Maria von Medicis in Köln
Sie, die einst Fürstin – eine Königin,
Nun fern der Heimat – eine Bettlerin!
Aus stolzem Mediceer-Blut entsprossen
Und Herrscherin auf Frankreichs hohem Thron,
Vom Purpur wallend die Gestalt umflossen:
Das war Maria in vergangner Zeit –
Doch jetzt – wo ist die einst’ge Herrlichkeit?
Jetzt irrt sie obdachlos von Land zu Lande.
Zu blut’ger Ernt’, von blut’ger Hand gemäht,
Die ihr gereift zum Fluche und zur Schande.
Der eigne Sohn war’s, der sie kalt verstieß –
Das ist die Schreckensmacht der Nemesis,
Die Tyrannei stürzt fremde Tyrannei,
Schleppt immer neue Ketten nur herbei,
Bis daß ein Volk erstarkt sie zu zerbrechen.
Aus England und aus Holland selbst vertrieben
Betritt sie Köln, die heil’ge Stadt am Rhein;
Unwillig schaut der deutsche Bürger drein,
Und ist doch treu dem heil’gen Gastrecht blieben.
Doch manchmal wogt ein zürnendes Gewühl
Mutwillig höhnend unter ihrem Fenster.
Dann flieht erschreckt sie in ihr Schlafgemach –
Ein Heil’genbild, ein reuevolles Ach!
Da naht ein Julitag, der sie erlöst,
Sie betet, daß der Herr sie nicht verstößt,
Sie nicht in ihren Sünden läßt verderben;
An ihrem Lager steht der Nuntius,
Das heil’ge Oel benetzet sie im Sterben.
Ob Frankreich auch die Lebende verstieß,
Die Königsleiche fordert doch Paris
Und holt sie ein mit königlichen Ehren.
In einem Schrein von wohlgegossnem Erz,
Noch die Erinnerung an sie zu nähren
Doch Kölner Bürger nannten’s eitel Lug
Es wagte niemand je sie zu erneun:
Ein Volks-Urteil wie Gottes-Urteil scheun
War Recht in Köln, der Stadt vom heil’gen Grale.
Und trittst Du jetzt in den erhabnen Bau,
So zeigt man dir in dem Drei-Königs-Chore
Die Nägel nur, wo einst die Platte war –
Dir graut – als blickte eine Geisterschar
Herab vom Gold und Purpur der Empore.