MKL1888:Tintoretto

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tintoretto“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 718
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Tintoretto. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 718. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Tintoretto (Version vom 15.09.2022)

[718] Tintoretto, eigentlich Jacopo Robusti, genannt il T. („das Färberlein“, nach dem Handwerk seines Vaters), ital. Maler, geb. 1519 zu Venedig, war anfangs Schüler Tizians, schlug jedoch bald eine eigne Richtung ein, welche durch seinen Wahlspruch: „Von Michelangelo die Zeichnung, von Tizian die Farbe“ deutlich bezeichnet ist, wie in der That auch eine Anzahl seiner Werke das Streben zeigt, die Größe des florentinischen Stils mit den Vorzügen seiner heimatlichen Schule zu verbinden. T. ist der Chorführer der zweiten Generation der venezianischen Malerschule, welche sich in äußerlicher Bravourmalerei, in prunkhafter und massenhafter Komposition und schwierigen Perspektiven gefiel. T. überlud seine Kompositionen oft mit nicht zur Sache gehörigen, theatralisch gespreizten Figuren und wandte gern glänzende Beleuchtungsgegensätze an. Sein Kolorit ist wirkungsvoll, warm und tief, wenn er sich die Zeit zu sorgsamer Arbeit ließ, aber roh und grob, wo er durch schnelle Improvisationen und zum Staunen reizende Bewältigung großer Flächen wirken wollte. Viele seiner Gemälde, insbesondere die Bildnisse, in welchen er Tizian am nächsten kam, haben übrigens durch Nachdunkeln viel von ihrer ursprünglichen Farbenpracht eingebüßt. Er starb 31. Mai 1594 in Venedig. Von den Werken seiner frühern Zeit, in welchen er Tizian nahestand, sind der Sündenfall und der Tod Abels (in der Akademie zu Venedig), Venus, Mars und Amor (im Palast Pitti zu Florenz), die Anbetung des Kalbes und das Jüngste Gericht (in Santa Maria dell’ Orto in Venedig), das Wunder des heil. Markus (in der Akademie daselbst, eins seiner vollendetsten Werke), die Hochzeit zu Kana (in Santa Maria della Salute) und die große Kreuzigung (in der Scuola di San Rocco daselbst) hervorzuheben, welches Gebäude überhaupt 56 Gemälde von Tintorettos Hand aufzuweisen hat. Seine sinkende Meisterschaft bezeugen die Bilder im Dogenpalast, insbesondere das kolossale Paradies. Zahlreiche Gemälde von ihm befinden sich in den Galerien zu Paris, London, Dresden, Berlin, Wien, Madrid, Florenz und Venedig. – Sein Sohn Domenico, ebenfalls il Tintoretto genannt (1562–1637), leistete im Porträtfach Tüchtiges, malte aber auch Mythologisches und Historisches, unter anderm das Seegefecht zwischen den Venezianern und Kaiser Otto (im großen Ratssaal zu Venedig). Vgl. Janitschek in Dohmes „Kunst und Künstler“ (Leipz. 1876).