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MKL1888:Uhr

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Uhr“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 974979
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Uhr. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 974–979. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Uhr (Version vom 07.12.2024)

[974] Uhr, mechan. Vorrichtung zum Messen der Zeit, speziell, da Wasser-, Sand- und Sonnenuhren (s. d.) ihre Bedeutung im wesentlichen verloren haben, ein Räderwerk, welches durch ein fallendes Gewicht oder durch eine sich entspannende Feder getrieben wird. Dieses Räderwerk, bestehend aus einer Anzahl ineinander greifender Zahnräder, zählt gewissermaßen die kleinen, aber sehr regelmäßigen Bewegungen, welche ein andrer Teil der U., der Regulator, vollbringt, und registriert sie durch den Zeiger auf dem Zifferblatt. Regulator und Räderwerk sind durch die Hemmung miteinander verbunden. Ersterer ist ein Pendel oder ein Schwungrad mit Spiralfeder, und je nach der Kombination dieser Teile unterscheidet man nun Gewichtuhren, die meist auch Pendeluhren sind, und Federuhren mit Pendel (Stutzuhren) oder Unruhe (Taschenuhren). In dem Räderwerk befindet sich ein Rad, welches sich genau in einer Stunde umdreht (das Minutenrad) und den Minutenzeiger trägt, während ein besonderes

Fig. 1. Kompen­sationspendel. Fig. 2. Ankerhemmung von Graham.

kleines Räderwerk (Zeiger- oder Vorlegewerk) mit zwölfmal langsamerer Bewegung den Stundenzeiger treibt. Bei den Gewichtuhren wirkt das fallende Gewicht, solange es überhaupt fällt, mit stets gleichbleibender Kraft, die spiralförmig aufgewundene Feder aber, welche, indem sie sich entspannt, das Räderwerk treibt, wirkt weniger gleichmäßig, und es bedarf zur Erzielung eines gleichförmigen Ganges der U. einer vollkommen konstruierten Hemmung. Man benutzt zu diesem Zweck aber auch die Kette, welche das die Feder enthaltende Federhaus mit der Schnecke, einem abgestutzten Kegel, verbindet und, wenn die U. aufgezogen ist, ganz um die Schnecke, vom dickern nach dem dünnern Ende derselben gewunden ist. Indem nun die Feder das Federhaus dreht, wickelt dieses die Kette von der Schnecke ab, und die Kompensation der Ungleichheiten in der Zugkraft der Feder erfolgt, weil die Kette zuerst an dem kleinsten und dann an immer größerm Halbmesser der Schnecke thätig ist. Diese in den ältern Taschenuhren (Spindeluhren) übliche Einrichtung findet sich jetzt nur noch in Präzisionswerken.

Da die Schwingungsdauer eines Pendels nur dann konstant ist, wenn seine Länge unverändert bleibt, diese aber durch die Temperaturschwankungen sich verändert, so benutzt man für genaue Uhren Kompensationspendel, bei denen durch die verschieden große Ausdehnung zweier Metalle der Mittelpunkt der Pendellinse in gleicher Entfernung vom Aufhängepunkt erhalten wird. Sind in Fig. 1 eee drei Eisenstäbe, zz zwei Zinkstäbe, so ist bei der eigentümlichen Aufhängungsweise der Pendellinse die Aufgabe gelöst, wenn die Summe der Längen eines äußern und des mittlern Eisenstabes sich zu der eines Zinkstabes verhält wie die Ausdehnungskoeffizienten von Zink und Eisen. Die Unruhe, ein kleines Schwungrädchen mit Spiralfeder, welches um eine Gleichgewichtslage schwingt, macht Schwingungen von konstanter Dauer, solange Durchmesser, Schwingungsbogen und Spiralenlänge unverändert bleiben, ist also auch von Temperaturschwankungen abhängig und bedarf bei Chronometern wie das Pendel einer Kompensation. Die Hemmung (échappement) hat dem Pendel oder der Unruhe fort und fort mittels kleiner Impulse dasjenige an Kraft zu ersetzen, was sie durch Reibung und Luftwiderstand bei jeder Schwingung einbüßen.

Fig. 3. Ankerhemmung in den neuern Taschenuhren.

Bei der viel angewandten Ankerhemmung von Graham (Fig. 2) ist A ein sogen. Steigrad, welches durch Zahnräderübersetzung von der Gewichtstrommel aus bewegt wird, während der Anker B an den Schwingungen des Pendels teilnimmt u. so abwechselnd links u. rechts in die Zähne des Steigrades eingreift. In der dargestellten Lage wird im nächsten Moment der jetzt gesperrte Zahn k frei und erteilt, an der schrägen Fläche gi entlang gleitend, dem Pendel einen kleinen Impuls. Nachdem sich hierauf das Steigrad um die halbe Entfernung zweier Zähne bewegt hat, stößt rechts ein Zahn gegen den Arm m des Ankers, und das Rad bleibt so lange gesperrt, bis das Pendel zurückkehrt. Auch hier erteilt die Zahnspitze demselben einen Impuls, indem sie an der Hebefläche mp entlang gleitet. Die Hemmung heißt ruhende Hemmung, weil das Steigrad, während es gesperrt ist, vollständig unbeweglich bleibt, was bei den ältern Ankerhemmungen nicht der Fall war. Dem Anschein nach wesentlich, in Wirklichkeit aber nur wenig verschieden von dieser Hemmung ist die Cylinderhemmung der Taschenuhren, bei welcher statt vieler Zähne nur ein einziger zwischen den beiden Armen des Ankers sich befindet, der nun durch die hohle Achse der Unruhe gebildet werden kann. Bei der Ankerhemmung neuerer Taschenuhren (Fig. 3) ist A der sogen. Anker, B die Unruhachse mit der darauf sitzenden Scheibe g und C das vom Uhrwerk in der Richtung des Pfeils getriebene Steigrad; i ist der sogen. Hebestein, welcher an der Scheibe g befestigt [975] ist und den doppelten Zweck hat, den Anker in den extremen Stellungen II und III zu halten, in denen das Steigrad gesperrt wird, und anderseits in dem Moment, in welchem ein Zahn des letztern an einer der beiden Hebeflächen mn oder pq entlang gleitet, durch die Hörner t und r, zwischen denen er dann liegt, den Impuls zur Erhaltung der Unruhbewegung zu empfangen. Der letztere Moment ist in der Figur, Stellung I, gezeichnet. Der Zahn k gleitet an der Hebefläche pq entlang und bewirkt dadurch eine Bewegung des obern Teils des Ankers nach links; dadurch drückt das Horn r auf den Hebestein und unterstützt die Drehung, in welcher sich die Unruhe augenblicklich befindet, bis die Stellung II eingetreten ist; in dieser sperrt der Zahn z, gegen welchen sich der Zahn v legt, das Steigrad so lange, bis die Unruhe umkehrt und den Hebestein gegen r trifft, wodurch der Anker den Zahn v freigibt, welcher nun auf die Hebefläche mn wirkt und einen Impuls nach der andern Richtung erteilt. Hierauf tritt die Stellung III ein, und das Spiel wiederholt sich. Die Unruhe ist in der Figur weggelassen, ebenso der sogen. Sicherheitsmesser, welcher verhindert, daß bei Erschütterung fehlerhaftes Arbeiten stattfindet. Bei diesen Hemmungen liegt noch ein gewisser Nachteil in dem Umstand, daß der Anker während des größten Teils der Pendelschwingung an den Zähnen des Steigrades gleitet und dabei eine von der Größe der Triebkraft abhängige Reibung erfährt, welche leicht verzögernd auf den Gang der U. einwirken kann. Aus diesem Grund hat man freie Hemmungen konstruiert, bei welchen Pendel oder Unruhe, mit Ausnahme des vom Triebwerk aus erteilten Stoßes, während der Schwingung möglichst frei von Druck und Reibung bleiben. Noch vollkommener wirken die Hemmungen mit konstanter Kraft, bei denen der Impuls dem Regulator nicht direkt durch die Triebkraft, sondern vermittelt durch eine Feder oder ein Gewicht erteilt wird, welche nach jeder Pendelschwingung regelmäßig durch die treibende Hauptkraft wieder aufgezogen werden. Dieses letztere Mittel ist in Anwendung namentlich bei den Chronometern („Zeitmessern“), welche auf Schiffen zur Bestimmung der geographischen Länge benutzt werden (deshalb Seeuhr, Längenuhr), indem man die von ihnen angegebene Zeit mit der an Ort und Stelle sich aus Beobachtung der Sonne oder der Sterne ergebenden Zeit vergleicht. Je 4 Minuten Zeitunterschied entsprechen bekanntlich einem Grad Längenunterschied. Der Gedanke stammt bereits aus dem Jahr 1530, wo ihn Gemma Frisius kurz nach Erfindung der Taschenuhr aussprach. Huygens verfertigte eine solche U. mit gutem Erfolg bereits 1665, eine vollkommnere Lösung der Aufgabe wurde 1728 durch Harrison erreicht, alles bisher Geleistete übertraf aber Bréguet. Die Chronometer haben sehr kräftige Kompensationsunruhen, häufig mit Spiralfedern von bedeutender Länge aus stark gehämmertem Gold, um das Rosten zu verhindern. Alle Räder müssen aufs vorzüglichste gelagert und äquilibriert sein. Ein Chronometer muß auch vorsichtig gebraucht werden, frei von heftigen Erschütterungen bleiben und weder in zu trockner noch zu feuchter Atmosphäre sich befinden. Ein mathematisch sicheres Resultat ist aber selbst bei der ausgesuchtesten Behandlung nicht zu erwarten. Das Aufziehen der Taschenuhren mit besonderm Uhrschlüssel wird bei den Remontoiruhren vermieden, bei denen der äußere Griff der U., wenn man ihn dreht, auf ein kleines Zahnradsystem wirkt, welches das Aufziehen besorgt. Eine autodynamische oder selbstaufziehende Taschenuhr von Löhr ist mit einem Aufziehmechanismus versehen, der nach Art der Schrittmesser mit schwingendem Hämmerchen arbeitet. Bei geringen Erschütterungen, wie sie die U. beim Gehen, Reiten, Fahren etc. erleidet, gerät ein Gewichtshebel in Schwingungen, und diese werden auf ein Räderwerk übertragen, welches zum Aufziehen der Uhrfeder dient. Lößls autodynamische Gewichtsuhr befindet sich in einem allseitig geschlossenen Gehäuse und geht, einmal aufgezogen, ohne weiteres Zuthun von außen. Das Gehwerk wird durch ein hängendes Gewicht betrieben, und man benutzt den stets schwankenden Barometer- oder Thermometerstand, um das Gewicht stets in gleicher Höhe zu erhalten. Die Gleichmäßigkeit des Ganges ist durch ein genau adjustiertes Kompensationspendel gesichert. Eine sehr viel längere Gangbarkeit, als die gewöhnlichen Pendeluhren besitzen, erhielt Harder durch Anwendung eines rotierenden Torsionspendels. Dieses Pendel besteht aus einer wagerechten Scheibe, die in ihrem Mittelpunkt an einer dünnen, schmalen, sehr geschmeidigen, senkrecht an einem festen Punkt herabhängenden Stahlfeder befestigt ist und, ohne ihre Lage zu ändern, wie die Unruhe einer Taschenuhr abwechselnd vor- und rückwärts schwingt. Da diese Scheibe bei ihrer immer gleichbleibenden Lage keine Luft verdrängt und nicht gehoben wird, so kann sie mit demselben Kraftaufwand unter sonst ähnlichen Verhältnissen sehr viel länger im Gang erhalten werden als ein Pendel; ja, es gelingt, diese U. in der Weise zu konstruieren, daß sie im Jahr nur einmal aufgezogen zu werden braucht (daher Jahresuhr). Besondere Versuche haben ergeben, daß die Schwingungen des Torsionspendels ebenso isochron sind wie die eines gewöhnlichen Pendels, so daß der regelmäßige Gang einer mit Torsionspendel versehenen U. in dieser Hinsicht sichergestellt ist.

Die Schlagwerke der Uhren werden durch eine besondere Triebkraft, Gewicht oder Feder, betrieben und in gewissen Momenten durch das Gehwerk ausgelöst. Bei der eintretenden Bewegung wirkt meist ein Windflügel, welcher schnell um seine Achse rotiert, als Regulator, und der Hammer wird so lange ausgehoben und fallen gelassen, bis die Bewegung wieder durch das Gehwerk gesperrt wird. Bei den Repetieruhren wird das Schlagwerk nicht durch das Gehwerk, sondern durch eine äußere Kraft, z. B. den Zug an einer Schnur oder den Druck an einem Knopf, ausgelöst. Für Uhren, welche eine selbst in den kleinsten Zeitteilen gleichförmige Bewegung haben müssen, namentlich bei solchen zum Bewegen astronomischer Fernröhre, die dem Lauf der Sterne folgen sollen, wendet man ein Zentrifugalpendel an, welches auch konstante Umdrehungszeiten besitzt. Eine Hemmung ist bei diesen Uhren gar nicht nötig, da direkt eine schnell gehende Achse als Pendelachse benutzt werden kann. Wächterkontrolluhren zwingen den Wächter, zu regelmäßigen Zeiten seine Rundgänge zu machen, indem sie jede Abweichung von der Vorschrift sofort verraten. Bei der U. von Bürk macht der Wächter mit verschiedenen, an den einzelnen Stationen in besondern Kästchen eingeschlossenen Schlüsseln auf einem in der U. sich bewegenden Papierstreifen Eindrücke, aus deren Ort in der Längenrichtung des Streifens auf den Moment der Einwirkung, aus deren Ort in der Breite aber auf die Station geschlossen werden kann, an welcher sie erfolgt, sofern jeder Schlüssel nur im stande ist, an einer bestimmten Stelle in der Breitendimension zu wirken. Versäumt der Wächter eine Station, so fehlt ein derselben entsprechender Punkt auf dem Streifen.

[976] Die Zeit der Erfindung der U. ist nicht genau bekannt. Die Alten hatten nur Sonnen-, Sand- und Wasseruhren (s. d.). Der Grundgedanke der mechanischen Gewichtsuhr wurde schon von Aristoteles ausgesprochen, und im frühen Mittelalter finden sich mechanische Uhren in Deutschland. Im 12. Jahrh. benutzte man in Klöstern Schlaguhren mit Räderwerk, und auch Dante erwähnt solche. Da Sultan Saladin dem Kaiser Friedrich II. eine Räderuhr zum Geschenk machte, so hat man die Sarazenen für die Erfinder dieser Uhren gehalten, die erst durch die Kreuzzüge nach Europa gekommen seien. Der Bau der Turmuhren läßt sich bis ins 14. Jahrh. verfolgen. Die Benutzung des Pendels regte Galilei an, und unter seiner Leitung arbeitete Balcetri an einer Pendeluhr, allgemein wurde die Pendeluhr aber erst bekannt, als Huygens, der eine solche 1656 konstruierte, sein „Horologium oscillatorium“ (1673) hatte erscheinen lassen. Als Erfinder der Taschenuhren gilt Peter Henlein (Hele) in Nürnberg (um 1500); die ersten hatten cylindrische Form, die eiförmigen (Nürnberger Eier) kamen um 1550 auf. Barlow erfand 1676 die Repetieruhren.

Die Verfertigung der Uhren wird jetzt fast durchweg fabrikmäßig betrieben, und zwar nimmt die Schweiz hinsichtlich der Produktion und Beschaffenheit ihrer Taschenuhren den ersten Rang ein. Genf (seit 1587), Locle und Chaux de Fonds sind die Hauptsitze dieser Industrie. Hier, in Biel, Solothurn und St.-Imier bestehen Uhrmacherschulen. Die englischen Uhren besitzen zwar einen großen Ruf; doch sind ihnen wirklich gute Schweizer Uhren gleichzustellen, ja hinsichtlich der Konstruktion vorzuziehen. In Deutschland werden Taschenuhren seit 1845 in Glashütte in Sachsen (mit Uhrmacherschule) und in Silberberg (Schlesien), hier auch Wächter-, Kontroll- und Turmuhren gefertigt. Die vorzüglichsten Pendeluhren mit zahlreichen Arten von Gehäusen, mit Weckern, Schlagwerken, Spielwerken, Figuren, Kuckuck etc. liefert der Schwarzwald seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrh., besonders seit 1780. Für diese Uhren, die auch in Freiburg (Schlesien) dargestellt werden, besteht eine Uhrmacherschule in Furtwangen. Hauptsitze der Schwarzwälder Uhrenindustrie sind im frühern Seekreis: Hüfingen, Neustadt, Villingen und im frühern Oberrheinkreis: Freiburg, Hornberg, Triberg und Waldkirch. Frankreich hat bedeutende Taschenuhrenfabrikation in Besançon. Stutzuhren werden besonders in Paris, Wien, Prag, Graz, Augsburg, Berlin und Lähn in Schlesien gefertigt. Die Vereinigten Staaten haben seit 1854 Pendel- und Taschenuhrenindustrie besonders in Waltham (Massachusetts) und Elgin (Illinois); mit vortrefflichen Arbeitsmaschinen liefert man Uhren, welche bei gleichem Preis den schweizerischen mindestens gleichkommen und diesen selbst in Europa erfolgreich Konkurrenz machen. Vgl. Jürgensen, Die höhere Uhrmacherkunst (2. Aufl., Kopenh. 1842); Rösling u. Stoß, Der Turmuhrenbau (Ulm 1843); Martens, Beschreibung der Hemmungen der höhern Uhrmacherkunst (Furtwang. 1858); Saunier-Großmann, Lehrbuch der Uhrmacherei (Glash. 1879, 3 Bde.); Derselbe, Das Regulieren der U. (das. 1880); Derselbe, Taschenwörterbuch für Uhrmacher (das. 1880); Felsz, Der Uhrmacher als Kaufmann (Berl. 1884); Rüffert, Katechismus der Uhrmacherkunst (3. Aufl., Leipz. 1885); Sievert, Leitfaden für Uhrmacherlehrlinge (4. Aufl., Berl. 1886); Horrmann, Repassage einer viersteinigen Cylinderuhr (2. Aufl., Leipz. 1886); Gelcich-Barfuß, Geschichte der Uhrmacherkunst (4. Aufl., Weimar 1886); Schilling-Baumann, Über Uhren, deren Geschichte und Behandlung (Zürich 1875); Rambol, Enseignement théorique de l’horlogerie (Genf 1889 ff.); „Die Marfelssche Uhrensammlung“ (Frankf. a. M. 1889, 18 Tafeln); vier Fachzeitschriften (in Leipzig, Berlin, Romanshorn und Wien).

Elektrische und pneumatische Uhren.

Elektrische Uhren wurden zuerst von Steinheil 1839, von Wheatstone u. Bain 1840 konstruiert. Man unterscheidet jetzt drei Systeme: sympathische Uhren (elektrische Zeigerwerke), bei welchen die Angaben einer gewöhnlichen Normaluhr durch elektromagnetische Vorrichtungen auf eine größere Anzahl von Zifferblättern übertragen werden; elektromagnetische Stundensteller, welche mit Hilfe des elektrischen Stroms in bestimmten Zeiträumen die Richtigstellung einer Anzahl von Uhren mit selbständigen Gangwerken nach den Angaben der Normaluhr bewirken, und elektrische Pendeluhren, welche ohne ein Laufwerk nur durch den elektrischen Strom in Thätigkeit gesetzt und erhalten werden. Bei den sympathischen Uhren sendet die Normaluhr mittels einer in das Getriebe eingelegten einfachen Kontaktvorrichtung in jeder Minute in die Leitung einen Strom, welcher die Fortbewegung des Minutenzeigers der sympathischen U. um ein Feld veranlaßt. Die sympathische U. von Siemens u. Halske (Fig. 1) besteht aus dem Elektromagnet MM, der auf der Platte g und mit dieser auf der Platte PP festgeschraubt ist. Den Polen pp ganz nahe gegenüber steht fast vertikal der um h drehbare Anker aa; die Abreißfeder f zieht ihn in die Ruhelage, wenn er von den Polen pp nicht angezogen ist, bis zu dem Aufhaltestift i zurück. An seinem verlängerten Ende befindet sich ein stählerner Stößer c sowie etwas tiefer eine kleine stählerne Schneide b. R ist ein Zahnrad mit 60 eigentümlich gekrümmten Zähnen, für dessen Achse die Platte e das Lager bildet. Auf derselben Platte e ist ein kleiner stählerner und leicht federnder Sperrhaken d festgeschraubt. So oft ein galvanischer Strom durch die Leitung LL…, also durch den Elektromagnet MM, hindurchgeht, wird der Anker aa angezogen und durch den Stößer c ein Zahn des Rades R fortgestoßen. Die Schneide b fällt dabei sofort in eine Zahnlücke ein und verhütet, daß durch den Stoß des Stößers mehr als Ein Zahn fortgestoßen werde, während zugleich der federnde Haken d über den schiefen Rücken des zu seiner Rechten liegenden Zahns hinweggleitet und in die nächste Zahnlücke einfällt, um beim Rückgang des Stößers c bei Unterbrechung des Stroms zu verhindern, daß das Rad R selbst wieder mit zurückgeschleift werde. Es folgt hieraus, daß sich bei jedem Durchgang des Stroms durch die Leitung LL das Rad R um eine Zahnbreite bewegt und daher bei 60maliger Wiederherstellung und Unterbrechung des Stroms eine volle Umdrehung erleidet. Die Achse des Rades R trägt den Minutenzeiger, und eine einfache Räderübersetzung führt zur Bewegung des Stundenzeigers. Um nun die einmalige Umdrehung des Rades R in einer Stunde zu erreichen, muß die Batterie in jeder Minute einmal geschlossen und wieder geöffnet werden. Dies geschieht durch die Normaluhr, die zu diesem Behuf ein Rad enthält welches in jeder Minute eine Umdrehung macht. Fig. 2 zeigt dieses Rad bei w. Der auf demselben festgelötete Zapfen z erreicht in jeder Minute einmal seine tiefste Stellung, in welcher er die an der Klemme a befestigte Metallfeder f

[Beilage]

[Ξ]

Elektrische Uhren.
Fig. 1. Elektrische Zeigeruhr nach Siemens und Halske.
Fig. 2. Elektrische Uhrenverbindung.
Fig. 3. u. 4. Elektrische Zeigeruhr von Grau und Wagner. Fig. 3. Vorderansicht. Fig. 4. Seitenansicht.
Fig. 5. Bohmeyers sympathische Wechselstromuhr.
Fig. 6. Elektrischer Stundensteller nach Hipp.
Fig. 7. Elektrische Pendeluhr nach Weare.
Fig. 8. Elektrische Pendeluhr nach Hipp.

[977] gegen einen auf die Metallfeder g gelöteten Kontaktstift andrückt und dadurch die Batterie B schließt. Bald darauf rückt z weiter, die Federn f und g trennen sich wieder, und der Strom wird unterbrochen. Bei geschlossener Batterie zirkuliert der Strom in Richtung B, a, f, g, b, L zur elektrischen U. I, von da durch L… zur U. II etc., endlich von der letzten eingeschalteten U. in die Erdplatte Pl, durch die Erde zurück zu Pl und zur Batterie. – Ausgedehnte Verbreitung haben die elektrischen Zeigerwerke von Hipp gefunden, deren Konstruktion darauf berechnet ist, alle Störungen durch atmosphärische Einflüsse, mangelhafte Kontakte und Erschütterungen möglichst auszuschließen. Grau u. Wagner haben ein Zeigerwerk für Wechselstrombetrieb mit rotierendem polarisierten Anker konstruiert (Fig. 3 u. 4). E ist der Elektromagnet mit den beiden Polschuhen l und k, ab ein kräftiger permanenter Magnet, zwischen dessen Polen der rotierende Anker auf einer Messingachse de befestigt ist. Der Anker besteht aus zwei gleichen Teilen gi und hf aus weichem Eisen, die rechts und links an die Messinghülse c angeschraubt und gegeneinander um 90° verstellt sind. Beide Teile stehen den Polen des Hufeisenmagnets ab gegenüber und werden von den Polschuhen l und k des Elektromagnets überdeckt. Geht nun durch letztern ein Strom, der den Polschuhen entgegengesetzte Polarität verleiht, so findet durch die Einwirkung derselben auf den polarisierten Anker eine Drehung des letztern um 90° statt, in welcher Lage er durch eine Fangvorrichtung festgehalten wird. Wenn nun in der nächsten Minute ein Strom von entgegengesetzter Richtung den Elektromagnet durchfließt, so erfolgt die Drehung des Ankers dennoch in gleichem Sinn, weil auch dessen Stellung zu den Polschuhen sich bei der vorigen Bewegung umgekehrt hat. Bei der sympathischen Wechselstromuhr von Bohmeyer (Fig. 5), welche sich durch große Einfachheit und geringen Kraftverbrauch auszeichnet, stehen zwei weiche Eisenkerne ab auf dem Pol c des permanenten Hufeisenmagnets d, so daß sie beständig magnetisch sind. In unmittelbarer Nähe des c entgegengesetzten Pols befindet sich der weiche Eisenanker ef, der den weichen Eisenkernen entgegengesetzt polarisiert ist, solange kein Strom durch die Spulen geht. Die aus den Spulen hervorragenden Enden sind nahezu halb gefeilt, und dicht vor den flachen Seiten bewegen sich, ohne sie zu berühren, die Ankerschenkel ef. Bei Stromschluß wird der eine Eisenkern südlich, der andre nördlich magnetisch, so daß einer anziehend, der andre abstoßend auf den Anker wirkt. In der Zeichnung ist e von a angezogen, f von b abgestoßen. Die Hebel hi sitzen drehbar auf der Minutenradwelle, in ihre obern gabelförmigen Enden greifen die Führungsstifte kl, welche in einem mit der Ankerachse verbundenen Querstück befestigt sind. Kommt der Strom in umgekehrter Richtung, so zieht b den Anker f an, und h bewegt sich nach rechts. Gleichzeitig hat sich i nach links bewegt und der an i befindliche Sperrkegel m das 30zähnige Minutenrad um einen halben Zahn vorgeschoben. In der nächsten Minute wechselt der Strom, wobei Sperrkegel n das Minutenrad um einen halben Zahn weiter schiebt. Damit sich das Rad nicht weiter bewegen kann, treten wechselseitig n und m unter die Stifte o und p. Der leichte Gang des Werkes ist dadurch erzielt, daß der polarisierte Anker genau parallel gegen die Polschuhe schwingt, und daß derselbe den Minutenzeiger vermittelst der Hebel i und h im Trägheitsmittelpunkt desselben angreift und fortschiebt. Der große Weg des Ankers bewirkt, daß der Zeiger nicht geschnellt, sondern langsam fortbewegt wird. Ein Strom atmosphärischer Elektrizität kann keine dauernde Störung hervorbringen, denn hat er dieselbe Richtung wie der Batteriestrom, so erzeugt er keine Bewegung; bei entgegengesetzter Richtung rücken allerdings die Zeiger um eine Minute weiter, der darauf folgende Batteriestrom findet nun aber seine Arbeit schon verrichtet, und die U. zeigt wieder die richtige Zeit an.

Die elektrischen Stundensteller mit ihrem selbständigen Triebwerk haben den großen Vorzug vor den sympathischen Uhren, daß sie weitergehen, auch wenn aus irgend einem Grunde der Korrektionsstrom ausbleibt. Man unterscheidet zwei Systeme. Bei dem einen werden die Schwingungen eines Pendels durch einen unterhalb desselben angebrachten Elektromagnet reguliert, während bei dem andern die Richtigstellung der Uhren durch direkte Einwirkung auf die Zeiger erfolgt. In Berlin sind sechs öffentliche Normaluhren aufgestellt und in übereinstimmenden Gang mit einem Regulator der Sternwarte gebracht worden. Letzterer schließt alle zwei Sekunden mittels einer am Pendel angebrachten Kontaktvorrichtung einen Strom. Am Pendel der Normaluhren ist eine Drahtspirale so befestigt, daß ein seitlich angebrachter permanenter Magnet während der Pendelschwingungen in den Hohlraum der Spirale eintaucht. Die Achse der letztern liegt daher rechtwinkelig zur Pendelachse. Infolge der periodischen Stromwirkungen muß nun das Pendel der Normaluhren gleichen Takt mit demjenigen des Regulators halten. Die elektrischen Stundensteller von Siemens u. Halske berichtigen die Zeigerstellung stündlich. Die mittels eines Elektromagnets ausgeübte Kraft löst zunächst für einen kurzen Moment ein kleines Werk aus, welches, durch Gewichts- und Federkraft getrieben, die Zeiger faßt und richtig einstellt. Man erhält so eine beliebige und auch für die Bewegung sehr großer Zeiger ausreichende Kraftäußerung. Außerdem kann man von der Zentralstation aus durch Entsendung von Stromimpulsen mittels einer Taste unabhängig von der Normaluhr die Zeiger der abhängigen U. aus falscher Stellung auf die volle Stunde einstellen. Man kann dadurch die U. fast um eine halbe Stunde vor- oder zurückstellen. Fig. 6 zeigt das Korrektionssystem von Hipp. An der vordern Gestellwand einer Hippschen elektrischen Pendeluhr ist der kleine Elektromagnet M angebracht, dessen Anker A an einem Winkelhebel w befestigt ist. Auf der Nase r des nach unten gerichteten Hebelarms ruht ein am Hebel h sitzender Stift. Der um die Achse x drehbare Hebel h trägt ferner einen -förmigen Klotz k, welcher beim Fallen des Hebels den auf der Stirnfläche des Steigrades R sitzenden Stift v faßt und so das Steigrad auf die volle Stunde 12 oder 6 einstellt. Die Wiedereinlösung von h geschieht durch einen der zwei auf der Stirnfläche des Stundenrades Z angebrachten Stifte. Der eine oder andre derselben hebt bei der Drehung von Z den Ansatz a in die Höhe, so daß sich der Stift wieder am Auslösehaken v fängt. Die Wirkung des Stroms erfolgt alle 6 Stunden. Der Stromkreis des Elektromagnets M ist nämlich nur dann geschlossen, wenn einer der Stifte y auf den Vorsprung c der Kontaktfeder d drückt, wodurch diese mit der zweiten Kontaktfeder b in Berührung gebracht und so eine Verbindung zwischen den Teilen L1 und L2 des Stromkreises herbeigeführt wird.

Von den minder einfachen elektrischen Pendeluhren zeigt Fig. 7 eine Konstruktion von Weare, welche bei Anwendung einer recht konstanten Batterie [978] gleichmäßig geht. Das Pendel A greift mit einem Grahamschen Anker in das Räderwerk einer gewöhnlichen Pendeluhr. NBS ist ein permanenter Stahlmagnet, N der Nordpol, S der Südpol. Auf der Pendelstange sitzt als Linse ein Elektromagnet E, der auf einer schmalen Messingplatte mit den Vorsprüngen aa′ ruht. Das eine Ende des Umwindungsdrahts ist mit dieser Messingplatte, das andre mit einem Draht hinter der Pendelstange verbunden. Letzterer ist an der Aufhängefeder des Pendels befestigt und steht daher mit dem von dieser Feder auslaufenden, außerhalb des Gehäuses bei dem Zinkpol z mündenden Verbindungsdraht h in Kontakt. Der Stahlmagnet trägt unter jedem der seitwärts vorgebogenen Polenden eine kleine goldene Spiralfeder f‌f′, welche beide mittels des Magnets und des Drahts b mit dem +Pol K der Batterie verbunden sind. Sobald nun das Pendel dem Pol N genähert wird, kommt der Vorsprung in Berührung mit der Feder f, der Strom wird geschlossen und zirkuliert über Kbfa durch die Windungen des Elektromagnets und den hinter der Pendelstange befindlichen Draht aufwärts zur Feder g und durch h nach z. Die Windungen des Elektromagnets sind derart gewählt, daß sich bei dieser Richtung des Stroms bei a ein Nordpol, bei a′ ein Südpol bildet. Es wird daher der nach der Linken gerichtete Elektromagnet, sobald man ihn frei läßt, von dem Pol N zurückgestoßen, und diese Abstoßung überwindet wegen der größern Nähe die von S nach a′ gerichtete Abstoßung. Das Pendel schwingt daher nach der Rechten zurück, wobei sich a von f trennt und der Strom unterbrochen wird. Jene Abstoßung hört nun auf, das Pendel aber geht vermöge der Trägheit über die Ruhelage hinaus nach der Rechten und nähert sich dem Südpol S. Kommt nun a′ mit f′ in Berührung, so wird der Strom wieder geschlossen, es bildet sich wieder bei a′ ein Südpol, bei a ein Nordpol, welche beide von den gleichnamigen Polen S und N abgestoßen werden. Aber nun überwiegt die Abstoßung des Südpols S, und das Pendel schwingt nach der Linken zurück etc.

Die Hippsche Pendeluhr (Fig. 8) besitzt ein Pendel P, welches in dem Punkt A mittels einer Stahlfeder aufgehängt ist und die schwere Scheibe L mit dem Eisenanker e trägt, der möglichst nahe über dem Elektromagnet m schwingt. Die Pendelstange ist in halber Höhe gekröpft, und auf der Linse sitzt ein Gleitstück a aus Achat, welches mehrere von vorn nach rückwärts verlaufende Furchen besitzt. An den isolierten Metallstücken bb′ sind zwei horizontale Stahlfedern f‌f′ eingespannt, von denen die untere für gewöhnlich an dem nicht leitenden Stift s, die obere an dem leitenden Stift s′ anliegt. Die untere Feder ist an ihrem freien Ende mit einer aufwärts gerichteten Kontaktspitze m versehen, außerdem trägt sie das um die Achse o leicht bewegliche Stahlplättchen p, die Palette. Die von dem +Pol der Batterie ausgehende Leitung umkreist den Elektromagnet, führt dann zu f′k′ und geht, sobald der Kontakt bei m geschlossen wird, über diesen nach fbk zum −Pol zurück. Außerdem ist noch die Zweigleitung dc′ vorhanden, welche mit Ausschaltung der Batterie eine Schließung der Drahtwindungen des Elektromagnets herstellt, sobald der Kontakt s′ geschlossen wird. Beim Schwingen des Pendels schleift die Palette über a hinweg, ohne daß die Achse o gehoben wird. Während dieser Zeit bleibt der Strom unbenutzt, nimmt aber die Schwingungsamplitude so weit ab, daß a nicht mehr vollständig unter p weggeführt wird, so stemmt sich beim Rückgang des Pendels die Palette in eine der Furchen a, und infolgedessen wird die Achse o und die Feder f gehoben. Hierdurch wird der Kontakt m geschlossen, der Strom magnetisiert den Elektromagnet, welcher nun stark anziehend auf den Anker e wirkt, bis dieser die tiefste Lage angenommen hat. In diesem Moment ist p wieder außer Verbindung mit a gekommen und der Strom unterbrochen, das Pendel aber hat einen so starken Antrieb erhalten, daß es wieder längere Zeit mit größerer Amplitude schwingt. Die Verbindung dc′ verhindert, daß bei m ein Unterbrechungsfunke entsteht, indem sich f′ einen Moment auf s′ legt, bevor der Kontakt m geöffnet wird. Ein Pendel oder, wie bei den Taschenuhren, eine Unruhe muß bei allen elektrischen Uhren vorhanden sein, um ihren Gang zu regulieren; da aber die direkte Einwirkung des Elektromagnetismus auf das Pendel dieses nur so lange vollkommen isochronisch schwingen macht, als die Batterie ihre ursprüngliche Stärke völlig konstant erhält, so haben einige Erfinder das Auskunftsmittel ergriffen, den Elektromagnetismus erst auf besondere Zwischenmechanismen einwirken zu lassen, die nun erst ihrerseits das Pendel in seiner Bewegung unterhalten. Dieselben bestehen entweder in einem ganz kleinen Gewicht oder in einer Feder, welche durch den Anker eines Elektromagnets bei jedem Stromschluß um ein Geringes gehoben, alsdann von dem Pendel bei seiner Schwingung losgelöst werden und in die Ruhelage zurücksinken, wobei sie jedesmal dem Pendel denselben stets ganz gleichförmigen Impuls beibringen. Der Strom mag nun stark oder schwach sein; solange die Kraft des durch ihn erzeugten Elektromagnets nur hinreicht, das Gewichtchen oder die Feder zu der vorgeschriebenen Höhe zu heben, wird das Pendel unter der gleichmäßigen Einwirkung derselben isochronisch schwingen und die U. richtig gehen. Was die menschliche Kraft bei der gewöhnlichen Gewicht- oder Federuhr alle 24 Stunden oder 8 Tage etc. nur einmal thut, das verrichtet somit der elektrische Strom hier jeden Augenblick (Sekunde oder halbe Sekunde). Daß durch diese für eine vollkommene elektrische U. notwendige Einrichtung dieselbe sehr an Einfachheit verlieren muß, ist einleuchtend. Gute Werke dieser Art sind deshalb teuer. Vgl. Schellen, Elektromagnetischer Telegraph (6. Aufl., Braunschw. 1882); Tobler, Elektrische Uhren (Wien 1883); Merling, Die elektrischen Uhren (Braunschw. 1886); Favarger, L’électricité et ses applications à la chronométrie (Basel 1886).

Pneumatische Uhren, von Mayrhofer erfunden, dienen denselben Zwecken wie die elektrischen, erhalten aber ihren Impuls durch komprimierte Luft mittels einer Rohrleitung. Das ganze Gebiet einer Zentraluhrenregulierung wird nach dem pneumatischen System in zahlreiche kleinere Bezirke zerlegt, welche je einen durch Rohrleitung unter sich verbundenen Komplex von Häusern umfassen. Sämtliche an die Rohrleitung einer Unterabteilung angeschlossene Uhren werden von einer Normaluhr aus in der Weise in dauerndem und richtigem Gang erhalten, daß letztere den Zutritt zu der Rohrleitung stündlich einmal der Kompressionsluft öffnet, welche durch einen hydraulischen Apparat erzeugt und in einem Reservoir aufbewahrt wird. Durch den eintretenden Luftdruck wird bei jeder Sekundäruhr ein Blasebalg aufgeblasen und dabei mittels Hebel etc. die U. aufgezogen und reguliert. Bei derselben Gelegenheit werden auch die Normaluhren mittels Blasebalg aufgezogen. Letztere selbst aber werden wieder von einer Zentraluhr alle 24 Stunden richtig gestellt. Dies geschieht ebenfalls [979] durch komprimierte Luft, der Antrieb dazu aber erfolgt durch einen elektromagnetischen Apparat, der durch Herstellung eines Kontakts von der Zentraluhr ausgelöst wird. Zentraluhr und Normaluhr müssen zu diesem Zweck elektrisch verbunden werden, doch kann man dazu bereits vorhandene Leitungen von Telegraphen, Telephonen etc. ohne Beeinträchtigung ihres ursprünglichen Zwecks benutzen und, da die Reichspost- und Telegraphenverwaltung sich hinsichtlich der Benutzung der Telephonleitungen für diesen Zweck entgegenkommend gezeigt hat, so bietet sich für alle Orte mit Telephonbetrieb die Möglichkeit der einheitlichen Zeitregulierung. Statt der komprimierten Luft kann man auch das unter hinreichendem Druck stehende Wasser der Wasserleitungen benutzen. – Über elektromagnetisch registrierende Uhren s. Registrierapparate.


Jahres-Supplement 1890–1891
Band 18 (1891), Seite 945947
korrigiert
Indexseite

[945] Uhr. Hemmungen, bei welchen durch Einschaltung eines Hilfsmechanismus die Schwingungen der Unruhe während des größern Teils der Schwingungsdauer unabhängig von der Antriebsvorrichtung stattfinden, nennt man freie Hemmungen. Ihrer Anlage nach unterliegen sie am wenigsten Störungen, gewähren daher den genauesten und sichersten Gang und gehören deshalb zu den wichtigsten Teilen der Chronometer. Doch gab es bis jetzt vollkommen freie Hemmungen nicht, weil sowohl durch den Antrieb der Unruheachse als durch die Auslösung des Gangrades noch meßbare Widerstände zu überwinden waren. Um eine vollkommene Freiheit der Unruheschwingungen zu erzielen, gab Ingenieur Riefler in München die gewöhnliche Art der Kraftübertragung auf, indem er die Kraft des Räderwerkes durch die Spiralfeder auf die Unruhe übertrug. Wenn nämlich die letztere aus der Ruhelage gekommen ist, hat die Spirale eine gewisse Spannung, welche mit der Größe des Schwingungsbogens zunimmt. Wird diese Spannung im richtigen Moment durch das Räderwerk vermehrt, so findet eine Kraftzufuhr statt, was dadurch ermöglicht wird, daß das eine Ende der Spirale nicht fest mit den Platinen, sondern beweglich angebracht wird. Daraus ergibt sich als Aufgabe des Räderwerkes: den Befestigungspunkt der Spirale (das sogen. Spiralklötzchen) bei jeder Unruheschwingung im geeigneten Moment hin und her zu bewegen. Diese Aufgabe hat das nachstehend beschriebene Echappement von Riefler ebenso einfach wie vollkommen gelöst.

Unterhalb der Unruheachse a (Fig. 1 u. 2, S. 946) befindet sich in deren Verlängerung die Drehachse eines sternförmigen Hebels B mit drei Armen. In dem einen Arm ist bei K das eine Ende der Spirale P [946] mit dem Klötzchen befestigt; die beiden andern Arme tragen, über ihre Ebene emporstehend, die Hebe- und zugleich Ruhesteine S und S′, welche cylindrisch und am obern Ende bis zur Mitte der Cylinderachse abgeflacht sind (Fig. 2). An der Cylinderfläche findet die Hebung, an der ebenen Fläche die Ruhe statt. An der Achse ef des Räderwerkes befindet sich ein Heberad H und darüber mit kleinem Zwischenraum ein Ruherad R. Die Zähne h des erstern bewirken die Hebung, die Zähne r des letztern bewirken mit

Fig. 1. Fig. 3. Fig. 2.
Fig. 4. Fig. 5.
Fig. 1–5. Rieflers Chronometerhemmung.

ihren radialen Flächen die Ruhen. Das Spiel des Echappements vollzieht sich nun wie folgt: Wird die Unruhe U in der Richtung des Pfeiles aus ihrer Ruhelage gebracht, so bewegt die Spirale den Stern B in gleichem Sinn, bis der Stein S′ sich an die Hebefläche h des Rades H anlegt. In diesem Moment verläßt die Ruhefläche des Steines S den Zahn r2 des Ruherades R, die Räder drehen sich in der Pfeilrichtung und der Zahn h bewirkt die Hebung,

Fig. 6. Fig. 7.
Fig. 6 und 7. Rieflers Pendelaufhängung.

d. h. er drängt den Stein S′ zurück, bewegt dadurch den Stern B entgegengesetzt der Pfeilrichtung und erhöht auf diese Art die Federspannung der Spirale. Die Unruhe schwingt sodann vollends aus, und bei ihrer Rückkehr findet im Moment, wo sie die Ruhelage in entgegengesetzter Richtung des Pfeiles überschreitet, die zweite Auslösung statt, der Stein S′ verläßt den inzwischen vorgerückten Zahn r, und der Zahn h3 bewirkt die Hebung des Steines S. Dieses Spiel wiederholt sich bei jeder Hin- und Herschwingung der Unruhe.

Außer den Rädern H und R befindet sich noch ein drittes Rad E an derselben Welle zur Bewegung eines Windfanges W. Das Spiel der Hemmung vollzieht sich dadurch ohne alle Stöße, und die Ruhezähne legen sich äußerst sanft an die Hebeflächen an. Der Auslösungswiderstand kann durch entsprechende Drehung der Steine S und S′ in ihrer Fassung beliebig geändert, sogar gleich Null gemacht werden ohne Gefahr einer unzeitigen Auslösung, da die Spirale stets mit der ganzen, ihr jeweils innewohnenden Spannkraft die Ruhesteine an das Heberad andrückt.

Statt der Räder H und R kann auch ein einziges Rad mit Hebe- und Ruhezähnen in verschiedenen Ebenen (Fig. 3) angewendet werden. Für manche Zwecke (Reiseuhren u. dgl.) genügt ein Rad, dessen Zähne in einer Ebene liegen, und ein cylindrischer Stein. Die Zähne erhalten dann die in Fig. 4 dargestellte Form, oder man kann auch die Cylinder auf etwa ein Fünftel ihres Durchmessers abflachen (Fig. 5), um die Möglichkeit zu haben, den Auslösungswiderstand in einfachster Weise zu regulieren.

Fig. 6 und 7 stellen das Echappement in der Anwendung für ein Sekundenpendel dar. Die Drehachse aa des Ankers A ist durch die auf Achat- oder Sardonixsteinen PP gelagerte Messerschneide des Stahlprismas MM gebildet; ii ist die Aufhängefeder des Pendels, o ein Keil, durch welchen die Höhenlage der Pendelaufhängung etwas geändert werden kann. Durch die Schrauben v, v, v wird der Eingriff des Ankers reguliert. Die wirksame Länge der Aufhängefeder des Pendels ist durch Klemmbacken k variabel gemacht, um diejenige Länge aufzufinden, bei welcher die Pendelschwingungen isochronisch sind. Die Wirkungsweise des Echappements ist folgende: Wird das Pendel aus der Ruhelage in der Richtung des Pfeiles Fig. 6 gebracht, so bewegt sich der Anker in derselben Richtung, bis die Palette S′ sich an die Hebefläche h des Rades H anlegt; in diesem Moment verläßt die Palette S den Zahn r des Ruherades R, die Räder drehen sich in der Pfeilrichtung, und der Zahn h bewirkt die Hebung, d. h. er drängt die Palette S′ zurück, bewegt dadurch den Anker entgegengesetzt der Pfeilrichtung und erhöht auf diese Art die Spannung der Aufhängefeder des Pendels, wodurch demselben die nötige Kraft zugeführt wird, seine Schwingungen fortzusetzen. Dieser Vorgang wiederholt sich bei jeder Pendelschwingung abwechselungsweise auf der einen und auf der andern Seite des Ankers.

Wird statt der Federaufhängung die Fadenaufhängung für das Pendel gewählt, die ja noch immer nicht ganz verlassen worden ist, so erfolgt die Auslösung durch den seitlichen Zug, welchen das Pendel ausübt, wenn es aus seiner Ruhelage in der dem Pfeil entgegengesetzten Richtung gekommen ist. Die Kraftzufuhr findet hierbei dadurch statt, daß der Aufhängepunkt [947] des Pendels, welcher höher liegt als die Drehachse des Ankers, nach erfolgter Auslösung durch das Heberad in entgegengesetzter Richtung der Pendelschwingung bewegt wird. – Zur Litteratur: Schirek, Die U. in kulturgeschichtlicher und kunstgewerblicher Beziehung (Brünn 1890).