Allgemeines Deutsches Kommersbuch:335

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Schauenburg:
Allgemeines Deutsches Kommersbuch
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          746.     Schauderhafte und greuliche Morithat,

     welche sich am 5. November 1835 zwischen Pfingsten und dem Klinkerthore
     zu Augsburg wirklich zugetragen hat.
     Mäßig.

     1. O kommt, ihr Leu=te, all her=bei, vernehmt die Mo=ri=tha=te=
rei, wie sich ein Mägdlein, ganz scharmant, be=deckt mit Grausam=
keit und Schand; ein jed’ nehm ein E=xem=plum dran, stu=
dier es wohl und wend es an!

     2. Es war einmal ein Schwalangschee, der litt am großen Herzen=
weh; ein Mägdlein liebt er lange schon, allein sie wußte nichts davon:
der Schwalangscheer litt fürchterlicht, das ist ’ne traurige Geschicht.

     3. Doch einstens an dem Klinkerthor, als sie ging aus der Stadt
hervor, macht er vor ihr sein Positur und spricht: O Schönste der
Natur, wirst du nicht bald heiraten mich, verschieß ich mich elendiglich.

     4. Ei, schieße du nur immer zu, das ist mir ganz und gar partout,
ich lieb dich nicht, ich mag dich nicht, ich heirat nicht, bleib lediglicht,
denn mich gelüstet’s gar nicht sehr zu heißen Madame Schwalangscheer.

     5. Und um die stille Mitternacht steht der Langscheer auf seiner
Wacht, er ladet sechsfach sein Gewehr und setzt es auf die Brust daher,
drauf drückt er los und schießt sich tot, der Mond scheint auf sein Blut,
das rot.

     6. Am andern Morgen fand man ihn, als seine Seel schon längst
dahin; ein Brieflein hielt er in der Hand, worauf mit Blut geschrieben
stand, daß jener Dirne Sprödigkeit an seinem Tode Schuldigkeit.

     7. Zum Mägdlein zog’s Gerichte hin und hebt sie auf als Mör=
derin; sie trug für ihre Sprödigkeit gar bald das schwarze Totenkleid;
da weint und jammert sie gar sehr, daß sie getötet den Langscheer.

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     8. Merkt, Mägdelein, euch diese Lehr von einem toten Schwalang=
scheer, daß Sprödigkeit sei gar nicht gut, uns die Moral beweisen thut.
Das ist das Ende der Geschicht, vergessen Sie das Trinkgeld nicht!


          747.     Ein Sang vom Alkohol.

     Singw.: Da streiten sich die Leut herum ec.

     1. Organsche Formeln, seh' ich euch, so wird mir flau ums Herz;
dem Mann, der euch erfunden hat, dem Manne gönn ich Schmerz.
Doch eine gute Formel giebt's - ihr kennt sie alle ja - das ist der
biedre Alkohol, C2H5OH.

2. Er ist der Tröster, den die Schrift den Sterblichen verhieß;
er schafft dies wüste Jammerthal dir schnell zum Paradies. Mit
Scheik, mit Emir tauschst du nicht, nicht mit dem Padischah, denn
ihnen ist verboten ganz C2H5OH.

3. Doch fleußt er in den Darmkanal, verliert er dort zwei H, er
wird zum schnöden Aldehyd; dann ist der Kater da. Gibt's dafür
denn kein Reagenz? Ich hab es! Heureka! Den Kater fällt im
Überschuß C2H5OH.

4. Oft ist mein Silber all gelöst zur Sättigung in Bier, und
ungelöst als Rückstand blieb ein einzger Nickel mir. Er läßt sich nicht
zerlegen mehr; soll ich mich grämen da? Er reicht ja grad zu einem
Schnaps C2H5OH.

5. Zwar ist bei dir verschieden nicht die Lagerung im Raum. Du
hast kein asymmetrisch C, manch einer schätzt dich kaum. Doch aktiv
bist du jedenfalls, fühl ich doch selber ja schon deines Geistes All=
gewalt C2H5OH.

6. Wenn in die Elemente einst mein irdscher Leib zerfällt, wenn
frei wird C, H, O und N und duftet in die Welt, dann mag der N
verduften weit! Doch bleib einander nah C, H und O und werde dann
C2H5OH.

Nach W. Flemming.


          748.     Beim Schloßkommers.

     Singw.: Das war der Zwerg Perkêo ec.

     1. Perkêo liegt im Schlummer vor'm Faß zu Heidelberg, umhaucht
von Weinesdufte träumt süß der feuchte Zwerg, er träumt von einer
Blume, gar milde und gar zart, wächst nicht im Wald und Auen, ist
von besondrer Art.

     2. Da fährt er auf und lauschet, was seinen Schlaf gestört, hat er
nicht Gläserklirren und nicht Gesang gehört? Führwahr zu seinen Häupten
geht's laut und lustig zu, Perkêos eigne Jünger, die rauben ihm die Ruh!

     3. Doch ist er drum nicht böse, er lächelt still und fein, die klugen
Äuglein schimmern verklärt in Freudenschein, er ruft: „Mir altem