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Psalm zweier Sterblichen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Richard Dehmel und Ida Dehmel
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Titel: Psalm zweier Sterblichen
Untertitel:
aus: Schöne wilde Welt
S. 72–73
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1913
Verlag: S. Fischer Verlag
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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Bild
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Bearbeitungsstand
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[72]
 PSALM ZWEIER STERBLICHEN

 DER MANN

Göttin Zukunft,
mit gefesselten Händen hältst du
eine geschlossene Schriftrolle,
drin mein Schicksal verzeichnet steht.

5
Langsam, Tag für Tag,

ringe ich deinen Fingern
Zoll für Zoll die Urkunde ab,
Zeile für Zeile.
Bis der Augenblick kommt,

10
wo das entrollte Papier,

eh ich das letzte Wort noch las,
meinem erschöpften Arm entfällt;
und mit gefesselten Händen
gibst du den Winden zur Sage anheim,

15
was ich tat.


 DAS WEIB

 (Von Ida Dehmel)

Schicksalsgöttin,
ich liege vor dir auf den Knieen.
Du hältst in deinen, ach, gefesselten Händen
eine goldene Tafel,

5
[73] drin die Namen nur derer eingegraben stehn,

die Unvergeßliches taten.
Auf den Knieen, Schicksalsgöttin,
bitte ich dich:
Laß mich nicht ins Namenlose versinken!

10
Spreng deine Fesseln – oder

nur einen Augenblick
reich mir die goldene Tafel,
und neben die Runen der Helden und der Weisen
schreibe ich hinsinkend:

15
Ich liebte.