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Allgemeines Deutsches Kommersbuch:295

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Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
Seite 588, 589
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[588]

     2. Und als man rüstet auf Weihnachtszeit, da war der Neckar
gefroren, da stund ein Mann im Pilgramskleid wohl vor des Pfarrhofs
Thoren:

     3. „Herr Pfarr, Ihr sollt mir Indulgenz und sollt mir Ablaß
spenden, daß sich mein arm trübtraurig Herz zu neuer Freud mag
wenden.

     4. Herr Pfarr, es war nicht wohlgethan, von Heidelberg zu scheiden,
man trifft halt doch kein zweites an, so weit man auch mag reiten.

     5. Bis hundert Stunden hinter Lyon bin ich ins Frankreich
kommen, manch gutes Frühstück von Austern und Sekt hab ich zu mir
genommen.

     6. Ich hab zu Marseille im Café Türk unter Heiden und
Mohren gesessen, ich hab am Pyrenäengebirg Lauch und Garbanzos
gegessen.

     7. Noch saust der Kopf mir, wenn ich gedenk der Seealpenmaid
Filumene, zigeunerbraun Antlitz, kohlschwarzkraus Haar, wie Elfenbein
glänzend die Zähne.

     8. Doch verpecht und verschwefelt ist alles Land, ohne Freunde
und Lieder und Liebe, vom Fieber geschüttelt und abgebrannt kehr ich
heim aus dem fremden Getriebe.“

     9. Der Pfarr von Ziegelhausen sprach: „Wohlauf, bußfertige
Seele, mit goldenem Wein vom Nierenstein salbe dir Lippen und Kehle.

     10. Zu selbigem Wein drei Tag, drei Nacht in dunkelen Keller dich
schließe und halt bei den Fässern trinkend Wacht, daß Gnade sich
über dich gieße.

     11. Im Hofe von Holland besuche sodann die geistlichen Übungen
fleißig, und Donnerstags als letzter Mann dem nächtlichen Chorus
entreiß dich.

     12. Dann wird der Himmel ein Zeichen thun, er läßt keinen
Büßer verderben, ein lichtes Weingrün, ein dunkles Rot wird Nase
und Stirn dir färben.

     13. Und prangt dein Gesicht in solchem Ton, dann wird dein
Trübsinn sich hellen, dann magst du, o langverlorener Sohn, den
alten Freunden dich stellen.

     14. Wir sind die Alten; noch klingen beim Wein die Lieder von
damals zu Berge, vom Spatzen und vom Stieglitz fein und der
sommerverkündenden Lerche.

     15. Wir sind die Alten; wir haben dich gern, laß das Herz nicht
von Kummer umnachten. Und hätt’st du doch ärger gelumpt in der
Fern, ein Kalb auch würden wir schlachten!“

     16. Da seufzte der Pilgram mit Thränen im Aug: „O Pfarr
von Ziegelhausen, wie ihr, gottwohlgefälliger Mann, sprach keiner mit
mir da draußen.

     17. Nun soll die Welt mit ihrer Pracht meinen Rücken besehen
[589] für immer. — O Heidelberg, leuchtender Stern in der Nacht, dich laß
ich nun und nimmer!“

J. V. Scheffel. 1856.

(Hier nach Originalmitteilung im ursprünglichen Sinne. Im „Gaudeamus“ Rück=

sichten halber nach Aßmannshausen abgelenkt.)


          651.     Naus!.     (II. 51.)

     Mäßig bewegt. V. E. Becker.

     1. Der Rö=mer=ad=ler hielt den Rhein in sei=nen star=ken
Fän=gen, und Kai=ser Pro=bus bau=te Wein an
al=len Berges=hängen. Es streck=ten nach dem Schwerte die
Hand die Deutschen aus und brummten in die Bär=te: Naus! naus!
naus! Naus! naus! naus!

     2. Da sprach mit List die weise Frau beim Fest der Sonnen=
wenden: Geduld! Lasst erst den Rebenbau das Römervolk vollenden.
Füllt süßer Most die Schläche mit gärendem Gebraus, dann, Kinder,
werft die Gäuche naus! naus! naus! Naus! naus! naus!

     3. Des weisen Weibes Runenreim behagte baß den Leuten; sie
tranken aus und gingen heim zu ihren Bärenhäuten. Es schlief
jedweder Brave den Sonnenwendrausch aus und lallte noch im Schlafe:
Naus! naus ec.