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Orientalische Gerechtigkeit in Frankreich (Das Ausland, 1828)

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Textdaten
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Autor: Le Courrier des Tribunaux
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Titel: Orientalische Gerechtigkeit in Frankreich (Das Ausland, 1828)
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 112 S. 448
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Orientalische Gerechtigkeit in Frankreich.

Gegen das Ende des vorigen Jahres wurde Fournier, ein unbemittelter Einwohner von Montlaur, von Ramondène, seinem Nachbar, vor dem Correctionsgerichtshof von St. Affrique verklagt, ein Seil gestohlen zu haben, und am 27 Dec. zu einem Jahr Gefängniß und den Kosten verurtheilt. Die Gründe, auf denen dieß Urtheil beruht, sind äußerst merkwürdig, indem sie uns aus der Civilisation des 19ten Jahrhunderts plötzlich mitten in jene Zeit zurück zu versetzen scheinen, wo der unbekannte Mörder dadurch entdeckt wurde, daß in seiner Nähe die Wunden des Erschlagenen zu bluten anfingen, und ein verläumdetes Weib seine Unschuld bewies, indem es mit bloßen Füßen über eine glühende Pflugschar ging; oder in den Orient, dessen summarische Rechtspflege unsern Lesern durch die anmuthigen Erzählungen der Schehezerade bekannt ist. „Das meinem Clienten gestohlene Seil, sagte der Advokat des Klägers, hat einen Knoten. Wenn der Angeklagte im Stande ist, einen ähnlichen zu machen, so ziehe ich meine Klage zurück; wenn er dieß aber nicht vermag und dagegen der Kläger diesen Knoten knüpfen kann, so gewinne ich meinen Proceß.“ Diese Idee wurde von dem Tribunal von St. Affrique mit Begierde aufgefaßt, und noch in derselben Sitzung kam es zu der verlangten Probe. Fournier bemüht sich vergebens, Ramondène ist glücklicher – er macht einen Knoten, der jenem an dem angeblich gestohlenen Seil vollkommen gleich kommt. Dieß ist genug: Fournier wird zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt. Das Tribunal von Rodez, an welches von diesem Ausspruch Appellation erging, ließ die Gründe jenes Urtheils indeß nicht gelten und reducirte die Gefängnißstrafe auf einen Monat, indem es den Artikel 463 des Code pénal in Anwendung brachte.

Le Courrier des Tribunaux, 8 Avril 1828.