirken).

Hygienisches. Bei der Darstellung des Sulfats aus Kochsalz und Schwefelsäure werden die Arbeiter und die Umgebung durch saure Dämpfe belästigt. Die betreffenden Gebäude müssen deshalb hoch und luftig sein, und über den Arbeitsthüren müssen Gasfänge angebracht werden, welche die Gase in einen saugenden Schornstein führen. Zum Abkühlen des fertigen Sulfats ist ein mit dem Feuerkanal in Verbindung stehender Behälter erforderlich, und ebenso sollte zum Lagern desselben ein verschließbarer, durch einen hohen Schornstein ventilierbarer Raum benutzt werden. Die größten Schwierigkeiten bereitet die Kondensation der Salzsäure, deren Dämpfe die Umgebung in höchstem Grad belästigen und die Vegetation zerstören. Die englische Alkali act mit Zusatz von 1874 fordert, daß 1 cbm der durch den Schornstein entweichenden Gase nicht mehr als 0,454 g Chlorwasserstoff enthalte; thatsächlich aber enthalten die Gase nur etwa die Hälfte dieser Säuremenge. In Deutschland existiert eine derartige Bestimmung nicht, die Fabriken sind hier kleiner und liegen im allgemeinen sehr zerstreut. Bei der Darstellung der Rohsoda kommt hygienisch das Pulverisieren des Kalks, der Kohle und der kalcinierten S. in Betracht, und es ist notwendig, die üblichen Schutzmaßregeln anzuwenden. Die Arbeit am Ofen geschieht meist in luftigen, zugigen Räumen und führt oft Rheumatismus und Erkältungen herbei. Die Sodarückstände wurden früher für die Umgebung sehr lästig, werden jetzt aber meist verarbeitet, um den in ihnen enthaltenen Schwefel zu gewinnen. Hierbei ist das Auftreten von Schwefelwasserstoff nicht immer zu vermeiden, und die Arbeiter leiden infolgedessen häufig an Augenentzündungen. Sie müssen in diesem Fall der fernern Einwirkung des Gases entzogen werden. Das Ammoniaksodaverfahren ist in hygienischer Hinsicht viel günstiger zu beurteilen als der Leblanc-Prozeß. Es kommen fast nur die Abwässer in Betracht, welche Chlorcalcium enthalten. Bei der Ableitung derselben in die Flüsse ist die Grenze zu beachten, welche nicht überschritten werden darf, ohne die Fische, technische oder ökonomische Zwecke, zu denen das Flußwasser benutzt werden soll, zu beeinträchtigen.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 866
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[866] Soda. Wenn man Metallchloride der Elektrolyse in der Weise unterwirft, daß sich leichtlösliche Verbindungen bilden, so werden die gebildeten Produkte, sobald sie sich bis zu einem gewissen Grade angehäuft haben, immer wieder zersetzt. Dies ist z. B. der Fall bei der Zerlegung des Chlornatriums unter Bildung von unterchlorigsaurem Natron oder bei Anwendung eines Diaphragmas unter Zersetzung in Chlor und Ätznatron. Dagegen ist es wohl möglich, die Zersetzung von Chloriden unter vollständiger Ausnutzung des Stroms durchzuführen, wenn dabei schwerlösliche Körper entstehen. So lassen sich Chlorkalium und Chlornatrium in die entsprechenden Chlorate überführen und unter Anwendung eines Diaphragmas Chlorcalcium und Chlormagnesium in Chlor und feste Hydroxyde spalten. Da S. und Natriumbicarbonat in einer gesättigten Lösung von Natriumchlorid schwer löslich sind, so wurde versucht, eine Lösung des letztern unter Einleiten von Kohlensäure direkt in S. und Chlor umzusetzen. Thatsächlich läßt sich der Prozeß so führen, daß sich einerseits Chlor, anderseits kristallisierte S. bildet. Als Kathode dient ein durchlochtes Eisenblech, als Anode eine durchlochte dünne Kohlenscheibe. Beide Elektroden sind kreisförmig, der Rand ist etwa 3 cm breit undurchlocht, um an der so gebildeten Ringfläche die Abdichtung zu ermöglichen. Als Diaphragma dient eine zwischen beide Platten geklemmte Scheibe aus Asbestpappe. Mittels zweier weiterer Porzellanringe und Glasscheiben sind auf beiden Seiten der Elektroden Kammern gebildet. Die Abdichtung erfolgt durch ganz dünne Gummiringe, und das Ganze wird durch Schraubenzwingen zusammengehalten. In der Glasscheibe, welche die Anodenkammer begrenzt, ist unten ein Loch gebohrt, in welches mittels eines Gummiringes eine gebogene weite Glasröhre gesteckt ist. Ein Glasrohr, welches in ein Loch des Porzellanringes der Anodenkammer paßt, führt das gebildete Chlor ab. Der Porzellanring der Kathodenkammer hat oben eine weite Öffnung, welche einerseits die Einführung eines Rohrs zum Einleiten der Kohlensäure, anderseits das Herausnehmen der ausgeschiedenen kristallisierten S. gestattet. Führt man nun durch das Rohr der Anodenkammer so oft wie nötig frisches Kochsalz in Stücken zu und ersetzt man das mit der S. abgeschiedene Wasser, so arbeitet der Apparat kontinuierlich, es scheidet sich ganz reine S. und fast chemisch reines Chlor ab. Der Apparat braucht eine Spannung von 3,2 Volt zur Zersetzung des Kochsalzes und von 2,5 Volt zur Überwindung des Polarisationsstromes, welchen die in der mit Chlor gesättigten Kochsalzlösung stehende Kohlenplatte mit der in mit S. gesättigter Kochsalzlösung stehenden Eisenplatte hervorruft. Die Gesamtspannung war demnach 5,7 Volt. Bei einer Stromstärke von 1,73 Ampère, die mit gewöhnlichen Bunsenelementen erzeugt waren, wurden 0,93 g Chlor pro Stunde abgeschieden. Eine Pferdekraft zu 680 Volt-Ampère gerechnet, würde der Apparat, mit Dynamomaschinen betrieben, 64,5 g Chlor und 259,8 g kristallisierte S. pro Pferdekraft und Stunde abgeschieden haben.