Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Frauenhayn
Frauenhayn ist ein schönes, grosses Dorf mit etwa achtzig Feuerstätten und sechs hundert Einwohnern, die sich nur von Ackerbau und Viehzucht nähren. Der Ort liegt drei Stunden nordwärts von Grossenhain und zwei Stunden südlich von Elsterwerda, eine halbe Stunde von der Landesgränze in buschiger und zum Theil sumpfiger Gegend am rechten Ufer des östlichen Röderarmes, welcher südlich von hier die Geiselt aufnimmt, die zwischen beiden Armen des erstgenannten Flusses rinnt. Kaum eine halbe Stunde vom Dorfe, dicht an der Preussischen Gränze, an der Poststrasse von Dresden nach Berlin, steht das Vorwerk Pfeife, mit einem Teiche und einer kleinen Mühle, und nahe dabei fliesst nach Preussen hin ein kleiner Bach, dessen Wasser weder versiegt noch einfriert. Die Fluren gränzen mit denen Merzdorfs, Wahndorfs, Polzens, Koselitz, Körtzigs, Radens und Lautendorfs, welches letztere mit Frauenhayn untermengt gebaut ist und dessen Einwohnerzahl bedeutend erhöht. Zwischen hier und Koselitz, also in südwestlicher Richtung, sind viele Teiche; auch findet man hier sogenannte Zabeltitzer Steine, wasserhelle, vorzüglich zum Schleifen geeignete Kiesel. Südlich von dem Vorwerk Pfeife liegt an der Poststrasse ein Platz, der Plessaer Gasthof genannt, weil früher die Plessaer Fuhrleute dort Station zu nehmen und zu füttern pflegten. Der nahe bei dem Vorwerke vorhandene Busch besteht hauptsächlich aus Kiefern, und ist zum Theil königlich, so weit nämlich, als, nach einer Volkssage, ein Besitzer des Rittergutes Frauenhayn ihn an den Churfürsten im Spiel verloren haben soll. Der grössere Theil der Waldung ist unter die Güter Frauenhayn, Merzdorf und die Gemeinde Wahnsdorf vertheilt. Westlich von Frauenhayn giebt es viele Eichen und in den Brüchen viele Erlen. Am 6. Mai 1819 verlor Frauenhayn durch eine Feuersbrunst neununddreissig Wohnungen, nebst Ställen und Scheunen, weshalb der Ort ein sehr freundliches Ansehen bekommen hat. Es befindet sich hier ein Gasthof, eine Mahl- und eine Schneidemühle.
Das hiesige Rittergut, wozu schriftsässig auch Prösen und Raden gehören, wird zuerst 1367 erwähnt, wo der Bischof Gerhard von Naumburg es an den Herzog Bolko den Kleinen von Schweidnitz verkaufte. Bald darauf wurde es ein Stammhaus der alten Familie Pflugk, welche zu Ende des vierzehnten Jahrhunderts im Lande zu Meissen an Ansehen und Reichthum rasch emporstieg. Schon zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts waren die Herren von Pflugk kaiserliche Voigte auf der Burg Strehla; denn wie der Lehnsbrief Kaiser Wenzels von 1388, worin er den Ritter Otto Pflugk mit Schloss und Herrschaft Strehla belehnt, besagt, „wir haben gnediglichen gannet und erlawbet in kraft diss briefes und kuniglicher Macht zu Beheim dass er (Ritter Otto Pflugk) Strelhuse und Stadt und das er daselbst gehat hat zu lehen verkauffen mege“ etc., waren die von Pflugk schon lange zu Strehla, bevor dem Ritter Otto Pflugk für seine Treue und Tapferkeit diese kaiserliche Herrschaft in erbliches Lehn gegeben wurde.
Von den Söhnen des Ritters Otto Pflugk wurde Nikol im Jahre 1395 mit Frauenhayn belehnt, starb aber schon 1397, worauf ihm sein Sohn Otto folgte, der mit Magdalena von Maltitz aus Elsterwerda vermählt war und um das Jahr 1420 starb. Ihm folgte sein Sohn Otto, vermählt mit Eva von Miltitz aus Scharfenberg, der um 1437 mit Tode abging; wenigstens empfingen in diesem Jahre seine Söhne Otto, Heinz, Tham und Jürge von den Herzögen Friedrich und Siegismund zu Rochlitz die Lehn über Frauenhayn, Lampertswalde, Bückeritz, Zabeltitz, Borck, Lassen, Lasalb, Thormen und Lössnig. Otto erhielt Frauenhayn, vermählte sich erstlich mit Emerentia von Bünau aus Radeburg und dann mit Elisabeth von Stange aus Drehbach, welche letztere ihm einen Sohn, Hieronymus, gebar, der Frauenhayn erbte und sich mit Agnes von Harras aus Lichtenwalde vermählte. Nach dessen Tode besass das Gut, nebst Merzdorf, Hans Pflugk, vermählt mit Anna von Petzschwitz aus Rödern, die ihn fünf Söhne, Hans, Nikol, Hieronymus, Georg und Tham, gebar, welche im Jahre 1564 mit den väterlichen Gütern belehnt wurden. Hansens Sohn, der Chursächsische Kammerjunker Otto Pflug vermählte sich mit Anna von Einsiedel aus Syhra, und als diese starb mit Perpetua von der Sahla aus Schönfeld. Sein Sohn und Erbe, Otto Pflugk, vermählt mit Agnes von Schönberg aus Pfaffroda, wurde 1667 in der Kirche zu Frauenhayn beigesetzt, worauf ihm im Besitz des Gutes Tham Pflugk folgte, der 1698 mit Tode abging. Tham Pflug war Chursächsischer Hauptmann und vermählt mit Sabine von Lindenau aus Machern. Sein Nachfolger, Otto Pflugk, heirathete Elisabeth von Grünrod, die ihm einen Sohn, Innocenz Pflugk, schenkte, welcher der letzte Besitzer Frauenhayns aus dem Pflugkschen Geschlecht gewesen ist. Seine Gemahlin war Gertrud Pflugk aus dem Hause Posterstein.
Nach dem Abgange der Pflugkschen Familie aus Frauenhayn finden wir als Besitzerin des hiesigen Rittergutes eine Frau Sonnewaldin, von der dieses an die von Palm’sche Familie gelangte, welche es im Jahre 1780 an den königlich Sächsischen Kammerherrn von Weissenbach verkaufte, der 1813 [96] sich mit der Prinzessin Xaverie von Esclignac auf Zabeltitz vermählte. Zur Zeit ist Eigenthümer des Ritterguts Frauenhayn Herr Rittmeister Felix Ernst von Globig, vermählt mit der Freiin Therese geb. v. Weissenbach.
Das Schloss zu Frauenhayn war vor Jahrhunderten ein festes, mit Mauern und Gräben verwahrtes Gebäude, das in neuerer Zeit eine modernere Gestalt bekommen hat. Vor der Hierherkunft der Herren von Pflugk befand sich auf der Stelle, wo das Schloss steht, ein kleines Kloster, dessen Nonnen um das Jahr 1380 nach Grossenhain übersiedelten, und in der darauf erbauten Burg eine Kapelle, in der bis zur Reformation ein Kaplan angestellt war, der um jene Zeit als Diakonus an die Ortskirche versetzt wurde, zugleich aber auch den Gottesdienst in der Schlosskapelle, jedoch nur bei besonderen Gelegenheiten und auf Veranlassung des Schlossherrn, zu verrichten hatte.
Die Kirche zu Frauenhayn ist ein uraltes Gebäude, dessen am Thurme befindliche Jahreszahl 1580 sich keineswegs auf einen Neubau, sondern nur auf eine der vielen stattgefundenen Renovationen bezieht. Im dreissigjährigen Kriege, wo Frauenhayn gewaltig litt, sowie bei den mannigfaltigen Feuersbrünsten, blieb die Kirche immer unbeschädigt. Ihr Inneres enthält viele alte Denkmäler der Familie Pflugk, und als besonders erwähnenswerth ein Gemälde vom Jahre 1600, die Taufe Jesu darstellend, welches sich auf die Familie von Milkau auf Merzdorf bezieht und erst kürzlich restaurirt worden ist. Die Orgel hat an ihrem oberen Theile eine Sonne, der auffallend die Vergoldung fehlt, und es wird erzählt, als Frau Sonnewald das Gut besass, habe sie die Sonne vergolden lassen wollen, wegen Unterlassung der nothwendigen Anzeige bei der kirchlichen Behörde aber solches nicht erlaubt bekommen, ja sie sei sogar zu einer Geldstrafe verurtheilt worden. Thatsache ist es, dass die Sonnewald’schen Erben in Bezug auf diese Orgelreparatur 600 Thaler bezahlen mussten.
Eingepfarrt sind nach Frauenhayn auch Laudendorf, Raden, Treugeböhla, Wahnsdorf, Märzdorf, Seifertsmühl, Pulsen, Gröditz und Kotschka. Zwischen dem Pfarrer und einem hier befindlichen Diakonus wechseln, einige Ausnahmen abgerechnet, alle zufälligen Amtsverrichtungen nach Wochen oder einzelnen Fällen. Ausser zwei Friedhöfen in Frauenhayn ist auch noch einer in Treugeböhla. Das Kirchenbuch geht nur bis 1642, wo die Schweden fast den ganzen Ort sammt den Pfarrgebäuden einäscherten. Kotschka zeichnete sich während der Reformation durch seine strenge Altgläubigkeit aus, und weil es sich zu dem gleichfalls altgläubigen Frauenhayn hielt, blieb es auch nach der beendigten Reformation daselbst, obgleich es Elsterwerda viel näher liegt. Ausser der Hauptschule in Frauenhayn, welche zugleich die Kinder aus Raden und Lautendorf besuchen, giebt es noch besondere Kinderlehrer zu Wahnsdorf, Merzdorf und Gröditz. Collator über Kirche und Schule zu Frauenhayn ist der dasige Rittergutsbesitzer.