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Novemberstürme

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Textdaten
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Autor: Albert Traeger
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Titel: Novemberstürme
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 705
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Der 10. November als Geburtstag von Luther, Schiller und Scharnhorst
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[705]
Novemberstürme.


Luther, geb. 10. November 1483; Schiller, geb. 10. November 1759; Scharnhorst, geb. 10. November 1769.


Und ob am Himmel schwarz und schwer
Auch Wolke sich auf Wolke thürme,
Ihr jagt sie fliehend vor euch her,
Gewaltige Novemberstürme;

5
Oft wurdet ihr uns schon zu Rettern,

Habt rein die Luft und klar gefegt,
Mit rauhem Stoß und wildem Schmettern
Die Welt im tiefsten Grund bewegt –
Das ist so recht das deutsche Wettern!

10
Wie fuhr doch der Novembersohn

Hin über die scheinheil’gen Glatzen,
Wie überklang mit hellem Ton
Lebend’ges Wort das todte Schwatzen!
Des Glaubens und des Geistes Henkern

15
Blies er die Scheiterhaufen aus,

Zur Abwehr den Gewissenslenkern
Stellt’ er vor seines Gottes Haus
Ein streitbar Heer von frommen Denkern.

Verscheucht hat er den finstern Fluch,

20
Der Wahrheit Kerker aufgeriegelt,

Mit treuer Hand der Bücher Buch
Für jeden klaren Blick entsiegelt;
So streute aller Zukunft Samen
Der Luther aus, ein deutscher Mann,

25
Und wer da steht in seinem Namen,

Und Jedem, der nicht anders kann,
Dem hilft auch Gott noch immer. Amen!

Auch er war ein Novemberkind,
Der donnernd braus’t durch alle Weiten,

30
Und wiederum so weich und lind

Hinstirbt wie Spiel auf Harfensaiten,
Das Herz reißt er mit sich von dannen,
Doch nicht in Träume wiegt sein Sang,
Zur That will er die Sehnen spannen,

35
Und wild erscholl sein erster Klang,

Ein Aufschrei wider die Tyrannen.

Um unser Schwert hat Schiller’s Lied
Den immergrünen Kranz geflochten,
Der Dichter selbst in Reih’ und Glied

40
Der Menschheit Schlachten mitgefochten;

Vorahnend sah er uns’re Schande,
Schlug Lärm inmitten träger Ruh’,
Den Schürern an der Zwietracht Brande
Rief er: „Seid einig, einig!“ zu –

45
Hört diesen Ruf, ihr deutschen Lande!


Und schlimmer kam’s, als es gedroht,
Und unser Schicksal schien vollendet,
Da hat den Helfer in der Noth
Uns der November noch gesendet;

50
Die Macht der Fürsten lag bezwungen,

Und was dem Troß um ihren Thron,
Den Herr’n und Junkern nicht gelungen,
Wie herrlich ist’s, trotz Spott und Hohn,
Geglückt dem deutschen Bauerjungen!

55
Er sprach: „es kann kein Söldnerheer,

Nicht Knechtessinn die Freiheit schaffen,
Des Thrones und des Landes Wehr’
Ist ewig nur das Volk in Waffen!“
Da hat den Sieg er ausgesprochen,

60
Und nimmer läßt, so tönt es fort,

Ein wehrhaft Volk sich unterjochen!
Es hat des Scharnhorst stolzes Wort
Nicht blos das fremde Joch zerbrochen.

Mein deutsches Volk, stets eins und frei

65
Im Glauben, Dichten und im Fechten,

Trotz biete jeder Tyrannei,
Du Hort des Wahren und des Rechten!
Dem finster schleichenden Gewürme
Ist wohlig in der Nacht allein.

70
Ob Wolke sich auf Wolke thürme,

Ihr fegt uns doch den Himmel rein,
Gewaltige Novemberstürme!

Albert Traeger.