Prozeß gegen einen Pilger

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Textdaten
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Autor: Gazette des Tribunaux
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Titel: Prozeß gegen einen Pilger
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr.  170 S.  680
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum: 1828
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[680]

Prozeß gegen einen Pilger.

Vor dem Tribunal zu Valence erschien ein sonderbarer Beklagter. Er hieß Tronc, trug einen langen Bart und nannte sich einen Pilger. Er befand sich erst seit zwei Tagen in Valence und hatte, in seinem Pilgergewand, zwei Abende nach einander ein liederliches Haus besucht, nachdem er den Tag über, mit einem großen Gebetbuch in der Hand, Almosen eingesammelt hatte. Die Polizei hatte ihn sogleich ins Auge gefaßt, verhaftet und vor die Behörde gebracht. Der Angeklagte erklärte, er habe in einer schmerzhaften Krankheit das Gelübde gethan, im Fall seiner Genesung fünf Jahre zu pilgern. Er zeigte ein vom Pabst Leo XII unterzeichnetes Patent vor, das ihn berechtigte, das Pilgergewand während dieser Zeit zu tragen und zum Beßten der Armen Almosen zu sammeln.

Der Advokat des Königs theilte zwei Certificate mit, daß Tronc eine gewisse Summe Geldes und andere Gegenstände, als den Ertrag seiner Almosen, an Arme vertheilt habe.

Der Advokat des Beklagten vertheidigte seinen Clienten durch das päbstliche Patent.

Auf die Gegenbemerkung, daß der Pabst nicht von dem Verbot des Bettels gegen das Landesgesetz dispensiren könne; daß ferner der Angeklagte seine Vollmacht überschreite, so wie er die Almosen theilweise oder ganz in seinen Nutzen verwende; daß endlich Tronc überhaupt ein eben so christliches Werk thun würde, wenn er bei seinen acht Kindern zu Haus bliebe – erkannte das Gericht auf 14 Tage Gefängniß.

Bei dieser Gelegenheit erinnerte man sich, daß früher vor demselben Gerichtshof zwei Individuen, Mann und Frau, beide jung und von gutem Aussehen, zu drei Monaten Gefängniß verurtheilt worden waren. Und doch hatten sie ein von einem Pfarrer in aller Form ausgestelltes Zeugniß beigebracht, daß sie dem geistlichen Amte den ganzen Ertrag ihrer Almosen, bestehend in 19 Fr., zu Seelenmessen für Ludwig XVIII eingehändigt hatten. Nach ihrer Angabe wäre ihnen der selige König erschienen, und hätte sie zu diesem gottseligen Werk aufgefordert.
Gazette des Tribunaux 11 Juin.