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MKL1888:Wüllner

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wüllner“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Wüllner“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 16 (1890), Seite 761
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Wüllner. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 761. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:W%C3%BCllner (Version vom 11.04.2021)

[761] Wüllner, 1) Franz, Komponist, geb. 28. Jan. 1832 zu Münster in Westfalen, besuchte das Gymnasium daselbst, wo er zugleich Unterricht im Klavierspiel und in der Kompositionslehre genoß, und ging 1848 nach Frankfurt a. M., um seine musikalischen Studien bei A. Schindler und F. Keßler fortzusetzen. Ein halbjähriger Aufenthalt in Berlin brachte ihn mit Rungenhagen, Grell und Dehn, ein späterer in Brüssel mit Fétis und Kufferath in nähern Verkehr. Seit 1854 in München wohnhaft, wurde er hier 1856 als Lehrer für Klavierspiel am Konservatorium angestellt, ging zwei Jahre später als städtischer Musikdirektor nach Aachen, kehrte aber 1865 als Kapellmeister der königlichen Vokalkapelle nach München zurück, wo er 1867 auch Leiter der Chorgesangklassen an der königlichen Musikschule wurde und 1868 die Konzerte der Vokalkapelle zur Pflege des a cappella-Gesangs gründete. Nach dem Abgang H. v. Bülows trat er 1869 an dessen Platz als Hofkapellmeister und entfaltete auch in dieser Stellung, mit der er noch die eines Dirigenten der Konzerte der musikalischen Akademie vereinte, eine verdienstliche Thätigkeit, der zufolge er im Herbst 1870 zum ersten Hofkapellmeister sowie zum Professor und Inspektor der königlichen Musikschule ernannt wurde. 1877 folgte W. einem Ruf als königlicher Kapellmeister und artistischer Direktor des Konservatoriums nach Dresden, von wo er 1884 als Direktor des Konservatoriums und städtischer Kapellmeister nach Köln berufen wurde. W. besitzt neben gründlichster musikalischer Bildung noch ein seltenes administratives Talent, vermöge dessen er das Dresdener Konservatorium in kurzer Zeit zu einer der besten musikalischen Lehranstalten Deutschlands machte. Besonders ist er Autorität im Gesangsfach; seine „Chorgesangschule“ (Münch. 1876–77) gehört zu den besten Studienwerken der Neuzeit. Als Komponist hat sich W. mit Klavierstücken, Sonaten, Liedern sowie mit größern kirchlichen und weltlichen Werken für gemischten wie für Männerchor in den weitesten Kreisen vorteilhaft bekannt gemacht. Seine Kantate „Heinrich der Finkler“ (für Männerchor, Soli und Orchester) erhielt 1864 bei dem Preisausschreiben der Aachener Liedertafel den Preis.

2) Adolf, Physiker, geb. 13. Juni 1835 zu Düsseldorf, studierte in Bonn, München und Berlin Physik, habilitierte sich als Privatdozent zu Marburg, ging 1862 als Direktor der Provinzialgewerbeschule nach Aachen, übernahm 1865 die Lehrstelle für Physik an der landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf und erhielt 1867 daneben eine außerordentliche Professur an der Universität zu Bonn. Von dort wurde er 1869 an die technische Hochschule zu Aachen als Professor der Physik berufen. Wüllners erste Arbeiten beschäftigten sich mit der Spannung der Dämpfe von Salzlösungen und von Flüssigkeitsgemischen, spätere mit den spezifischen Wärmen der allotropen Modifikationen mehrerer Körper, den spezifischen Wärmen der Flüssigkeiten und Gase. Letztere dienten gleichzeitig dazu, die aus der dynamischen Gastheorie sich ergebenden Werte für die Wärmeleitung der Gase mit den experimentell gefundenen Werten zu vergleichen. Er untersuchte auch die Beziehung der Brechung des Lichts zur Dichtigkeit der Körper, dann aber vorzugsweise die Spektren der Gase. Wüllners elektrische Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit der Influenz auf nichtleitende Körper; er zeigte, daß wir in der That genötigt sind, für die festen Körper die Anschauungen Faradays über die diëlektrische Polarisation anzunehmen. Er schrieb: „Lehrbuch der Experimentalphysik“ (4. Aufl. 1882–86, 4 Bde.); „Einleitung in die Dioptrik des Auges“ (Leipz. 1866); „Kompendium der Physik“ (das. 1879, 2 Bde.).