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MKL1888:Tisza

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Tisza“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Tisza“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 15 (1889), Seite 728
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Tisza. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 728. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Tisza (Version vom 12.10.2021)

[728] Tisza (spr. tissa), 1) Koloman T. von Borosjenö, ungar. Staatsmann, geb. 16. Dez. 1830 zu Geszt im Biharer Komitat aus einer reichbegüterten adligen calvinistischen Familie, studierte die Rechte und ward 1855 zum Hilfskurator des Szalontaer helvetischen Kirchendistrikts gewählt. Er trat bei der durch das Protestantenpatent vom 1. Sept. 1859 hervorgerufenen Bewegung zuerst als öffentlicher Redner auf, ward 1861 für Debreczin Mitglied des Reichstags, schloß sich hier der Beschlußpartei an und übernahm 1865 mit Ghyczy die Führung des linken Zentrums, bildete jedoch 1875, als die Deákpartei infolge persönlicher Zerwürfnisse und der finanziellen Verwirrung zerfiel, eine neue „liberale Partei“ aus dem größten Teil der Deákpartei und dem linken Zentrum, welche, da sie die Majorität besaß, die Regierung übernahm. T. trat in das neue Ministerium Wenkheim als Minister des Innern ein, übernahm aber 21. Okt. 1875 nach dem glänzenden Sieg der neuen Partei bei den Reichstagswahlen den Vorsitz im Kabinett, welches er mit staatsmännischem Geschick leitete. Er verstand es mit großer Geschicklichkeit, die Ungarn für den neuen Ausgleich mit Österreich günstig zu stimmen, die Besorgnisse und Klagen über die Orientpolitik Andrássys zu beschwichtigen, die Abneigung gegen die Okkupation Bosniens zu vermindern und die Mehrheit des Reichstags immer wieder um sich zu scharen. Hierdurch erlangte er auf die Politik der Gesamtmonarchie großen Einfluß und freie Hand für die rücksichtslosen Maßregeln zur Magyarisierung Ungarns, welche zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten, so gegen die siebenbürgischen Sachsen, führten. Bei allen Neuwahlen behauptete er die Mehrheit, und selbst die Finanzschwierigkeiten erschütterten seine Stellung nicht. Im Februar 1887 vertauschte er selbst das Innere mit dem Finanzportefeuille. Vgl. Visi, Koloman T. (Budapest 1886).

2) Ludwig, Graf T. de Szeged, Bruder des vorigen, geb. 12. Sept. 1832 zu Geszt, ward 1861 Mitglied des Reichstags, 1867 Obergespan des Biharer Komitats, 1871–73 Kommunikationsminister, nach der Katastrophe von Szegedin (1879) zum königlichen Kommissar für dessen Wiederaufbau ernannt und nach der Vollendung desselben 1883 in den Grafenstand erhoben.