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MKL1888:Umlaut

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Umlaut“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 15 (1889), Seite 991
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Umlaut. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 15, Seite 991. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Umlaut (Version vom 20.05.2021)

[991] Umlaut, eine vorzugsweise den jüngern germanischen Sprachen eigentümliche Trübung derjenigen Vokale, auf die eine den Vokal i oder den Halbvokal j enthaltende Beugungs- oder Ableitungssilbe folgt oder einstmals folgte, welche Trübung aber nur die Qualität, nicht zugleich auch die Quantität derselben verändert. Der helle Vokal i übt nämlich eine assimilierende Wirkung, indem er den Vokal der vorausgehenden Silbe sich selbst ähnlich macht. Im Althochdeutschen tritt diese Wirkung nur erst beim a ein, welches durch den Einfluß eines i in der darauf folgenden Silbe zu dem hellern Vokal e wird. Im Mittelhochdeutschen dagegen beeinflußt ein folgendes i alle Vokale der vorausgehenden Silbe, die nicht i-ähnlich sind. So werden die kurzen Vokale a, u, o zu e, ü, ö, die langen â, ô, û zu ae, oe, iu, die Diphthonge uo, ou zu üe, öu. Der U. bleibt, auch wenn das i oder j ausgefallen ist. So heißt es im Mittelhochdeutschen ich valle, aber du vellest (fällst), weil die zweite Person ursprünglich ein i hatte (althochd. vellis); von ruom (Ruhm) wird gebildet rüemen (rühmen), weil es im Althochdeutschen ruomjen hieß. Doch kommt es auch anderseits nicht selten vor, daß mit dem Verlust des i oder j auch seine Wirkung, der U., verschwindet, wie z. B. im Mittelhochdeutschen und Neuhochdeutschen im Infinitiv für gotisch brannjan brennen gesagt wird, aber im Imperfekt mittelhochdeutsch brante (jetzt brannte), obwohl die entsprechende gotische Form brannida lautet. Im Neuhochdeutschen gelten als Umlautvokale und Diphthongen in der Regel ä, ö, ü, äu; ä, äu werden im allgemeinen da geschrieben, wo ein verwandtes Wort oder eine verwandte Form mit a vorhanden oder auch ohne historische Sprachkenntnis leicht zu vermuten ist, z. B. Mann, Männer, Haus, Häuser, aber welsch von dem alten Wort walhisch, „ausländisch“, greulich neben grauen. Der U. ist auch für die deutsche Flexion von immer größerer Bedeutung geworden; so dient er jetzt zur Bezeichnung der Mehrzahl, z. B. in Männer, zum Ausdruck von Verkleinerungsformen, z. B. in Häuschen. Übrigens ist er keineswegs konsequent durchgeführt, und einzelne Mundarten haben ihn fast gar nicht, vgl. z. B. die bayrisch-österreichische Form „ich war“ für „ich wäre“. Der Name U. rührt von J. Grimm her, der auch den Ausdruck „Brechung“ (s. d.) erfand. In den skandinavischen Sprachen hat auch das u die nämliche assimilierende Kraft. Auch andre Sprachen haben dem U. verwandte Erscheinungen, dahin gehört namentlich die im Griechischen u. der Zendsprache häufige Epenthese (s. d.) des i.