MKL1888:Theodor

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Theodor“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Theodor“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 635
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Theodor. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 635. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Theodor (Version vom 18.03.2022)

[635] Theodor (griech., „Gottesgabe“ oder „Gottgeweihter“), 1) König von Corsica, s. Neuhof.

2) (Theodoros) König von Abessinien, eigentlich Kasa, geboren um 1820 im Land Quara als Sohn des dortigen Statthalters Hailu Marjam und einer Mutter niederer Abkunft, führte den Titel Ledsch (Prinz), ward in einem Kloster erzogen, widmete sich aber dem Kriegerstand, suchte sich an der Spitze einer Räuberbande im Kampf gegen Moslims und Heiden Ruhm und Macht zu erwerben, erhielt 1847 vom König von Gondar, Ras Ali, die Herrschaft über ein großes Gebiet, stürzte darauf Ras Ali durch den Sieg bei Aischal (1853) und ließ sich, nachdem er auch den König Ubieh von Tigré seiner Herrschaft beraubt hatte, 11. Febr. 1855 von dem Abuna Selama in der Kirche von Deresgeh Marjam unter dem Namen T. zum König der Könige (Negus Negesti) von Äthiopien salben und krönen. Er eroberte darauf auch noch das Land der Wollo Galla und Schoa, mußte aber unaufhörlich gegen Aufstände in diesen Ländern kämpfen, welche seine Kraft aufrieben und die Durchführung seiner Reformabsichten vereitelten. Dazu kamen Streitigkeiten mit der mächtigen Geistlichkeit und mit England, das T. durch Nichtachtung beleidigte. Obwohl T. eigentlich danach strebte, die europäische Zivilisation in seinem Land einzuführen, wurde sein Zorn durch Anmaßung und Taktlosigkeiten der europäischen Konsuln und Missionäre so gereizt, daß er 1864 alle Europäer ins Gefängnis warf. Im unaufhörlichen Kampf mit Rebellen und der Ungunst des Auslandes waren seine Willkür und Grausamkeiten gewachsen. Als er 1866 den englischen Gesandten Rossam, der eine Verständigung versuchte, gefangen nahm und seine Auslieferung verweigerte, landeten die Engländer Ende 1867 bei Massaua und drangen, von den Rebellen unterstützt, bis zur Bergfeste Magdala vor, wo T. sie erwartete. Nach einer Niederlage seines Heers bot er Frieden an, als aber die Engländer forderten, er solle sich als Gefangener stellen, erschoß er sich selbst (14. April 1868). Sein Sohn Alemajehu wurde nach England gebracht, starb hier aber bald. Vgl. Acton, The Abyssinian expedition and the life and reign of king T. (Lond. 1868).