Madera
Und zum Schlusse dieses Festes
Kosten wir ein Glas Madera.
Süß und traurig: zum Gedächtniß
Aller unglückselgen Liebe.
Er, ein edler Britten-Jüngling.
Sie, die Tochter stolzer Eltern,
Beide liebten sich, doch traurig.
Hingeworfen ins Gefängniß
Schmachtete der edle Machin;
Doch sein Herz blieb unverändert.
Und des jungen Mannes Freunde
Rüsten ihm ein Schif am Ufer,
Ihm die Braut in seine Arme.
Willig folget ihm die treue
Anna d’Arfet in die Wellen.
Liebe Wellen, rauschet glücklich!
Hin nach Frankreichs holdem Ufer
Steuern sie mit Macht und Kräften;
Doch die Küste schwindet traurig,
Traurig seufzen alle Winde.
Schweben sie auf ofnem Meere;
Ohne Weg’ und ohne Rettung,
Rette sie, geliebte Liebe!
Da ging ihnen auf der Freude,
Sieh, ein nahes schönes Eiland,
Namlos — jetzo heißt’s Madera.
Neue Vögel, neue Bäume,
Schöne Thäler, holde Hügel
Fliegen freundlich um ihr Segel.
»Ach, es ist der Sitz der Liebe
Spricht das freudetrunkne Mädchen
Mitten unter wilden Wellen
Ferne von Europa’s Ufer,
Von dem unglückselgen Ufer
Eine der glückselgen Inseln
Aus den alten Fabelzeiten.«
Grüssend die geliebte Küste.
Die krystallne Wasserwoge
Kömmt, und spielt um ihre Füße.
Wilde Thiere kommen schmeichelnd,
Tausend Nachtigallen singen
Ihnen Lobgesang der Liebe.
Und sie finden ein verborgnes
Schönes Thal, von dichten Bäumen
Wie ein Paradies der Liebe.
»Hier, Geliebter, spricht das Mädchen,
In dem Tempel laß uns wohnen;
Unter diesem heilgen Baume
Und ein böses Schicksal hörte
Den schuldlosen Wunsch der Schönen;
Wütend kam ein harter Sturmwind,
Und riß los das Schiff vom Ufer,
Stieß es an Marokko’s Küste;
(Alle armen Christenseelen
Wurden da der Mohren Sklaven.)
Leidend sah das weiche Mädchen
Sah allein sich auf der Insel,
Sah den Vielgeliebten traurig —
»Unter diesem heilgen Baume
Will ich ruhn, des Lebens müde!«
Und verschied am dritten Tage;
Ihr und sich erbaut der müde
Robert nun fortan ein Grabmahl
Unter dem geliebten Baume,
Eine Tafel auf dem Grabe
Nannte ihrer beider Namen;
Sprach, erzählend die Geschichte.
Sprach mit ilehnden Worten also:
Je ein Christenpilgrim findet,
O! so weih’ er unserm Grabe
Eine Thrän’ und einen Tempel.«
Als darauf nach manchen Jahren
Wiederfanden diese Insel,
Und auf ihr das Grab der Liebe,
Weihten sie dem treuen Paare
Ein Gebet und einen Tempel;
Und der Hafen heißt Machino.