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MKL1888:Wüste

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Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Wüste“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 16 (1890), Seite 790791
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Wüste. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 16, Seite 790–791. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:W%C3%BCste (Version vom 08.12.2024)

[790] Wüste, großer, meist ebener Landstrich, welcher infolge des Mangels an Wasser ohne Vegetation und daher unbewohnbar ist, unterscheidet sich von der Steppe (s. d.) hauptsächlich dadurch, daß sie nicht, wie diese, mit Gras und Kräutern bewachsen, sondern nur nackte und tote Einöde ist. Der Boden besteht entweder aus Gestein, oder ist mit kiesartigem, oft leicht beweglichem Flugsand oder kochsalz- und kalireichem Sand bedeckt. Man unterscheidet danach Stein- oder Felsenwüsten, Sandwüsten und Salzwüsten. Die Sandwüsten, die vorherrschenden, sind, wo sie sich über ein weites Gebiet erstrecken, nicht völlig einförmige Ebenen, sondern zeigen in der Form und Bedeckung der Oberfläche manchen Wechsel, Klippen, Hügelketten, die bis zu förmlichen Gebirgen ansteigen, wie in der Sahara (s. d.), Schluchten und Spalten, Flußthäler und Seebecken, die aber in der heißen Jahreszeit meist trocken liegen, wie die Flüsse, die hier und da von den Randgebirgen herabströmen, sich im Sand verlieren und verdunsten. Auf angenehmere Weise wird aber die Einförmigkeit der W. durch die Oasen (s. d.) unterbrochen, die um perennierende Quellen aus angesammelter Dammerde entstanden sind und oft die frischeste und üppigste Vegetation zeigen, auch allein sich zu dauernden Wohnsitzen der Menschen eignen. Wenn auch die Wüsten weder auf Zonen oder Erdteile noch auf Tiefebenen beschränkt sind, so besitzt doch der östliche Kontinent um die Wendekreise und zwischen ihnen die ausgedehntesten Wüstengebiete und zwar eigentliche Wüsten nur Afrika und Asien. Es zieht sich nämlich durch diese beiden Erdteile ein ungeheurer Wüstengürtel, der am Atlantischen Ozean beginnt und in einem gegen 2000 Meilen langen, nach N. geöffneten Bogen bis an den äußersten Ostrand Zentralasiens reicht. Teile dieses verhältnismäßig geringe Unterbrechungen zeigenden Wüstengürtels sind: die afrikanische Sahara (s. d.), die größte aller Wüsten, über ein Fünftel von Afrika einnehmend, im Westen (Sahel) vorherrschend Sand-, im O. (Libysche W.) Steinwüste; das Peträische oder Steinige Arabien mit der Halbinsel Sinai; das Plateau Nedschd im Innern der großen Halbinsel Arabien; weiter nördlich die syrisch-arabische W.; jenseit des Schatt el Arab, des Persischen [791] Meerbusens und der Bergterrassen Westirans das wüste Plateau von Iran, vom Kaspischen bis zum Indischen Meer sich erstreckend, mit den salz- und kalireichen Wüsten von Irak Adschmi, Kirman, Seïstan und Mekran; jenseit des Indus die W. von Radschastan (Sind); nördlich von Persien die Sandwüsten von Turan, vom Kaspischen Meer nach O. bis zum Alpenland Turkistan reichend, und jenseit des letztern die teils sandige, teils steinige Plateauwüste Gobi (s. d.), welche die ganze Mongolei durchzieht und das östliche Ende des ganzen Wüstengürtels bildet. Das Gesamtareal des letztern mag an 250,000 QM. betragen und scheint an Umfang nach und nach zuzunehmen. Europa hat keine W., ausgedehntere Steppen nur in Ungarn und im südlichen Rußland. Das Innere des Kontinents von Australien hat neben Steppen auch wasserlose Wüsten von einer so erschrecklichen Öde und Unwirtlichkeit, wie sie kaum ein anderer Erdteil aufzuweisen haben möchte. In Amerika haben die unabsehbaren Pampas und Llanos mehr Steppen- als Wüstencharakter, doch fehlen auch wirkliche Wüsten nicht. Die Sandwüste oder Desierto von Atacama zieht sich längs des Stillen Ozeans durch die ganze bolivische Provinz Litoral und erstreckt sich nordwärts bis Arica in Peru, südwärts bis Copiapo in Chile. Auch die Hochflächen oder Campos dos Parecis in der brasilischen Provinz Mato Grosso sind große, wellenförmige, vegetationslose Sandplateaus. Eine weit ausgedehntere W. ist aber in Nordamerika das Bassin des Großen Salzsees im Mormonenland Utah (s. d.). Das Durchziehen der eigentlichen Wüsten ist nur Karawanen möglich, und es ist dabei das Kamel unentbehrlich. Gefahren bringen die Staub- und Sandsäulen, welche der Wind aufwirbelt und vor sich hertreibt, die alles austrocknenden und auszehrenden Winde selbst und die unglaublich verdünnte Atmosphäre, die bei Europäern nicht selten Schlagflüsse herbeiführt, mangelnder Schutz gegen die Gluthitze des Tags und die oft empfindliche Kälte der Nächte, die Abirrung von dem Karawanenweg, die durch Verschüttung seiner Spuren oder durch das Trugbild der Luftspiegelung veranlaßt werden kann, und die Seltenheit der Quellen und Oasen. Von Tieren kommen nur Antilopen, von Pflanzen Disteln, Mimosen und dünnes Strauchwerk in der W. fort. Meisterhafte Schilderungen der Steppen und Wüsten finden sich in Alex. v. Humboldts „Ansichten der Natur“. Vgl. auch Desor, Der Mensch und die W. (Basel 1876), und die Litteratur bei den Artikeln Libysche Wüste und Sahara.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 989995
korrigiert
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[989] Wüste (hierzu Tafel „Wüstenbildungen“), ein völlig oder fast völlig von Pflanzen entblößter Boden, also ursprünglich ein pflanzengeographischer Begriff. Gewöhnlich stellt man sich unter der W. eine endlose ebene Fläche vor, die mit Dünenketten oder Hügeln losen Flugsandes bedeckt ist. Die Expeditionen, welche in den letzten Jahrzehnten zur Erforschung der Sahara ausgesandt sind, haben jedoch erwiesen, daß ein zentrales Sandmeer in der afrikanischen W. überhaupt nicht vorhanden ist, nur westlich von den ägyptischen Oasen dehnt sich ein Sandmeer über eine größere Fläche aus. In der algerischen Sahara beträgt das von Sanddünen bedeckte Gebiet 45 Mill. Hektar, während die Felsplateaus 119 Mill. Hektar einnehmen. Damit fallen alle die Schlüsse über die Entstehung der W., nach welchen in anbetracht der

[Beilage]

[Ξ]

Wüstenbildungen.
Fig. 1. Deflationserscheinungen bei den Pyramiden von Gizeh. (Nach Photographie.)
Fig. 2. Durch Insolation zerstörter Porphyrgang im Granit des Wadi Feiran. (Nach Photographie.)
Fig. 3. ‚Pilzfelsen‘ im Wadi Tarfeh. (Nach Zeichnung von Dr. G. Schweinfurth.)
Fig. 4. Nicolienstamm am ‚versteinerten Wald‘ bei Kairo. (Nach Photographie von Dr. Sarasin

[990] angeblich weiten Verbreitung des Sandes die Sahara ein trocken gelegter sandiger Meeresboden sein sollte. Zur Stütze dieser Behauptung wurde noch auf die Depressionen der Sahara, das Vorkommen von Salz und Fossilien mitten in der W. hingewiesen, und man schrieb die Kälte der Eiszeit der Wirkung des eintrocknenden Saharameeres zu. Indessen beschränken sich die vermeintlichen großen Depressionen im Innern der Sahara auf eine Fläche von 13,000 qkm, d. h. etwa der tausendste Teil von Nordafrika; das Wüstensalz stammt aus ältern Perioden der Erdentwickelung, und der Sand ist ein der W. eigentümliches Produkt, das von der Wirksamkeit der in der W. thätigen meteorologischen Kräfte herrührt. Die in der W. so zahlreich vorhandenen versteinerten Muscheln beweisen am allerwenigsten, daß die W. ein Meer war, da sie teilweise Süßwassermuscheln sind, teils ältern Formationen angehören, die aus dem sie umhüllenden Gestein durch einen eigentümlichen Prozeß herausgeschält sind. Im Gegensatze zu den bisher herrschenden Ansichten hat nun Walther durch seine Forschungen in der ägyptischen W. dargethan, daß die Oberflächenformen und Bildung der W. eine Wirkung der spezifischen Wüstenkräfte sind. Keine einzige der oft so rätselhaften Erscheinungen in der W. verlangt die Annahme von meteorologischen Kräften, welche der heutigen W. fremd sind. Nach der vorherrschenden topographischen Gestaltung und den verbreitetsten Ablagerungen zeigt die W. verschiedene Ausbildungsformen, die vier Typen unterscheiden lassen: 1) Felswüste, 2) Kieswüste, 3) Sandwüste, 4) Lehmwüste. Hervorgegangen sind die Kies- wie Sand- und Lehmwüste aus den Felswüsten, jenen mächtigen Hochgebirgsländern, die sich von Arabien bis nach dem Atlas erstrecken, und die durch die denudierenden Kräfte stellenweise in eine felsige Ebene verwandelt sind, welche entweder mit Kies oder mit Sand oder Lehm bedeckt ist. Im Grunde hätte man danach nur zwei Wüstenarten zu unterscheiden, nämlich bergige und ebene W.; letztere besteht entweder aus nacktem Fels, oder es lagert auf diesem eine Decke von Kies, Sand oder Lehm. Jedoch entspricht diese Einteilung der Wüsten ziemlich genau den Typen, welche die Beduinen unterscheiden, so daß es in anbetracht der immerhin bedeutenden Ausdehnung, welche die Sandbedeckung in der W. hat, berechtigt erscheint, die Sandwüsten als besondern Typus auszuscheiden. Demnach umfaßt

1) Felswüste: Dschebel; Tasili, Plateau Westsahara; Rodm, Innerarabien; Charaschaf, für zerrissene Felsen in der Libyschen Wüste.
2) Kieswüste: Serir, runde Kiesel, flachgewellte Flächen; Hamâda, scharfkantige Steine, gewöhnlich in rötlichen Lehm eingebettet und Hochebenen bedeckend.
3) Sandwüste: Erg, westliche Sahara; Igidi, westliche Sahara; Areg, östliche Sahara; Nefûd, Innerarabien; Ramle, Sandebene.
4) Lehmwüste: Sebcha, westliche Sahara; Schott, Tunesien; Djefdjef, in der Oase Sokna, für polygonal zersprungene Lehmflächen gebraucht.

Eine der auffallendsten Oberflächenformen der Felswüste, soweit diese aus geschichteten, undislozierten Gesteinen besteht, sind die Zirkusthäler. Die Thäler bestehen nicht etwa aus einer gleichmäßig verlaufenden Erosionsrinne, sondern es sind ursprünglich isolierte, zirkusartige Mulden, rings von steilen Wänden umschlossen, welche erst später durch die erodierende Kraft gelegentlich fließender Bäche miteinander zu einem Thalsystem verbunden sind. Die Entstehung dieser Vertiefungen im Gebirge ist nicht auf die erodierende und transportierende Wirkung von Wasser und Eis zurückzuführen, da diese beiden Faktoren an die Schwerkraft gebunden sind und aus einem rings umschlossenen Thalkessel den Gesteinsschutt nicht zu entfernen vermögen. Die der W. eigentümlichen denudierenden Kräfte sind dagegen die chemische Verwitterung, die Insolation und in höchstem Maße der Wind (s. Denudation). Die beiden erstgenannten Faktoren zersprengen und zerkleinern das feste Gesteinsmaterial, der Wind hebt die leichtesten Partikel auf und trägt sie, solange seine Kraft reicht; je tiefer die Mulde wird, desto heftiger wirbelt der Wind darin. Eine andre Erscheinung, die ebenfalls nur durch das Wüstenklima ihre Erklärung findet, sind die sogen. Zeugen. In fast allen Teilen der W. gibt es weite Tafelgebirge, die häufig aus mehreren Stufen übereinander bestehen

Fig. 1. Zeugenlandschaft bei Guelb el-Zergour.

und mit steilen Rändern zur nächst niedern Terrasse abfallen. Kleinere Tafelberge sind ihnen vorgelagert, die einst mit den größern Massen zusammenhingen, jetzt aber von ihnen durch tiefe, bis zur umgebenden Tiefebene herabreichende Einschnitte getrennt sind. Diese Vorberge bezeichnet man mit dem bekannten technischen Ausdruck als Zeugen, da sie angeben, wie weit sich früher das Tafelgebirge als zusammenhängende Masse ausdehnte. Zeugen kommen in der W. in den verschiedensten Größen- und Höhenverhältnissen und in den mannigfaltigsten Entwickelungsstadien vor (Fig. 1). Die Bildung derselben ist vor allem von der Wechsellagerung härterer Bänke

Fig. 2. Thalsystem des untern Wadi Dugla.

mit weichern Gesteinsschichten abhängig. Die Höhe der Zeugen entspricht der Mächtigkeit der weichern Schichten zwischen zwei härtern Felsbänken. Dieselben sind verschieden hoch, je nach der Anzahl der härtern Bänke zwischen den weichern Schichten, sie sind hoch, wenn nur wenig harte Bänke vorhanden sind, und niedrig, wenn letztere häufiger auftreten. Diese Zeugen bilden das Spiegelbild der Wüstenthäler mit ihren Amphitheatern und Zirkusthälern. Die Eigentümlichkeiten eines solchen Thales läßt die vorstehende Kartenskizze eines Abschnittes des Thalsystemes [991] des untern Wadi Dugla in der Nähe von Kairo erkennen (Fig. 2). Ein Gebirgsrücken trennt das Wadi Dugla von dem Wadi Bela-mâ. In die steilen Thalgehänge des erstgenannten Wadi greifen an mehreren Stellen weite Zirkusthäler ein. Durch die Erosion des Wassers können dieselben nicht geschaffen sein, denn sie liegen gerade an solchen Punkten, wo die gelegentlichen Hochwasser nicht ihre größte erodierende Kraft ausüben. Aber auch durch die seitwärts einmündenden Bäche können sie nicht hergestellt sein, denn letztere sind viel zu unbedeutend, als daß sie einen so großen Zirkus, wie z. B. die Lyciumschlucht und das dahinter eine Stufe höher gelegene Zirkusthal, hätten erodieren können, überdies finden sich derartige Zirken an Stellen, wo überhaupt kein Nebenbach mündet. Zirkusthäler oder Amphitheater finden sich überall in der Nachbarschaft des Wadi Dugla; daß die Wassererosion nicht in erster Linie bei der Bildung derselben wirksam gewesen sein kann, zeigt besonders das Amphitheater am Nordabhang des Dschebel Turra (Fig. 3). Auch im Längsprofil unterscheidet sich ein Wüstenthal wesentlich

Fig. 3. Amphitheater am Dschebel Turra.

von einer Erosionsrinne, welche sich in regenreichen Ländern bildet. Letztere stellt von der Quelle bis zur Mündung eine zusammenhängende, wenn auch verschieden gekrümmte Kurve dar; das Wüstenthal beginnt an seinem Ursprung mit einer Steilwand und besitzt im fernern Verlauf auf weite Erstreckung hin eine auffallend gleichmäßige Sohle, die gewöhnlich durch eine und dieselbe Felsbank gebildet wird. Die Tafelberge in der Form der Zeugen wie die Thäler werden durch die Existenz von härtern Bänken bestimmt und sind Spiegelbilder, indem in dem einen Falle die Felsbank die Sohle, im andern die Krönung bildet. Faßt man alle Vorgänge, welche sich bei der Denudation in der Wüste abspielen, zusammen, so geht die Zerstörung eines Gebirgslandes in folgender Weise vor sich: Ein Tafelgebirge bestehe aus mehreren übereinander liegenden horizontalen Schichten, unter denen reiche Mergelmassen von bedeutenderer Mächtigkeit (A, C, E) mit dünnen, harten Kalkbänken (B, D) abwechseln (Fig. 4). Sobald die wenig widerstandsfähigen Mergelschichten, welche die Decke bilden, durch Verwitterung und Insolation in ihrem Zusammenhange gelockert sind, beginnt der Wind seine Thätigkeit zu entfalten und entführt die Gesteinsfragmente. Ist diese oberste Schicht entfernt, so wird die harte Kalkbank den zerstörenden Kräften einen größern Widerstand entgegensetzen, während die darunter liegende weiche Schicht leichter angegriffen wird. Hat sich erst eine Hohlkehle unter der harten Bank gebildet, so bricht diese vermöge ihres Gewichts am Rande ab, und die Trümmer bilden am Fuße der Bergwand einen Schutthaufen (Fig. 5; vgl. Fig. 1 der Tafel). Dieser Prozeß macht sich nicht an allen Punkten des Tafelgebirges in gleicher Stärke geltend, sondern je nach den lokalen Verhältnissen wird an einigen Stellen die Zertrümmerung schneller vor sich gehen als an andern. So wird das Tafelland auf allen Seiten vom Rande aus angegriffen und zerschnitten und erhält einen ausgebuchteten Umriß, wie Fig. 6 a u. b zeigen.

Fig. 4. Erstes Stadium.
Fig. 5. Zweites Stadium.
Fig. 6a. Drittes Stadium im Profil.
Fig. 6b. Drittes Stadium in Projektion.
Fig. 4–6. Äolische Abtragung eines Tafelgebirge in der Wüste.

Einzelne Zeugen deuten die ursprüngliche Ausdehnung des Gebirges noch an. Kleine Rinnsale begünstigen den Zerstörungsprozeß, fördern bei gelegentlich eintretenden Gewitterregen den herabgefallenen Schutt heraus und graben sich in das Plateau bis zur nächst tiefern Kalkbank ein. In einem weitern Stadium des Prozesses ist das Tafelland fast ganz bis auf die Ebene der Bank D abgetragen, und vielleicht nur noch ein kleiner Rest ist als Zeuge einer frühern Schichtendecke stehen geblieben. Mit diesem Zustande tritt vorläufig ein Stillstand in der Denudation des Gebirges ein, bis sich neue Angriffspunkte bieten, welche es ermöglichen, daß der Prozeß von neuem beginnt. Besonders Risse, Sprünge und Spalten, die von Dislokationen herrühren, werden die Mittel bieten, um die Denudation zu beschleunigen.

Geht dieser Prozeß ungestört vor sich, so müssen im Laufe der Zeit alle Unebenheiten verschwinden, [992] und aus der felsigen W. ist eine wellige Wüstenebene geworden, die je nachdem mit Kieseln, Sand oder Lehm bedeckt ist und als Kies-, Sand- oder Lehmwüste bezeichnet wird. Die interessantesten Erscheinungen bietet von diesen jedenfalls die Kieswüste (Fig. 7). Dieselbe ist auf weite Strecken hin entweder mit scharfkantigen Steinen bedeckt oder mit glänzenden, rund geschliffenen Kieseln übersät, zwischen denen meistens feiner Quarzsand verteilt liegt; die Farbe der kieseligen Steine ist braun oder schwarz. Der letztere Typus, den man als „Serir“ bezeichnet, ist in der Libyschen W. westlich vom Nilthal besonders entwickelt; die scharfeckigen Steine finden sich dagegen auf den Hochflächen der Hamâda in Nordafrika. Mit dem Wechsel der Oberflächenform ändert sich aber auch die Intensität der denudierenden Kräfte, die mechanische Erosion des Wassers und die chemische Verwitterung treten zurück und Insolation, Wind und Sandgebläse sind in erster Linie thätig. Durch diese Kräfte werden alle weichern Gesteinsmassen fortgeschafft, nur die widerstandsfähigsten bleiben zurück und häufen sich in immer größern Massen an. Zu letztern gehören aber vor allem die Kieselgerölle und der Quarzsand. Härteunterschiede finden sich nun in

Fig. 7. Kieswüste.

den in der W. abgelagerten Formationen ebenso zahlreich wie in allen andern Gegenden, sie werden bedingt durch Einschaltung von härtern Kalkschichten, Konkretionen, Versteinerungen u. dgl. Diese härtern Partien werden aus der weichern Umhüllung allmählich herausgeschält und bilden, indem sie sich immer dichter anhäufen, jene Kiesflächen, die in der Libyschen W. als Serir bekannt sind. Der Serir ist also nichts weiter als eine durch Sandgebläse eingeebnete Felsmasse, deren einstiger, vielverteilter Gehalt an Kieselgesteinen gesammelt zurückblieb, während alle weichern Felsteile zerstört und entführt wurden. Aber selbst diese härtern Teile unterliegen noch in eigentümlicher Weise der fernern Einwirkung des Sandgebläses, indem sie poliert und abgerundet werden. Das Material, vermittelst dessen diese Erscheinungen hervorgerufen werden, liefert der zwischen den Steinen verteilte Quarzsand. Bei scharfem Winde wird derselbe gegen die Kieselsteine geschleudert, wodurch letztere geglättet und gerundet werden. Dadurch erhalten alle Steine mit der Zeit das Aussehen, als wenn sie mit Firnis oder Fett überstrichen wären. Dieser abschleifenden Wirkung des Flugsandes arbeitet die Insolation entgegen. Durch die starke Erwärmung der Steine bilden sich Sprünge in denselben, welche mit der Zeit den Stein zersprengen und in scharfkantige Stücke zerlegen. Je nach dem verschiedenen Widerstand, welchen ein Gestein der Insolation oder dem Sandgebläse entgegensetzt, entstehen in der Kieswüste die verschiedenen Typen in der Form der Steine. Bei dem Serir ist es die Abrundung durch den Sand, bei der Hamâda das Zersprengen in scharfkantige Stücke, welche überwiegt. Fig. 1 der Tafel zeigt die Wirkungen der Deflation, wie sie in der Nähe der Pyramiden von Gizeh beobachtet werden, in der Ausfurchung einer Hohlkehle in der weichern Gesteinsschicht, über welche die härtere Kalkbank hinwegragt. Fig. 2 der Tafel stellt einen Porphyrgang im Granit des Wadi Feirân dar, der durch Insolation in einen Haufen scharfkantiger Steine zerfallen ist. Häufig werden die ganz von Sprüngen durchsetzten Blöcke nur durch den umgebenden Sand noch zusammengehalten und würden bei einer Lagenveränderung der Umhüllung sofort in Stücke zerfallen. Eine auffallende und noch nicht genügend erklärte Erscheinung ist die braune bis schwarze Farbe, welche sich auf vielen Steinen und Felsen der W. findet. Sie bildet sich auf Kalk so gut wie auf Kieselgesteinen und hat die Folge, daß die mit ihr versehenen Steine härter und widerstandsfähiger sind als andre, welchen diese Farbe fehlt. Mit den durch die Verwitterung bedingten Vorgängen steht diese Erscheinung nicht in Verbindung, sie bietet im Gegenteil den Steinen einen Schutz gegen die Angriffe der Atmosphärilien und kann deshalb am besten als Schutzrinde aufgefaßt werden. Die Bildung dieser Schutzrinde ist in allen Wüstengebieten der Erde sehr verbreitet und steht mit der Eisenfarbe des Gesteins in keiner Beziehung, farbige Sandsteine tragen die braune Rinde in gleicher Weise wie gelber Kalk oder weißer Feuerstein. Dagegen waltet eine bestimmte Beziehung ob zwischen der Intensität der Färbung und dem Kieselsäuregehalt des Gesteins, insofern als die Farbe um so dunkler, je reicher das Gestein an Kieselsäure ist. Eine chemische Analyse einer solchen Rinde auf Sandstein ergab als wesentliche Bestandteile Eisenoxyd und Manganoxydul. Im allgemeinen ist Kalk hell bis dunkelgelb, Sandstein und Dolomit dunkelbraun, mancher Granit, Jaspis, Feuerstein schwarz gefärbt. Häufig kann man auch die Beobachtung machen, daß an freiliegenden Blöcken die obere, dem Sonnenlicht ausgesetzte Seite dunkler gefärbt ist als die beschattete Unterseite. Daraus kann man wohl schließen, daß die braune Schutzrinde eins durch das Wüstenklima bedingte Erscheinung ist, deren Bildung noch gegenwärtig vor sich geht; die Felsenblöcke in den Steinbrüchen von Turra, aus denen das Material zum Bau der Pyramiden von Gizeh genommen wurde, haben im Laufe von vier Jahrtausenden die Bräunung angenommen, und an den Felsquadern auf dem Gipfel der Cheopspyramide zeigen sich die ersten Anfänge einer solchen Bildung. Höchst sonderbar ist nun aber, daß an vielen Stellen diese oberflächliche Schutzrinde durch einen spätern Vorgang wieder entfernt wird, wodurch eine ganz merkwürdige Erscheinung bedingt ist. Durch einen unerklärlichen Vorgang werden nämlich vertikale Streifen von der braunen Kruste losgelöst, an denen die in der W. stets vorhandenen Kräfte der Insolation, des Windes und Sandgebläses von neuem ihre Arbeit beginnen. So entstehen immer tiefer werdende Mulden, welche sich im Innern des Felsens seitlich erweitern. Vereinigen sich mit der Zeit mehrere benachbarte Höhlen, so bildet sich hinter den stehengebliebenen gebräunten Säulen ein langer Gang, der durch eine Reihe von Löchern mit der Außenwelt in Verbindung steht. Die ganze Erscheinung ist nicht unähnlich einem Tunnel, der im Innern einer Felswand sich hinzieht und von dem aus wie bei der Achsenstraße Löcher seitwärts durchgebrochen sind. In solcher Weise sind oft hohe Felswände auf eine Entfernung von Kilometern in mehreren Reihen übereinander von Höhlen und Gängen durchbrochen. Die Weite der Gänge und Löcher ist verschieden, bisweilen aber [993] derart, daß ein Mensch im Innern gebückt gehen könnte. Auf ähnliche Ursachen ist die Bildung von sonderbaren Felsgebilden zurückzuführen, welche man wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Form der Pilzschwämme als Pilzfelsen bezeichnen kann (Fig. 3 der Tafel). Ein mächtiger Block ruht auf schlanker Basis, über die er mit ausgehöhltem Rande weit hinausragt. Freiliegende Blöcke werden am Fuße durch Sandgebläse und Verwitterung leicht angefressen und gerundet, während die Oberseite durch die Schutzrinde gegen derartige Angriffe besser gesichert ist. Doch auch hier entstehen durch einen ähnlichen Vorgang wie bei der Bildung der Säulengalerien Stellen, an denen die Kruste durchlöchert wird. So entstehen die auf der Tafel abgebildeten Pilzfelsen mit weit überhängendem ausgezackten Rand. Es sind Kalkfelsen, etwa 5 m hoch und ebenso breit, welche aus einer größern Felsmasse herausgeschält sind. Der braune Hut ragt fast 1 m über den weißen Stiel hervor. Eine Begleiterscheinung der Kieswüste ist das verkieselte Holz, dessen berühmteste Fundstelle auf der Ostseite des Mokkatamgebirges der sogen. große versteinerte Wald ist. Hier findet man zwischen braunen, vom Sande gerundeten Kieseln auf hügeligem Boden Bruchstücke der Nicolia aegyptica in großer Zahl und von verschiedener Größe herumliegen; in einzelnen Fällen bewahren die Stücke noch so weit den Zusammenhang, daß man die Länge der Stämme auf 25–27 m bestimmen kann. Wurzeln und Äste werden ebensowenig wie Rindenstücke gefunden (Fig. 4 der Tafel). Die Hölzer liegen in jungtertiären Ablagerungen und sind durch eine 1000 m mächtige Schicht von Kreide und Eocän von einer ältern Ablagerung, dem sogen. nubischen Sandstein, getrennt, in welcher sich ebenfalls versteinertes Holz vorfindet. Eine Identität beider fossilen Holzarten ist nicht nachgewiesen. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um Sandstein, in welchen die Hölzer gebettet sind, doch haben beide Ablagerungen verschiedene Eigenschaften. Für die Hölzer des nubischen Sandsteins ist es höchst wahrscheinlich, daß die Baumstämme beim Wandern der Dünen vergraben und abgebrochen wurden und später von schwachen Kiesellösungen durchtränkt wurden. Der jüngere, nacheocäne Sandstein ist dagegen ein durch Kieselsinter verkitteter Wüstensand, der gleichzeitig mit der Ablagerung der Hölzer entstand. Die Verkieselung der letztern geschah durch stetig zufließendes kieselhaltiges Wasser von Geisern oder heißen Quellen, welches in dem Holz kapillarisch in die Höhe steigt und an der Luft verdunstet. In der ägyptischen W. sind nun zwar bisher keine thätigen Geiserquellen gefunden worden, doch ist immerhin bemerkenswert, daß in der Provinz Constantine heiße Quellen sprudeln.

Während die Kieswüste, sei sie als Serir oder als Hamâda ausgebildet, ungemein eintönig ist, zeigt die Sandwüste infolge der leichtbeweglichen Sandanhäufungen eine reicher gegliederte Oberfläche. Der Sand selber ist von verschiedener Farbe, Korngröße und Beschaffenheit, besitzt meist eine helle, reine Farbe und ist mehr oder minder mit Thonstaub vermischt. Wegen der Ähnlichkeit mit dem Dünensand der Meeresküsten kam man zu der irrigen Ansicht, daß die Sahara ein ausgetrocknetes Meer und der Wüstensand Meeressand sei. Als sich dann bei näherer Erforschung der Sahara herausstellte, daß der von Sand bedeckte Teil der W. verhältnismäßig gering sei, so ging man dazu über, in dem nubischen Sandstein die Quelle alles Wüstensandes zu sehen. Indes ist es einerseits Thatsache, daß der Sandstein in der W. oberflächlich nicht stark verwittert, anderseits ist wahrscheinlich der nubische Sandstein selbst eine Wüstenbildung. Dagegen weisen alle kristallinischen Gesteine in der W. eine weitgehende äußere Zersetzung auf, die nicht etwa chemischen Vorgängen ihre Entstehung verdankt, sondern rein mechanisch ist. Dabei kommt vor allem der dem Wüstenklima eigentümliche schroffe Temperaturwechsel in Betracht. Die drei Hauptbestandteile des Granits, der weiße Quarz, rote Feldspat und schwarze Glimmer oder Hornblende, besitzen eine verschiedene spezifische Wärme und dehnen sich infolgedessen in verschiedenem Grade aus.

Fig. 8. Zerbröckelter Granitsand.
Fig. 9. Grobkörniger Quarzsand.
Fig. 8 u. 9. Proben von Wüstensand.

Das Umgekehrte findet in der Nacht statt, wenn die Gesteine infolge der Wärmeausstrahlung sich wieder zusammenziehen. So kommt es, daß die kristallinischen Gesteine oberflächlich zerbröckeln und zu Granitgrus werden. Fig. 8 und 9 stellen einige Proben von Wüstensand dar, die auf einer schwarzen und weißen Fläche ausgebreitet sind; erstere ist scharfkantiger Sand, welcher am Sinai aus der Zerbröckelung von Granit entsteht, die andre ist eine gröbere Art reinen Quarzsandes, die bei den Pyramiden gesammelt wurde. Sind einmal die Mineralien voneinander getrennt, so werden sie durch Insolation weiter in kleinere Stücke zersprengt und durch das Sandgebläse zerrieben. Der Wind hält alsdann Auslese unter den verschiedenen Bestandteilen, entführt den Glimmer auf weite Entfernungen, zerkleinert den Feldspat zu Thonstaub, der die Luft beim Samum so verdunkelt, daß tagelang die Sonne unsichtbar bleibt. [994] Während der Quarzsand auf die W. beschränkt ist, wird der Thonstaub erst dort festgehalten, wo die Kraft des Windes nachläßt oder der Boden mit Vegetation bedeckt ist, d. h. in den die W. umgebenden Steppenländern. W. und Steppe stehen somit in genetischem Zusammenhang, die Steppe ist oft ein Kind der W. Man kann somit mit Fug und Recht sagen, daß die Entstehung des Wüstensandes in erster Linie von Kräftewirkungen abhängig ist, die dem Wüstenklima eigen sind. Unter dem Einfluß des Windes wird der Sand zu Dünenwellen zusammengeweht, welche in der Regel quer zur herrschenden Windrichtung stehen. Außer der Kraft und Richtung des Windes kommen für die Bildung der Dünen noch die Konfiguration des Bodens und der Sandgehalt des Windes in Betracht. Jedwedes Hindernis, das sich dem Sand führenden Winde entgegenstellt, genügt, um zur Entstehung einer Düne Veranlassung zu geben. Hat sich einmal eine Dünenwelle gebildet, so gibt diese wieder einen Sandfänger für den neu herbeigeführten Sand ab, und so reiht sich Dünenzug an Dünenzug, die zusammen endlich ein mit parallelen Dünen bedecktes Sandmeer bilden. Die Menge des vom Wüstenwind geführten Sandes ist nach darüber angestellten Beobachtungen eine ganz beträchtliche. Bei der Rohlfsschen Expedition war nach einem Sandsturm der Boden mit einer 26 cm hohen, frisch gebildeten Sandschicht bedeckt. Ein Wind, der solche Sandmassen fortzuführen vermag, muß aber auch die Form der Dünen verändern können. An gewissen Dünen sind Veränderungen in der Höhe in größerm oder geringerm Maßstabe beobachtet worden, von andern ist es bekannt, daß sie wandern, wieder andre haben aber zweifellos seit langem weder Gestalt noch Lage verändert. Die größten und mächtigsten Dünen befinden sich in den zentralen Gebieten der Sahara. Die gewöhnlichste Form der Dünen ist die langgestreckter paralleler Kämme, welche nur geringe Krümmungen erkennen lassen. Zwischen denselben führen fast geradlinige Straßen hin, deren sich die Karawanen bedienen. Jede Düne hat eine dem Winde zugekehrte, harte und daher leichter zu ersteigende Seite und eine dem Winde abgekehrte Seite, auf welcher der Sand so lose liegt, daß man bis über die Knöchel einsinkt. Beide Seiten sind durch einen scharfen, wie mit einem Messer geschnittenen Grad getrennt. Außer diesen geraden Dünen finden sich auch häufig isolierte rundliche Sandhügel. Die Beduinen der Libyschen W. unterscheiden folgende Arten von Dünen:

Ramle Sandebene    
Sif langgestreckte Sandhügel.
Kelb runde
Kibsch ovale

Daneben kommt noch eine andre Form der Dünen vor, die auch ziemlich weit verbreitet ist, und die man im Gegensatze zu den geraden Dünen als „Bogendünen“ bezeichnen kann. Im mittlern Arabien in der Nefûd heißen diese gekrümmten Dünen „Fuldjes“. Es sind Löcher von verschiedener Tiefe und Größe, welche die Form eines Pferdehufes haben. Die Zehe ist in der Nefûd stets nach Westen gerichtet, hier befindet sich auch die tiefste Stelle, während nach dem Hacken zu die Tiefe allmählich abnimmt, bis schließlich der Boden der Oberfläche der W. gleichkommt. Zu beachten ist, daß die Fuldjes in Reihen angeordnet sind, daß sie

Fig. 10. Verbreitung der Gebiete mit einer jährlichen Regenmenge unter 22 ccm.

sich ferner in einem Gebiet befinden, dessen Sand von dem der geraden Dünen verschieden ist, daß endlich nur besonders heftige Sandstürme den Sand der Nefûd zu bewegen vermögen. Diese Umstände machen es wahrscheinlich, daß die Fuldjes nichts andres sind als gekrümmte Dünen, deren besondere Form durch bestimmte Sand- und Windverhältnisse bedingt ist. Solange die Bedingungen, welche eine Düne bildeten, nämlich die Bodengestaltung, Richtung und Stärke des Windes und die Sandzufuhr dieselben bleiben, beharrt die Düne an ihrer Ursprungsstelle, sobald sich aber eine dieser Bedingungen ändert, verändert sich und wandert die Düne.

Als vierter Typus der W. wurde die Lehmwüste genannt. Dieselbe ist auf geringere Räume beschränkt und findet sich überall da, wo durch eine negative Strandverschiebung eines Meeres früherer Meeresboden bloßgelegt und in W. verwandelt ist. Der dieselbe bildende Meeresschlamm ist mit Gips und Salz durchzogen. Ersterer kristallisiert zwischen dem Thon aus, das Salz aber wird infolge seiner Hygroskopizität wenigstens in den tiefern Lagen nur selten ganz trocken. Die Oberfläche der Lehmwüste ist daher meist mit trockenen zersprungenen Thonschollen bedeckt, darunter befindet sich jedoch ein glitschiger feuchter Thonboden. Diese besondere Art der Entstehung bedingt die Verbreitung der Lehmwüste, dieselbe zieht sich an der Küste des Mittelmeeres hin und ist besonders [995] im Gebiete der sogen. Schotts südlich von Tunis verbreitet. Doch auch im Innern des Erdteils kommen ähnliche Bildungen vor, so in den Depressionen der Sahara, wo die Seen durch Verdunstung zur „Sebcha“ werden, d. h. es bildet sich eine harte Oberfläche mit schlammiger, sumpfiger Unterlage. Das Vorkommen von Salz im Innern der Sahara kann aber nicht als Beweis für die Existenz eines diluvialen Saharameeres angeführt werden; es ist allerdings marinen Ursprunges, aber nicht etwa als Niederschlag des Meerwassers anzusehen, sondern aus den marinen Sedimenten der W. durch die gelegentlichen Regengüsse und Quellen ausgelaugt. So kommt es, daß gerade in den Depressionen, nach denen die seltenen Gewitterbäche strömen, um daselbst zu versiegen, sich Salz ansammelt. Die jüngsten marinen Sedimente gehören dem Miocän an, seit dem Verschwinden des miocänen Meeres ist also Nordafrika vom Meere entblößt und seit dieser Zeit W. gewesen.

Wie die kleine Kartenskizze erkennen läßt (Fig. 10), ziehen sich zwei Zonen vegetationsloser Gebiete rund um die Erde, von denen diejenige der nördlichen Halbkugel stärker entwickelt ist. Beide sind zwischen die heiße und gemäßigte Zone eingeschaltet. An die Sahara schließt sich im O. die syrisch-arabische W., dann folgen die Wüsten von Turkistan und Persien, die W. Thurr in Nordindien und endlich die Steppen- und Wüstenregion von Gobi und Nordchina. In Nordamerika liegen in gleicher Breite die kalifornische und mexikanische W. Entsprechend der geringern Landmasse der südlichen Halbkugel ist auch die W. hier auf kleinere Gebiete beschränkt, auf die Südwestseite Afrikas, das Innere Australiens und die Westküste Südamerikas. Die geographische Verbreitung der Wüsten- und Steppengebiete zeigt, daß dieselben nicht regellos über die Erde zerstreut sind, sondern, von bestimmten klimatischen Faktoren abhängig, eine bestimmte geographische Lage besitzen. Wie unter bestimmten klimatischen Bedingungen sich Gletscher bilden und über weite Regionen ausbreiten, ebenso überschreiten auch die Wüsten ihre Grenzen. Jede Veränderung der Klimazonen auf der Erde hat, wie eine Verschiebung der Eismassen, so auch eine Verschiebung der Wüstengürtel zur Folge, und wie man von fossilen Gletschergebieten spricht, so kann man vom geologischen Standpunkt auch von fossilen Wüsten reden. Vgl. Walther, Die Denudation in der W. (aus den „Abhandlungen der königl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften“, Leipz. 1891).