Noch ein Vermißter
[392] Noch ein Vermißter. Es geht uns aus Wendtshof an der Oder folgender Brief zu:
„Hier im Orte lebt ein alter Hirt, dessen einziger Sohn und gleichzeitig seine Stütze, Karl Luckow, den letzten Feldzug als Husar bei der dritten Escadron des brandenburgischen Husaren-Regiments (Ziethen-Husaren) Nr. 3 (2. Armee, 6. Division, 15. Cavallerie-Brigade) mitmachen mußte.
Am 27. August 1870 bekam der alte Luckow eine einfache ‚Feldpost-Correspondenzkarte‘ zugeschickt, auf der mit Bleistift folgende Nachricht verzeichnet war:
‚Hierdurch benachrichtige Sie, daß Ihr Sohn Luckow seit dem 16. d. Mts. vermißt ist.
- Bivouac bei Doncourt, d. 21. 8. 70. Schultz,
Wachtmeister der 3. Escadron.‘
Etwas Näheres hat der alte Mann niemals über seinen Sohn erfahren, er hofft aber, da ihm von dem Regimente weder Todtenschein noch etwas Anderes zugegangen, noch immer, daß sein Sohn irgendwo auftauchen werde. Möglicher Weise ist er, verwundet und gefangen, in Metz gestorben.
Da mich der alte Luckow dieser Tage mit dem Obigen bekannt machte und ich aus Erfahrung weiß, daß die Gartenlaube durch ihre große Verbreitung in vielen Fällen Aufklärung in ähnlichen Lagen gebracht, so erlaube ich mir im Namen des alten Vaters die ergebene Bitte auszusprechen, in einer der nächsten Nummern einen Aufruf zu erlassen, dahin gehend, ob einer der Regimentscameraden den Husaren Karl Luckow am 16. August hat fallen oder gefangen nehmen sehen.
Der alte Mann stützt auf diese meine Bitte seine ganze Hoffnung, um endlich von dieser peinlichen Ungewißheit über das Schicksal seines Sohnes erlöst zu sein.
Mit aller Hochachtung ergebenst.