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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Canitz

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Textdaten
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Titel: Canitz
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aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 233–2335
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Canitz.


In dem freundlichen schönen Thale, welches die Döllnitz durchströmt, ungefähr 1 Stunde oberhalb ihres Ausflusses in die Elbe, liegt Canitz ziemlich in Gärten und Gebüsch versteckt, so dass es in einiger Entfernung gar nicht zu sehen ist, in 1¾ Stunde Entfernung von der Ephoralstadt Oschatz.

Die Gründung und Erbauung von Canitz überhaupt, ist, wie bei den meisten Orten, nicht bestimmt zu ermitteln.

Der Name, augenscheinlich slavischen Ursprungs, soll einen Geier bedeuten und man glaubt, dass die grosse Zahl dieser Vögel, welche in der Vorzeit die Gegend bewohnt haben sollen, Veranlassung zu seiner Erwählung gegeben hat.

Etwas mehr als blosse Vermuthung ist dies aber nicht.

Dagegen scheint die Annahme wohl mehr begründet zu sein, dass das noch jetzt, besonders in Preussen blühende Adelsgeschlecht von Canitz im frühesten Besitze dieses Ortes gestanden und den Namen von demselben entlehnt habe.

Zwar sind die alten Urkunden nicht vorhanden, welche einen bestimmten Nachweis liefern könnten; allein die Herren von Canitz hatten in dasiger Umgegend viele andere Rittergüter, z. B. Schlatitz, Gröppendorf, Sachsendorf, Gross-Böhla, Zschorna u. A., und daraus ist zu schliessen, dass Canitz ihre Stammburg war, da sie auch in ihrem Wappen eine Geierfeder führten.

Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts kam das Rittergut in die Hände der Ritter von Pflug und zwar war 1492 Otto von Pflug Besitzer.

Vorzüglich machte sich 1573 Heinrich von Pflug sammt seiner Gemahlin Anna geb. von Raggewitz um Kirche und Pfarre verdient, indem Letztere auf ihre Veranstaltung und unter ihrer thätigen Mitwirkung neu erbaut und auf einem der Kirche näher gelegenen Platze, wo sie noch jetzt steht, errichtet wurde. Seine Söhne hatten das Gut noch 1590, denen Rudolph von Köckeritz folgte, welcher es zugleich mit Promnitz bis 1628 besass. Darauf folgte dessen Sohn, Rudolph Haubold, welcher 1631 als Kurfürstlich Sächs. Rittmeister in der Schlacht bei Breitenfeld blieb, worauf dessen Bruder, Caspar und dann sehr kurz darauf ein anderer Bruder Balthasar das Gut überkam. Letzterer, welcher auch Bobersen besass, verkaufte seine Besitzung im Jahre 1639 an Wolf Christoph von Schönfeld auf Oppitzsch und Döbra und dessen Gemahlin, seine Schwester, Agnes Elisabeth geb. von Köckeritz.

Im Jahre 1649 finden wir hier Georg Katenhöfer. Um 1651 bis 1661 ist Erb-, Lehn- und Gerichtsherr Herr Hanns Georg von Pohk.

Aber 1670 bis 1680 finden sich als Besitzer die von Starschedel und Adam von Starschedel überlies Canitz 1681 an Andreas Dietrich von Schleinitz, Kammerherrn und Amtshauptmann, auch Schulinspector der Fürstenschule zu Meissen, einen im Staate angesehenen Mann, und zugleich Besitzer der Rittergüter Mautitz, Zöschau u. A., welcher sich als Freund der Kirche um solche sehr verdient machte, indem derselbe sie ganz neu herstellte, und mit einer neuen Orgel und der grossen Glocke beschenkte.

Seine Nachkommen standen bis 1756 im Besitze, wo es von ihnen der Freiherr Peter Nicolaus von Gartenberg auf Zöbigker bei Leipzig kaufte.

Er war es, welcher in den nächst darauf folgenden Jahren, wohl mit einiger Beschwerung seiner Unterthanen, das schöne und in edlem Geschmacke aufgeführte Schloss erbaute, wie es in der Abbildung zu erblicken ist, aber auch durch den so bedeutenden Aufwand sein Vermögen so erschöpfte, dass nach seinem Tode 1786 das Gut von seinen Erben verkauft werden musste. Käufer war der Kauf- und Handelsherr Johann Wilhelm Wittmann zu Leipzig, dessen Wittwe, Frau Johanna Sophie Wilhelmine geb. Teutscher als grosse Wohlthäterin um Kirche und Schule erscheint. Sie stiftete nämlich zur Verbesserung der Pfarr- und Schulstelle zu Canitz und der Schulstelle zu Leckwitz jetzt zu [234] Sahlassen, sowie zum Besten der Kirche und Gemeinde zu Canitz, ein Legat von 12,000 Thlrn., wofür ihrer und ihres Namens noch in alle Zeiten dankend gedacht werden wird. Das Rittergut ging nach ihrem 1811 erfolgtem Tode im Erbe auf den Königl. Preuss. Stallmeister Herrn Christian Friedrich Starke und dessen Familie über.

Der gegenwärtige Besitzer ist Herr Gustav Albert Starke. Es ist Canitz eines der grösseren schönen Rittergüter Sachsens. Schriftsässig gehörten dazu die Dörfer Canitz, Leckwitz, Schwarzroda und ein Anspänner zu Dürrenberg. Es hatte auch einzelne Unterthanen (vielleicht nur Zinsleute) zu Malpitz, Kauckelitz, Wolsau, Bennewitz, Zeckeritz und Losswig im Torgauer Kreise und hat ein Areal von 5 Scheffel Zier- und 73/16 Scheffel andere Gärten; 492 Scheffel Feld, 67 Scheffel Wiesen, 250 Scheffel Holz (dabei die Viertelskabel im Dürrenberge, die Kabel im Eulengrunde, die Steinkabel, die Dorf-, die Lübschützer-, die Försterkabel, den Pfaffensteig, den Löttenberg und das Weinholz; 43 Pfahlhaufen Weinberg bei Strehla, 71¼ Scheffel Teichland (9 Teiche) und von steigenden und fallenden Nutzungen 262 Thlr.

Ausserdem steht dem Rittergute die Niederjagd und Braugerechtigkeit zu. Die Schäferei ist gross und werden jetzt noch an 1000 Stück Schafe gehalten.

Das Rittergut wurde am 25. Februar 1692 für Schriftsässig erklärt, erlangte aber erst 1805 die Landtagsfähigkeit.

Die Schäferei zu Schwarzroda, welches in uralter Zeit ein besonderes Dorf gewesen sein soll und von den Hussitten zerstört worden sein mag, hat anfänglich nicht zur hiesigen Parochie, sondern in die zu Borna gehört, ein Umstand, wovon der Grund wohl darinnen zu suchen ist, dass die Kirche in Canitz später erst entstanden, und dann eine Filia von Borna gewesen ist.

Erst durch den Rittergutsbesitzer von Pflug wurde die Kirche in Canitz zu einer selbständigen erhoben und durch Verfügung einer Kirchenvisitation im Jahre 1555 Schwarzroda nach Canitz gewiesen.

Ausser dem grossen schönen Rittergute mit allen seinen Zubehörungen, dem Gasthofe, der Wassermühle, und noch 2 Häussern ausserhalb der Hofrhede, sowie der unfern gelegenen Schäferei, Schwarzroda und den dortigen 3 Drescherhäusern, ausser der Kirche, Pfarre und Schule befinden sich daselbst noch 44 Feuerstätten, 1 Armenhaus mit inbegriffen und in Allem überhaupt gegenwärtig 250 über 14 Jahre alte Einwohner, welche sich grösstentheils, nur mit Ausnahme einiger Handwerker, mit dem Landbau beschäftigen, und die zu dem Gerichtsamte Oschatz gewiesen sind.

Ueber die Kirche, Pfarre und Schule, in welche seit 1835 das nahe gelegene, der Parochie Gröba angehörige Dorf Pochra einbezirkt ist, sowie über die Schule zu Sahlassen, wohin das Dorf Leckwitz gewiesen worden ist, steht dem Rittergute das Patronatrecht zu, wogegen die Gerichtsbarkeit über Canitz und über Leckwitz schon vor Aufhebung der Patrimonialgerichte, der vorige Besitzer freiwillig an den Staat abgetreten hatte.

Mehrere Dorfbewohner von Canitz besitzen noch die Feldmark Naundorf, zwischen Canitz und Mautitz gelegen, wahrscheinlich die Flur eines in der Vorzeit dort gestandenen Dorfes, welche nicht unter die Gerichtsbarkeit von Canitz, sondern unter die von Seerhausen gehörte und dorthin zinspflüchtig war.

In der Ortsgeschichte dürften übrigens noch die mannichfachen Leiden erwähnenswerth sein, welche die Zeiten des 30jährigen und des 7jährigen Krieges demselben mit sich brachten. So wüthete im Jahre 1632 die Pest, und forderte in diesem einen Jahr 106 Opfer, unter denen auch der Geistliche sich mit befand. Auch wurde der Ort vielfach durch feindliche Durchmärsche bedrängt. In neuern Zeiten, namentlich am Schlusse des vorigen und zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts müssen auch die ungemein zahlreichen Feuersbrünste, wodurch Canitz heimgesucht wurde, mit erwähnt werden. Im Jahre 1805 nämlich zählte man ausser einigen frühern Unglücksfällen binnen 6 Jahren 7 Feuersbrünste, deren Entstehungsursachen nie entdeckt worden sind, und wodurch viele Wohnungen mehr als einmal, ja eins der stärksten Bauergüter sogar dreimal in Schutt und Asche gelegt wurde. Die Kirche aber und die geistlichen Gebäude blieben immer, wie nahe auch und gross einmal die Gefahr war, glücklich verschont.

Nicht durch Brandunglück vernichtet, aber durch Alter untüchtig gemacht, wurden zuerst im Jahre 1819 die Schule und im Jahre 1829 ein grosser Theil der Pfarrgebäude neu hergestellt.

Vieles hat sich in der neuesten Zeit, noch in Canitz in seinem [235] Aeussern, zu seinem Vortheile umgestaltet. Was aber der Gegend ein ganz verändertes Ansehen gegeben und einen neuen Reitz verschafft hat, ist die Leipzig-Dresdner Eisenbahn, welche sich südlich kaum 400 Schritte vom Dorfe entfernt, mitten durch seine Feldfluren hinzieht und der Gegend eine Lebendigkeit verschafft, die das Auge lange hin fesselt.

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