Reichsfinanzhof - Einkünfte aus Patentlizenz

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Entscheidungstext
Gericht: Reichsfinanzhof
Ort:
Art der Entscheidung: Urteil
Datum: 7. Juli 1927
Aktenzeichen: VI A 217/27
Zitiername:
Verfahrensgang:
Erstbeteiligte(r):
Gegner:
Weitere(r) Beteiligte(r):
Amtliche Fundstelle:
Quelle: Scan von StuW 1927 Nr. 404
Weitere Fundstellen: RStBl. 1927 S. 200–203
Inhalt/Leitsatz:
Zitierte Dokumente: EStG 1925
Anmerkungen:
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[538]

EinkStG. §§ 6, 35, 38, 41, 45; — §§ 7, 12, 16 Abs. 2, 3.

404. Urteil vom 7. Juli 1927 VI A 21727.

1. Zur Abgrenzung der Einkünfte aus vorübergehender selbständiger Berufstätigkeit gegenüber den Leistungsgewinnen aus gelegentlicher Tätigkeit.

2. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch die Einkünfte aus der Einräumung eines quasi-dinglichen Nutzungsrechts an einem Patent (Lizenz), sofern sie nicht gemäß § 38 Abs. 4 EinkStG. einer anderen Einkommensart zuzurechnen sind.

3. Zur Bemessung der Absetzungen für Abnutzung bei gewerblichen Urheberrechten.

[1] Der Beschwerdeführer hat über eine von ihm gemachte und zum deutschen Reichspatent angemeldete Erfindung mit dem Chemiker Dr. N. am 29. November 1925 einen Vertrag geschlossen. Danach überließ er diesem das ausschließliche Benutzungsrecht der Erfindung in Deutschland sowie in den außerdeutschen Ländern mit der Maßgabe, daß Dr. N. die Kosten für die Erlangung ausländischer Patente vorstrecken und der Beschwerdeführer an dem aus der Weiterverwertung sich ergebenden Nutzen mit 70 % vorab beteiligt sein sollte. Soweit Dr. N. ausländische Patente nicht erwerben bzw. diese oder das deutsche Patent nicht innerhalb eines Jahres nach der Anmeldung verwerten sollte, stand die Verwertung für das betreffende Land dem Beschwerdeführer wieder frei. Alle von dem Beschwerdeführer etwa gefundenen Verbesserungen des Verfahrens sollten Dr. N. zur ausschließlichen Benutzung zur Verfügung gestellt werden. Als Anzahlung beim Vertragsabschlüsse mußten an den Beschwerdeführer 1400 RM. gezahlt werden.

[2] Den auf Grund dieses Vertrags noch im Jahre 1925 an den Beschwerdeführer gezahlten Betrag von 1400 HM. erklärte das Finanzamt für einkommensteuerpflichtig und setzte, da der Beschwerdeführer im übrigen Arbeitslohn, der dem Steuerabzug unterlegen hatte, bezog und das gesamte Einkommen offenbar den Betrag von 8000 RM. nicht überstieg, gemäß § 90 des EinkStG. die Steuer auf 140 RM. fest. Der Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit der Begründung zurückgewiesen, es handle sich um Einkünfte aus einer selbständigen, nicht berufsmäßigen Tätigkeit, die gemäß § 6 Abs. 1 [539] Nr. 8 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Nr. 2 des EinkStG. der Einkommensteuer unterliegen.

[3] In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wies der Beschwerdeführer darauf hin, daß die strittige Einnahme nicht durch die Tätigkeit des Erfindens, sondern durch die Veräußerung der erworbenen Schutzrechte erzielt worden sei und daher gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 des EinkStG. nur unter den hier nichtzutreffenden Voraussetzungen des § 42 des EinkStG. besteuert werden könnte. Durch vorläufigen Bescheid des Vorsitzenden des Finanzgerichts wurde die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung ging davon aus, daß zwar, wenn es sich bei der Anzahlung wirklich um den Kaufpreis aus einem Veräußerungsgeschäfte gehandelt hätte, eine Steuerpflicht nicht gegeben wäre, da kein Spekulationsgeschäft vorliege. Es handle sich aber im vorliegenden Falle überhaupt nicht um ein Veräußerungsgeschäft, sondern um einen Pachtvertrag. Dies gehe schon daraus hervor, daß eine vollständige Übertragung (Kauf) von Urheberrechten niemals stattfinde, weil dem Urheber immer, auch bei weitgehendster Überlassung seiner Befugnisse an Dritte, noch persönliche Rechte zum Schutze seiner Erfindung zuständen. Im übrigen ergebe sich auch aus dem Vertrage, daß eine vollständige Übertragung der Urheberrechte nicht beabsichtigt gewesen sei, da der Beschwerdeführer sich das Recht der Weiterverwertung vorbehalten habe für den Fall, daß Dr. N. von den ihm eingeräumten Befugnissen keinen Gebrauch mache. Die Anzahlung sei daher gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 des EinkStG. einkommensteuerpflichtig.

[4] Dagegen wendet der Beschwerdeführer in der Rechtsbeschwerde ein, gegen die Annahme eines Pachtvertrags spreche schon der Umstand, daß der vorliegende Vertrag den Erwerber zur Weiterveräußerung des Vertragsgegenstandes der Substanz nach berechtige und damit über den Inhalt eines Pachtvertrags wesentlich hinausgehe. Auch sei der Umstand, daß nicht jede Rechtsbeziehung zu dem veräußerten Gegenstand aufgehoben werde, mit dem Wesen eines Kaufvertrags wohl vereinbar. Denn ein solcher könne auch über reelle oder ideelle Teile eines Gegenstandes geschlossen werden. Für die rechtliche Würdigung eines Lizenzvertrages komme es insbesonders darauf an, ob die volle Begründung eines absoluten Rechtes in der Person des Lizenznehmers beabsichtigt sei; wenn dies, wie hier, zutreffe, sei der Lizenzvertrag als Kauf zu behandeln. [540] Daran ändere auch die Vertragsbestimmung, wonach der Beschwerdeführer unter gewissen Voraussetzungen das Verfügungsrecht über den veräußerten Gegenstand in bestimmten Grenzen zurückerhalte, nichts; diese Bestimmung sei lediglich als bedingtes Rücktrittsrecht aufzufassen.

[5] 1. Die Vorbehörde hat die Frage, ob die streitigen Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen, nur unter dem Gesichtspunkt untersucht, ob es sich um Einkünfte aus Verpachtung im Sinne des § 38 des EinkStG. oder um Leistungsgewinne aus einem Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 41 Abs. 1 des EinkStG. handelt. Sie ist dabei zu einer Bejahung der Einkommensteuerpflicht gekommen, da die streitigen Einkünfte als solche aus sonstiger zeitlich begrenzter Überlassung eines gewerblichen Urheberrechts, die gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gleichgestellt sind, anzusehen seien. Diese Auffassung der Vorbehörde ist richtig, wenn man zunächst von der unten noch zu untersuchenden Frage absieht, ob die Einkünfte nicht schon deshalb der Besteuerung unterliegen, weil sie Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 des EinkStG.) darstellen. Der vorliegende Vertrag stellt sich als ausschließlicher Lizenzvertrag dar, der nicht den Verkauf des gesamten Urheberrechts (ein solcher ist im Gegensatze zu der Ansicht des Vorderrichters wohl möglich, vgl. § 6 des Patentgesetzes), sondern nur die Gewährung eines ausschließlichen Benutzungsrechts zum Gegenstande hat. In dieser Beziehung ist wieder zu unterscheiden zwischen Verträgen, durch die sich jemand lediglich schuldrechtlich zur Gestattung der Benutzung verpflichtet und solchen, die die Einräumung eines quasi-dinglichen Benutzungsrechts (vgl. RGZ. Bd. 57 S. 38; RFH. Bd. 11 S. 269) zum Gegenstande haben. Man wird aber nach der Verkehrsübung im Zweifel anzunehmen haben, daß der Vertrag auf Einräumung eines dinglichen Benutzungsrechts gerichtet war (vgl. Jsay, Patentgesetz, 4. Auflage S. 309 Anm. 9 zu § 6.). Ein solches quasi-dingliches Lizenzrecht kann nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch begrifflich ebenso Gegenstand eines Kaufvertrags sein, wie das volle Recht aus dem Patente. Da aber bei dem Vertrag über die Gewährung einer quasi-dinglichen Lizenz die Verpflichtung zur Gewährung der tatsächlichen Benutzung regelmäßig eine größere Bedeutung hat, als die Verpflichtung zur Schaffung des Rechtes zur Benutzung (Jsay a. a. O. Anm. 5 zu § 6), steht ein solcher [541] Vertrag in vielen Beziehungen dem Pachtverträge näher als dem Kaufvertrage. Es erscheint daher gerechtfertigt, den Lizenzvertrag, der häufig auch noch einen gesellschaftlichen Einsschlag hat, als einen besonderen, eigentümlichen Vertrag anzusehen, für den die anzuwendenden Rechtsregeln aus der Natur des Rechtsverhältnisses zu entwickeln sind (vgl. RGZ. Bd. 75 S. 400, Starck, Mitteilungen vom Verbände deutscher Patentanwälte Bd. 14 S. 163). Ist somit schon für die rein bürgerlich-rechtliche Auffassung die einfache Unterstellung des Lizenzvertrags unter die Regeln des Kaufes nicht angängig, so kann dies bei der im Steuerrechte gebotenen wirtschaftlichen Auffassung noch weniger der Fall sein. Wenn daher das EinkStG. im § 38 Abs. 1 Nr. 3 die Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung von Urheberrechten – und eine zeitliche Begrenzung liegt bei der Einräumung von Patentlizenzen immer vor, da ebenso wie das volle Recht aus dem Patent auch das Nutzungsrecht zeitlich begrenzt ist – den Einkünften aus der Verpachtung gleichstellt, so muß angenommen werden, daß damit gerade die Einräumung quasi-dinglicher Nutzungsrechte, die eine Verpachtung im Sinne des Zivilrechts nicht darstellt, ihr aber wirtschaftlich sehr nahe steht, in ihrer einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Verpachtung gleichgestellt werden sollte.

[6] 2. Um zu einer abschließenden Beurteilung der Frage, unter welchem Gesichtspunkt die strittigen Einkünfte der Einkommensteuer unterliegen, zu gelangen, bedarf es aber vor allem einer Untersuchung darüber, ob es sich nicht etwa um Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit (§ 6 Abs. 1 Nr. 3, § 35 des EinkStG.) handelt, bei deren Vorliegen als der umfassenderen Einkommensart sowohl die Anwendung des § 38 Abs. 1 Nr. 3 als auch des § 41 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ausgeschlossen ist (vgl. § 38 Abs. 4 des EinkStG.). Nach § 35 Abs. 2 sind die Einkünfte aus freien Berufen und aus selbständiger Arbeitstätigkeit auch dann als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Berufstätigkeit anzusehen, wenn es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handelt. Damit sollte klargestellt werden, daß nicht nur die aus einer dauernden haupt- oder nebenberuflichen selbständigen Arbeitstätigkeit entspringenden Einkünfte unter § 35 des EinkStG. fallen sollten, sondern auch diejenigen Einkünfte, die aus einer mit dem Berufe des Pflichtigen nicht zusammenhängenden selbständigen Arbeitstätigkeit erwachsen; die Begründung zum EinkStG. (S. 58) führt als Beispiel den Fall an, daß nicht ein Anwalt oder [542] Notar, sondern ein Beamter oder Arzt Testamentsvollstrecker ist. Zunächst ergibt sich die Notwendigkeit einer Abgrenzung gegenüber den Leistungsgewinnen nach § 41 des EinkStG., insbesondere nach § 41 Abs. 1 Nr. 2, wo ebenfalls Einkünfte aus einer – regelmäßig selbständigen – Tätigkeit als einkommensteuerpflichtig bezeichnet werden. Dabei kann der vorübergehenden nicht die einmalige Tätigkeit gegenübergestellt werden, weil, wie gerade das angeführte Beispiel aus der Begründung zeigt, auch eine einmalige, ohne die Absicht der Wiederholung unternommene Tätigkeit Einkünfte im Sinne des § 35 erzeugen kann. Eher wird man der Unterscheidung gerecht werden durch den Gegensatz vorübergehender und gelegentlicher Tätigkeit, wobei das vorübergehende Tätigwerden entweder ein Mehr nach Zeit und Umfang gegenüber der gelegentlichen Tätigkeit oder eine zwar an und für sich geringfügige Tätigkeit, die aber nach den Begleitumständen auf die Absicht der Wiederholung schließen läßt, in sich birgt. Allgemeine Regeln lassen sich bei der Flüssigkeit dieser Grenze schwer aufstellen. Die Entscheidung wird vielmehr jeweils nach den Gesamtumständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung (§ 6 Abs. 2 des EinkStG.) zu treffen sein. Bei Erfindungen wird es sich, soweit eine nicht im Rahmen eines Gewerbebetriebs oder Arbeitsverhältnisses ausgeübte Erfindertätigkeit in Frage kommt, meist um eine zum mindesten vorübergehende Tätigkeit in den beschriebenen Sinne handeln. Denn die Erfindung wird regelmäßig das Ergebnis einer eingehenden und nachhaltigen Beschäftigung mit den technischen oder sonstigen wissenschaftlichen Fragen sein, auf deren Gebiet die Erfindung liegt. Nur bei Zufallserfindungen könnte es sich um eine nur gelegentliche Tätigkeit handeln. Ist aber die Erfindung das Ergebnis einer selbständigen Arbeitstätigkeit, so fallen die Einkünfte aus der Verwertung der Erfindung grundsätzlich unter § 6 Abs. 1 Nr. 3 des EinkStG., ohne daß es darauf ankommt, ob sie auf Grund eigener Ausnutzung der Erfindung, Verkauf oder Überlassung der Nutzungsrechte erzielt werden. Der § 45 Satz 2 des EinkStG., wonach Einkünfte aus Verpachtung (also auch aus der zeitlich begrenzten Überlassung gewerblicher Urheberrechte, die gemäß § 38 Abs. 1 Nr. 3 der Verpachtung gleichgestellt ist), im Sinne des EinkStG. nicht zu den Einkünften der im § 6 Abs. 1 Nr. 1–3 bezeichneten Art gehören, greift hier nicht ein. Er bezieht sich in der Hauptsache auf die Fälle, in denen ein ge-[543]werblicher oder landwirtschaftlicher Betrieb im ganzen verpachtet wird, und soll zum Ausdruck bringen, daß dann die Einkünfte des Verpächters selbständig zu beurteilen und nicht ohne weiteres der Einkommensart zuzurechnen sind, die für die Einkünfte, die dem Pächter aus der Führung des Betriebs zufließen, maßgebend ist.

[7] 3. Wenn auch nach diesen Ausführungen in hohem Grade wahrscheinlich ist, daß die strittigen Einkünfte des Beschwerdeführers als Einkommen aus selbständiger Berufstätigkeit steuerpflichtig sind, so muß die endgültige Entscheidung darüber doch der Vorbehörde, an die die Sache aus anderen Gründen zurückzuverweisen ist, vorbehalten werden, da die Akten über die Art der Erfindung und die Tätigkeit des Beschwerdeführers, die zu der Erfindung geführt hat, keine Auskunft geben und daher immer noch die Möglichkeit, daß sie als Zufallserfindung das Ergebnis einer nur gelegentlichen Tätigkeit ist, besteht.

[8] Hiernach ist zwar unzweifelhaft, daß die Einnahmen des Beschwerdeführers aus der Verwertung seiner Erfindung der Einkommensteuer unterliegen. Der Umstand, daß die Erfindung im Steuerabschnitt erst zum Patent angemeldet, ein Patent aber noch nicht erteilt war, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Bedeutung. Einmal entsteht schon mit der Anmeldung des Patents ein geschützter Patentanspruch, der ebenso wie das Patentrecht selbst veräußert bzw. zur Nutzung überlassen werden kann, § 6 des Patentgesetzes. Zum anderen kann aber auch eine Erfindung, die noch nicht zum Patent angemeldet ist und auch gar nicht angemeldet werden soll, unter Umständen als Grundlage steuerpflichtiger Einnahmen und abzugsfähiger Ausgaben in Betracht kommen (vgl. die zur Veröffentlichung bestimmte Entscheidung des RFH. vom 30. Juni 1927 VI A 29027 = StW. 1927 Nr. 403). Trotzdem muß die Vorentscheidung aufgehoben werden, da die Vorbehörden zu der Frage des Abzugs von Werbungskosten keine Stellung genommen haben (als solche kommen auf jeden Fall die Anmeldegebühr gemäß § 20 Abs. 3 des Patentgesetzes in Betracht), und nicht ausgeschlossen ist, daß sie über die Zulässigkeit des Abzugs bzw. über das Maß der im Steuerabschnitte zum Abzug zuzulassenden Werbungskosten sich in einem Rechtsirrtume befunden haben. Die nichtspruchreife Sache ist daher an die Vorbehörde zurückzuverweisen, die unter Anstellung der erforderlichen Ermittlungen folgendes zu beachten haben wird:

[9] 4. Stellt sich bei weiterer Aufklärung her-[544]aus, daß die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Verwertung seiner Erfindung solche aus selbständiger Berufstätigkeit sind, so gilt als Einkommen der nach § 12 des EinkStG. festzustellende Gewinn. Bei der Ermittlung desselben ist davon auszugehen, daß die vom Beschwerdeführer auf die Erfindung gemachten Aufwendungen für Versuche, Anmeldegebühr u. ä. als Ausgaben im Sinne des § 12 Abs. 1 des EinkStG. von den Einnahmen abgesetzt werden dürfen, daß aber anderseits die Erfindung einen bei dem Bestandsvergleiche zu berücksichtigenden Vermögensgegenstand darstellt, dessen Herstellungspreis diesen Aufwendungen entspricht. Ist daher der gemeine Wert der Erfindung am Schlusse des Steuerabschnitts nicht etwa niedriger als der Herstellungspreis, so wird der Abzug der Aufwendungen durch Berücksichtigung der Erfindung bei dem Vermögensvergleich ausgeglichen, und es kommt dann nur noch eine Absetzung für Abnutzung nach § 16 Abs. 2 und 3 in Frage. Dem § 16 Abs. 2 des EinkStG. liegt der den Grundsätzen ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung entsprechende Gedanke zugrunde, den Anschaffungs- oder Herstellungspreis auf die Zeitabschnitte der Gewinnermittlung, in denen der betreffende Gegenstand zur Erzielung des Gewinns beiträgt, zu verteilen. In den Fällen der §§ 12, 13 des EinkStG. ist § 16 Abs. 2 in der Weise anzuwenden, daß der auf den Steuerabschnitt entfallende Betrag der Abnutzung nicht als Ausgabe von den Einnahmen abgesetzt, sondern durch entsprechende Verminderung des Vermögensgegenstandes bei dem Bestandsvergleiche berücksichtigt wird (vgl. Entsch. vom 11. März 1927, VI A 15227 Bd. 21 S. 163 = StW. 1927 Nr. 216). Wegen der Bemessung der jährlichen Absetzungen ist bei patentierten Erfindungen zu beachten, daß die gemeingewöhnliche Nutzungsdauer nicht unbedingt der 18jährigen Dauer des Patentschutzes (zuzüglich der etwaigen Benutzungszeit vor Erteilung des Patents) zu entsprechen braucht. Die Erfahrung lehrt, daß der Patentschutz in den meisten Fällen nicht während der ganzen Schutzzeit aufrecht erhalten wird, sei es, daß die Erfindung in der Zwischenzeit überholt wird, sei es, daß ihre Ausnutzung aus anderen Gründen nicht mehr rentierlich erscheint (vgl. Rehm, Die Bilanzen, 2. Aufl. S. 370 und Fischer, Die Bilanzwerte, Teil 1 S. 93 ff., die darauf hinweisen, daß bei Patenten nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Buchführung eine raschere Abschreibung geboten ist). Das bedeutet aber, daß mit einem Ertrag aus der paten-[545]tierten Erfindung aus Gründen, die im Wesen derselben von Anfang an liegen, unter gewöhnlichen Umstanden nur für eine der Schutzfrist gegenüber beschränkte Zeit zu rechnen ist. Es entspricht daher dem bereits dargelegten Grundgedanken des § 16 Abs. 2 und 3, auch den Aufwand nur auf diesen Zeitraum zu verteilen. Endlich ist noch zu bemerken, daß unter Umständen, auch abgesehen von einer Entwertung der Erfindung, eine Minderung der Einnahmen um den vollen Betrag der Aufwendungen in einem Jahre zulässig sein kann. Dies trifft dann zu, wenn die Aufwendungen im Verhältnis zu dem Werte der Erfindung unbedeutend sind oder wenn es sich um regelmäßig wiederkehrende Auslagen, wie z. B. die Patentgebühren, handelt. Auch hier findet eine Übertragung kaufmännischer Grundsätze statt. Soweit bei ordnungsmäßiger Buchführung bestimmte Aufwendungen auf Gegenstände des Anlagekapitals nicht aktiviert werden müssen, sondern als sogenannte laufende Aufwendungen in dem betreffenden Jahre über Unkosten abgeschrieben werden können, ist auch in den Fällen des § 12 des Einkommensteuergesetzes die Absetzung als Ausgabe zulässig, ohne daß zum Ausgleich eine bei der Bestandsvergleichung sich auswirkende Anrechnung erforderlich ist (vgl. Becker, Anm. 21a zu § 7 des EinkStG.; RFH. Bd. 19 S. 201 = StW. 1926 Nr. 427; StW. 1926 Nr. 499).

[10] 5. Sollte es sich um eine Zufallserfindung im Sinne der Ausführungen unter 2 handeln, so würde gegenüber § 41 Abs. 1 Nr. 2 des EinkStG. § 38 Abs. 1 Nr. 3 des EinkStG. zu Raum kommen können, so daß gegebenenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 38 Abs. 1 Nr. 3 des EinkStG.) vorlägen. In diesem Falle würde nicht der Gewinn im Sinne des § 12 ermittelt werden, und damit würde auch ein Vermögensvergleich ausscheiden. Als Einkommen müßte vielmehr der Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben (§ 7 Abs. 1 Nr. 2 des EinkStG.) zu gelten haben. Daraus würden sich gegenüber der Behandlungsweise unter 4 gewisse Abweichungen ergeben. Insbesondere käme eine Minderung des Einkommens infolge Sinkens des gemeinen Wertes der Erfindung nicht in Frage, da der gemeine Wert nur beim Bestandsvergleiche, der hier ausgeschlossen ist, eine Rolle spielt (vgl. Becker, Anm. 25a zu § 7 des EinkStG.). Im übrigen wäre gemäß § 16 Abs. 3 auch in diesem Falle eine Absetzung für Abnützung zulässig mit der Maßgabe, daß § 16 Abs. 2 wörtlich anzuwenden und daher der Jahresbetrag der Abnutzung, [546] der in der gleichen Weise wie oben ausgeführt zu bemessen wäre, als Ausgabe anzusehen und abzuziehen wäre. Auch die Möglichkeit, die Aufwendungen nicht auf mehrere Jahre zu verteilen, sondern den ganzen Betrag auf einmal zum Abzug zuzulassen, würde unter den oben dargelegten Voraussetzungen bestehen (RFH. 21 S. 261 = StW. 1927 Nr. 310).