Med. Topographie Gmuend:105

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Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
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am hitzigen Nervenfieber; eine andere an der Auszehrung mit Unterleibsverhärtungen, und ein Kind am Scharlachfieber.

Der December hatte in der ersten Hälfte meistens heitre und kalte Tage, dann aber folgten mehr regnerische mit abwechselnden Schneegestöber und naßkalten Frösten; erst gegen Ende desselben trat anhaltende Kälte mit bleibenden Schnee ein, die auch den kommenden ganzen Januar andauerte. Der Nord- und Nordostwind war der herrschende; der Barometerstand war sehr unbeständig, der höchste war 28″. 1‴, 0, und der tiefste 26″. 12‴, 0. Die größte Kälte hatten wir am 31ten –1°, des Morgens –4°, die geringste am 5ten +6°. Das Scharlachfieber schien jetzt herrschender zu werden, und verrieth auch häufig noch einen mehr nervösen Charakter durch gleich anfängliche große Schwäche, blasse Farbe des Kranken, durch frühzeitig sich einstellende Delirien mit meistens unbedeutend scheinender Angina und unregelmäßigen, auf die geringste Veranlassung verschwindenden Ausschlag, Verschlimmerung der Zufälle, gefährliche Metastasen und schnellen Tod. Es waren daher auch gleich anfangs mehr volatische und reizend stärkende Mittel, besonders Camphorata, nebst gleichzeitig äußerlich angewandten Sinapismen und Zugpflastern indizirt. In den Witterungskrankheiten war anfänglich mehr der rheumatisch-entzündliche, später dann der rein entzündliche Charakter, wie auch in den nächst folgenden Januar übergieng, prädominirend, und Pleuresien, Hals- und Lungenentzündungen, hitzige Rheumatismen waren meistens die herrschenden Krankheitsformen, welche

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zu Ende des Monats ein ganz phlogistisches Heilverfahren erforderten, so wie auch in den mehr oder weniger vorkommenden Katarrhfiebern in der Erste ihres entzündlichen Charakters wegen eine gleiche Heilmethode, und zuletzt nur gelind auflösende und diaphoretische Mittel indizirt waren. Von chronischen Uebeln kamen am häufigsten die Lungensucht, die Wassersucht und das schleimichte Asthma vor, welche übrigens im ganzen Jahr hindurch unsre meisten chronischen Krankheiten sind, und letzteres sahe ich in einem besondern hohen Grad mit den heftigsten Erstickungsanfällen bey einem ziemlich korpulenten Mann mittlern Alters mit offenbaren Anzeigen der sich bereits bildenenden Brustwassersucht entstehen; die Füße und die linke Hand waren schon hoch angeschwollen, und der Abgang eines röthlich trüben Urins sparsam, der Kranke konnte weder horizontal, noch auf einer Seite liegen, ohne die größte Beängstigung zu bekommen; die ödematösen Geschwülsten verloren sich zwar beym gleichzeitigen Gebrauch zweckmäßigen Diuretica mit den andern indizirten Mitteln nach und nach gänzlich, ohne daß jedoch der natürliche Urinabgang dabey kopiöser als zuvor war, ja man sahe denselben vielmehr noch sparsamer werden; dagegen geschahe es aber, daß diese ganze Zeit hindurch eine Menge urinöser Feuchtigkeiten in den Weichen und der Blasengegend ausschwitze, so daß das Hemd beständig stark näßte, und deßwegen öfter gewechselt werden mußte; erst nach einem Monat und noch später fieng der Urin wieder an seinen natürlichen Weg und in gehöriger Menge abzugehen, nachdem inzwischen die Gesundheit und Kräfte zurückkehrten. Während