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Maienblasen in Innsbruck

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: J. C. Platter.
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Titel: Maienblasen in Innsbruck
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 293, 323
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[293]

Das Maienblasen auf dem Stadtturm in Innsbruck.
Nach einer Skizze von F. Menter gezeichnet von Fritz Bergen.

[323] Maienblasen in Innsbruck. (Zu dem Bilde S. 293.) Wie in anderen deutschen Städten, so wird auch in der tirolischen Landeshauptstadt Innsbruck der erste Tag des Wonnemonats Mai nach alter Sitte mit Musikklängen freudig begrüßt. Und zwar ist hierfür seit jeher der malerische, altersgraue Stadtturm ausersehen, von dessen Rundgalerie am ersten Mai in früher Morgenstunde die Musik hinausdringt über die Dächerreihen ins freie Land und hinauf zu den Bergen, welche das grüne Innthal umkränzen.

Ringsum liegt noch alles in stiller Ruhe, kein Wagengerassel in den Straßen und Gassen, wenig Menschen begegnet man auf den Bürgersteigen, die breite Innbrücke zeigt sich fast gänzlich öde und leer, da knarrt hoch oben in dem fast sechzig Meter bis zur Spitze messenden Stadtturm das Pförtchen zum äußeren Rundgange, und bald nachher tönt die Melodie des „Mailüfterl“ frisch und fröhlich in den sonnigen Morgen hinaus. Aus dem Erkergemach über dem Rundgang streckt Vater Oelhofer, der nun schon bald fünfundzwanzig Jahre lang als sturmerprobter Turmwart hier oben in luftiger Höhe haust, seinen Kopf durch das kleine Fenster und raucht als buchstäblich „höchste“ Persönlichkeit im Auditorium dieses Maienkonzertes ein Morgenpfeifchen, während bald da, bald dort in der Nachbarschaft ein Fenster sich öffnet und Tücher gegen die Turmgalerie geschwenkt werden als Begrüßung sowohl der Maienmusik, als auch des lange ersehnten Wonnemonats selbst.

Eine weitere, gewiß „hochgeborene“ Persönlichkeit – da deren Wiege hier oben hoch über dem Getriebe der sonstigen Innsbrucker Menschheit stand – finden wir auf unserem Bilde in des Turmwarts freundlichem Töchterlein, das wohl besonders sich freuen mag, das Alltagsleben auf der Hochwarte der Stadt, nach der langen, eintönigen Winterszeit, durch das melodische Liederkonzert der schmucken Musikanten unterbrochen zu sehen. Von der Umgebung grüßt zunächst unten am alten Stadtplatze der Erker an der einstigen Innsbrucker Herzogsburg mit dem goldenen Dachl zur luftigen Turmgalerie herauf, weiter draußen spannt sich die Innbrücke über den vielbesungenen Alpenfluß, und rings um die von mancherlei spitzen Kuppeltürmen überragten Häuserreihen erheben sich die Berge in all ihrer stolzen Pracht, ernst und wild, starr und schneebedeckt, indes vor den Thoren thalauf und -nieder und im nahen Mittelgebirge schon alles grünt und blüht in voller Frühlingsherrlichkeit.

Die Lieder sind bald verklungen, und nun wird’s wieder still und einsam im Turme bis zur Reisezeit im Sommer; dann steigen von den vielen tausend Alpenfahrern, welche die schöne tiroler Hauptstadt besuchen, alltäglich Dutzende zum Stadtturm hinan, da dessen luftiger Rundgang eine reizend schöne Fernsicht auf Stadt und Land, über Berg und Thal gewährt, ein Landschaftspanorama, wie es sonst eben nur auf entfernteren Höhen sich bietet. J. C. Platter.