MKL1888:Tiefenmessung von Gewässern
[695] Tiefenmessung von Gewässern (Bathometrie) wird bei geringer Tiefe mit dem Peilstab, bei größerer mit dem Tiefenlot ausgeführt. Während die Alten sich hinsichtlich des Meers mit Schätzungen von dessen Tiefe begnügten und annahmen, daß die größten Meerestiefen den höchsten Erhebungen der Gebirge entsprechen, fing man im Mittelalter an, geringere Tiefen mit der Sonde oder dem Senkblei zu messen. Die Lotleinen der Entdecker sollen nur 400 m Länge besessen haben, 1818 aber erreichte John Roß in der Baffinsbai mit einer Tiefseezange von 6 Ztr. Gewicht den Meeresboden bei 1970 m. In eine neue Phase trat die T. mit den unterseeischen Telegraphenkabeln, für welche es von großem praktischen Interesse war, die Tiefen der betreffenden Meeresteile kennen zu lernen. Die großartigsten Unternehmungen dieser Art wurden von der nordamerikanischen, besonders aber von der englischen Marine (Lightning-, Porcupine-, Challenger-Expedition) ins Werk gesetzt, denen sich die deutsche Gazelle und die nordamerikanische Tuscarora anschlossen. Die Messung größerer Tiefen erfordert besondere Apparate. Für 200–300 m genügt ein gewöhnliches Handlot, bis etwa 2000 m ein Lot von 70–80 kg, welches mittels eines 25 mm dicken Taues herabgelassen u. wieder aufgewunden wird. Für größere Tiefen versagen diese Apparate, es ist nicht mehr möglich, den Moment zu bestimmen, in welchem das Lot den Meeresboden
Fig. 1. Brookes Bathometer. | |
erreicht, und indem das Tau noch beständig abrollt, gelangt man zu ganz abenteuerlichen Resultaten. Größere Sicherheit gewährte zuerst Brookes Bathometer (Fig. 1), dessen sich Maury bediente. Dasselbe besteht aus einer durchbohrten Kanonenkugel A, durch welche ein Stab B mit zwei beweglichen Armen C an seinem obern Ende gesteckt ist. Die Arme sind, wenn das Instrument hängt, nach oben gerichtet und so mit der Leine a verbunden. An zwei Haken dieser Arme hängt ein Band b, welches um die Kugel herumgeht und sie trägt. Stößt der Stab nun auf den Meeresboden, so klappen die beweglichen Arme zurück, und infolgedessen gleitet das Band von den Haken, und die Kugel löst sich los. Der Stab enthält eine kleine mit Talg ausgeschmierte Höhlung und bringt daher beim Heraufziehen Grundproben mit. Zur Erlangung größerer Grundproben besitzt der Bulldogapparat ein aus zwei klaffenden und beim Aufziehen zusammenklappenden Halbkugeln gebildetes Maul; bei Fitzgeralds Apparat schaufelt ein durch eine Klappe sich verschließendes Kästchen die Bodenprobe auf, und bei dem Hydrobathometer besitzt der Stab, auf welchen das durchbohrte und später sich ablösende Gewicht geschoben wird, vier durch Ventile sich öffnende und schließende Kammern. Es sind auch Bathometer konstruiert worden, welche die erreichte Tiefe selbstthätig registrieren, das von Massey angegebene enthält z. B. ein Schaufelrad, welches beim Sinken des Instruments in Rotation gerät und dabei auf ein gewöhnliches Zählwerk wirkt. Eine sehr wesentliche Verbesserung der Bathometer rührt von Thomson her, nämlich die Anwendung eines dünnen Stahldrahts an Stelle der bisher gebräuchlichen dickern Leine, welcher im Wasser eine geringere Reibung erleidet und deshalb schneller und sicherer fungiert. In neuerer Zeit hat man sich aber bemüht, die Lotleine ganz zu vermeiden, was auch in vielen Fällen vortrefflich gelungen ist. Rousset hat ein Bathometer konstruiert (Fig. 2, S. 696), welches aus einer weiten, starkwandigen Röhre besteht, in der sich ein Uhrwerk befindet zur Registrierung der Anzahl Umdrehungen [696] einer unter dem Apparat befindlichen mehrflügeligen Schraube. Ein großer Schwimmer am obern Ende des Rohrs treibt den Apparat im Wasser aufwärts, nachdem durch Aufstoßen auf dem Grund ein Ballastgewicht abgefallen und damit zugleich die vorher arretierte Schraube ausgelöst ist. Durch die angegebene Anzahl der Umdrehungen dieser Schraube
Fig. 2. Roussets Bathometer. | |
beim Aufwärtssteigen wird dann der zurückgelegte Weg bestimmt. Auf ganz andern Prinzipien beruhen das Siemenssche Bathometer u. die Lote von Hopfgartner-Arzberger und von William Thomson. Siemens ging von dem Satz aus, daß die gesamte Gravitation der Erde, wie sie auf ihrer normalen Oberfläche gemessen wird, aus den einzelnen Anziehungen aller ihrer Teile sich zusammensetzt, und daß die Anziehung eines jeden gleichen Volumens sich direkt mit der Dichtigkeit und umgekehrt wie das Quadrat seiner Entfernung vom gemessenen Punkt ändert. Da nun die Dichtigkeit des Seewassers von der des Gesteins bedeutend abweicht, so folgt, daß eine bestimmte Tiefe des Meerwassers einen merklichen Einfluß auf die Gesamtgravitation haben wird, die an der Oberfläche des Meers gemessen wird. Das hierauf gegründete Bathometer besteht im wesentlichen aus einer senkrechten Quecksilbersäule in einer Stahlröhre, die an beiden Enden tellerartig erweitert ist. Die untere Erweiterung schließt mit einem wellig gebogenen dünnen Stahlblech, und das Gewicht des Quecksilbers wird balanciert durch die Elastizität von zwei Spiralfedern, welche auf den Mittelpunkt des Bleches aufsetzen und so lang sind wie die Quecksilbersäule. Das Instrument ist so aufgehängt, daß es stets in vertikaler Lage verharrt. Die Ablesung erfolgt durch einen elektrischen Kontakt, der zwischen dem Ende einer Mikrometerschraube und dem Mittelpunkt der elastischen Scheibe angebracht ist. Mit der Anziehungskraft ändert sich das Gewicht des Quecksilbers, und die Schwankungen des Instruments sind so bemessen, daß die durch einen Faden Tiefe hervorgebrachte Verminderung
Fig. 3. Hopfgartners Bathometer. | |
der Schwere je einem Grade der Skala entspricht. Vgl. Siemens, Der Bathometer (Berl. 1877). Das Bathometer von Hopfgartner (Fig. 3) lehrt die Meerestiefe finden durch den Druck, den die ganze über ihm ruhende Wassersäule auf Metalldosen ausübt, welcher durch Verschiebung eines Index registriert wird. In dem untern Bügel eines starken Messingrahmens R befindet sich ein Schraubengewinde, in welches ein Zapfen Z paßt, der in beliebiger Stellung durch eine Kontermutter M festgeklemmt werden kann. Auf diesem Zapfen befinden sich übereinander drei luftdicht verlötete Metalldosen D, welche unter sich durch massive Verbindungsstücke V vereinigt sind. Die oberste dieser Dosen trägt einen doppelten Arm A, welcher sich oben ringförmig um einen graduierten Cylinder C schließt, der an dem obern Bügel des Rahmens R festsitzt und zwar so, daß die Umgreifung des Arms um den Cylinder C auf allen Seiten etwas Spielraum hat. An demselben Cylinder ist innerhalb des fensterförmigen Armes A ein Nonius mit großer Reibung verschiebbar, der vor Benutzung des Apparats auf Null einzustellen ist. Darauf muß man den obern Teil des Armes A mit der obern Kante des Nonius genau in Kontakt bringen. Wird nun der Apparat in das Wasser versenkt, so übt dasselbe einen mit zunehmender Tiefe wachsenden Druck auf die Dosen aus, diese werden zusammengepreßt und um so mehr, je tiefer der Apparat eintaucht; dadurch aber bewegen sie den Arm A und mit ihm den Nonius nach unten, der an seiner tiefsten Stelle stehen bleibt, wenn der Druck wieder nachläßt. Man kann also aus dem zurückgelegten Weg des Nonius den belastenden Wasserdruck und aus diesem die Höhe der Wassersäule ermitteln. Selbstredend ist dieser Mechanismus durch Umgebung mit einem starken Metallcylinder vor dem leichten Zerbrechen geschützt. Bei Thomsons Apparat hat die Lotleine (Stahldraht) nur den Zweck, das Bathometer ins Meer herabzulassen und wieder heraufzuholen; gemessen wird mit der Leine nicht. Der Lotkörper, nahezu 1 m lang und 11 kg schwer, ist ein unten offenes Metallrohr, in welches ein Glasrohr eingeschoben ist, dessen innere Wandung mit chromsaurem Silber belegt ist. Mit zunehmender Tiefe wird das Seewasser mehr und mehr im Innern des Rohrs aufsteigen und dadurch die rote Farbe in eine gelblichweiße verwandeln. Aus der Höhe dieses andersfarbigen Streifens kann man empirisch die gelotete Tiefe bestimmen. Ist indes das Seewasser wenig salzig, wie z. B. das der Ostsee, so wird die Bestimmung der Höhe dieses Streifens unsicher, und man läßt dann durch den erhöhten Wasserdruck eine Lösung von Eisenvitriol in die mit rotem Blutlaugensalz an den Innenwänden bestrichene Glasröhre eintreten, welche durch Bildung von Berliner Blau anzeigt, wie weit die Lösung in der Röhre gestiegen ist. Bei Tiefen von mehr als 500 m werden die Angaben dieses Apparats sehr unsicher.