Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Gross-Hennersdorf

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Textdaten
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Autor: Moritz Grimmel
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Titel: Gross-Hennersdorf
Untertitel:
aus: Markgrafenthum Oberlausitz, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 3, Seite 110–112
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854–1861
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Gross - Hennersdorf
Gross - Hennersdorf


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Gross-Hennersdorf.


Gross-Hennersdorf liegt 1 Stunde von Herrnhut, 2 Stunden von Zittau und 11/2 Stunde von Bernstadt. Hennersdorf ist, wie sein Name deutlich an die Hand giebt, deutschen Ursprungs, und die alten Urkunden erzählen, dass im 10. oder 11. Jahrhundert ein deutscher Ritter, Namens Heinrich solches erbaut haben soll. Die Erbauung des Schlosses selbst lässt sich indess nicht mit Bestimmtheit angeben. Der Thurm und die übrigen Gebäude mit Ausschluss des gegen Abend zu liegenden Theiles, des eigentlich grossen Gebäudes mit 3 Stockwerken sind sehr alten Ursprungs.

In der Urkunde, welche Kaiser Karl IV. im Jahre 1365 über das an die Stadt Zittau verkaufte Königsholz ausgestellt hat finden wir dieses Schloss in folgender Weise erwähnt:

„sylvam nostram regalem dictam Kunnigswalde
silvam inter villas Heinrichsdorf et Oderwitz.“

Und aus einem Matricul des zum Prager Erzbisthum gehörig gewesenen Zittauer Decanats vom Jahre 1384 wird

„Heinrichsdorf, oder Schreibersdorf im Königsholz“

erwähnt.

Der Name Schreibersdorf mag daher entstanden sein, weil es im Lande mehrere Orte mit dem Namen Hennersdorf gab, weshalb man zur Unterscheidung den Namen „Schreibersdorf“ hinzugefügt hat. Gross-Hennersdorf heisst auch öfters Markt-Hennersdorf, von den Jahrmärkten, welche Dienstags nach Cantate und Dienstags nach Bartholomäi hier abgehalten werden.

Zu Gross-Hennersdorf werden auch die Orte Euldorf, Heuscheuna, das Vorwerk von Hennersdorf, Schönbrunn und das Buttermilchvorwerk gezählt. Heuscheuna war ursprünglich ein Vorwerk von Gross-Hennersdorf, hat späterhin eine eigene Herrschaft gehabt, wie in der Kirche eine Loge, die Heuscheunaer Loge bezeugt. Seit 1691 ist es ganz an Gross-Hennersdorf gekommen.

Der zuerst bekannt gewordene Besitzer dieser Güter war George von Stewitz. Von diesem erwarben vom König Wenzel im Jahre 1408 Hans Nikkol und Caspar Gebrüder von Gersdorf diese Besitzung als böhmisches Lehn, welche längere Zeit auch sich im Besitze behauptet haben. Ein Nicol von Gersdorf übergab die Güter im Jahre 1521 an seinen Sohn Caspar von Gersdorf. Laut Lehnbriefs vom Jahre 1531 [111] waren dann die Gebrüder Valten, Nikkel und Hans von Gersdorf in den Besitz gelangt. Valten und Nikkel sind hier im Jahre 1562 verstorben. Schon vor dem Tode dieser Männer kam Gross-Hennersdorf mit seinen Pertinenzen an Christoph von Haugwitz. Derselbe starb im Jahre 1569 und liegt in der Kirche begraben. Derselbe wird auch als der Erbauer der Pfarre zu Gross-Hennersdorf genannt.

Laut Lehnbriefs vom Jahre 1583 wurde wieder die Familie von Gersdorf damit belehnt und zwar die Gebrüder Rudolph, Hans und Caspar. Von diesen ging die Besitzung auf Herrn Christoph von Metzradt über. Im Jahre 1617 verkaufte Kaiser Matthias als König von Böhmen sämmtliche Güter des von Metzradt (Neckelwitz, Uebigau, Krinitz, Kossla und Hennersdorf unterm Königsholz) an Karl Anibal, Burggrafen zu Dohna, Freiherrn auf Wartenbergk und Prellin, Landvoigt in der Oberlausitz, um den Preis von 100,000 Gulden, wobei sich hinsichtlich des Kirchenlehns folgender Vorbehalt gemacht wurde:

„so lange sie in seinen und seiner Erben auch anderer katholischen Händen verbleiben, auff den Fall aber dieselben in unkatholische Hände kommen sollten, wollen Wir uns und unsern Nachkommen jederzeit die Besetzung mit katholischen Priestern vorbehalten haben.“

Gegen diese Religionsbeschwerde erhoben nach des Kaisers Matthias Tode beim Könige von Böhmen, dem Churfürsten Friedrich von der Pfalz, die Lausitzer Stände Beschwerde.

Deshalb verkaufte 1618 Carl Annibal Burggraf zu Dohna Hennersdorf unterm Königsholz an Caspar von Klüx auf Strahwalde. In dieser Familie ist dieses Gut bis zum Jahre 1676 verblieben, wo es sub hasta verkauft und von Nicol von Gersdorf, Geheimen-Rath und Kammerherrn, nachherigen Raths-Director und Landvoigt erstanden wurde. Die Beleihung fand am 28. März 1678 statt, sowie die von Heuscheuna im Jahre 1692. Von diesem Besitzer stammen die Jahrmärkte in Grosshennersdorf. Dann folgten dessen Söhne Johann Georg und Gottlob Friedrich von Gersdorf als Besitzer. Im Jahre 1710 kam das Gut an Nicol Freiherrn von Gersdorf. Dieser verfiel in Concurs und zur Abwendung desselben wurde eine Commission niedergesetzt auf Antrag seiner Mutter, Landvoigtin von Gersdorf, von welcher das Gut Heinrich Freiherr von Friesen im Jahre 1717 um 65,000 Thaler erkaufte. Derselbe verkaufte dasselbe in dem nämlichen Jahre an des vorigen Besitzers Schwester, an Fräulein Henriette Sophie von Gersdorf. Diese war eine Tochter der Catharina, Freiin von Gersdorf und die Tante vom Grafen von Zinzendorf und Pottendorf, dem Besitzer von Berthelsdorf und Gründer von Herrnhut.

Sie errichtete im Jahre 1721 eine Stiftung für Arme, erbaute ein Waisenhaus und nahm eine Menge Exulanten auf, welche den Grund zu Schönbrunn legten.

Im Jahre 1726 berief sie den ersten Pfarrer oder Katecheten für die böhmische Gemeinde, Namens Joh. Liberda. Die ausgewanderten Böhmen geriethen aber mit ihrer Herrschaft in Streit und erwirkten sich vom Könige von Preussen die Erlaubniss nach Berlin zu ziehen und dort eine Kirche zu erbauen, welche am 12. März 1737 als „Bethlehemskirche“ eingeweiht worden ist.

Liberda aber wurde als vermeinter Anstifter der in Sachsen und Böhmen ausgebrochenen Unruhen arretirt, in Untersuchung genommen, verurtheilt und ins Zuchthaus nach Waldheim gebracht, von wo er entsprang und glücklich nach Berlin entkam.

Mit dem Jahre 1741 verkaufte Fräulein Sophie von Gersdorf Gross-Hennersdorf an Herrn von Burgsdorf. Von dieser Zeit an verlor die zurückgebliebene kleine böhmische Gemeinde ihre eigene kirchliche Einrichtung und schloss sich an die teutsche Kirchengemeinde an.

Von dem Herrn von Burgsdorf kaufte Gross-Hennersdorf 1747 Frau Henriette Benigna Justina Gräfin von Zinzendorf und Pottendorf, verheirathete Freifrau von Wattewille. Nach ihrem Tode 1789 ging das Gut auf ihre Schwester Elisabeth von Wattewill, geborene Gräfin von Zinzendorf und Pottendorf über, von welcher es deren Gemahl 1807 ererbte. Nach dem Tode desselben im Jahre 1811 acquirirte es die Gräfin Fräulein Charlotte Sophie von Einsiedel, von welcher es im Jahre 1844 an die Unitäts-Direction der Herrnhuter Brüdergemeinde überging, die gegenwärtig noch im Besitze desselben ist.

Unter den Gebäuden des Rittergutes ist vorzüglich des Katharinenhofes zu gedenken, welcher von Henriette Sophie von Gersdorf zur Aufnahme [112] von Waisen und hülflosen Personen im Jahre 1722 erbaut und zu Ehren ihrer Mutter „Catharina“ Catharinenhof genannt wurde. Diese Anstalt ging in den 40er Jahren ein und das Haus selbst wurde dann von der Brüder-Unität zu andern Erziehungs-Zwecken benutzt, wogegen die angewiesenen Fonds der Kirche zuflossen.

Im Jahre 1832 ging auch das seit 1802 bestandene adliche Pädagogium ein und das Gebäude selbst nebst den Grundstücken durch Abtretung von der Gräfin Sophie von Einsiedel an den Staat, welcher im Jahre 1836 daselbst wieder eine Waisenanstalt errichtete, in welcher die Kinder mit Spaten-Cultur beschäftigt werden.

Das sogenannte grosse Gebäude mit 3 Stockwerken im Schlosse ist erst vom Landvoigt Freiherrn von Gersdorf seit 1676 erbaut, da bei einem frühern Brande das frühere Schloss fast gänzlich demolirt war.

Die Wirthschaftsgebäude sind durchgängig vortrefflich, da solche nach einem grossen Brande seit dem Jahre 1814 ganz neu erbaut sind.

Im Südosten des Ortes gewähren der grosse Berg und der Schönbrunner Berg herrliche Aussichten. Man erblickt die Tafelfichte, einen Theil des Riesengebirges, die Haindorfer Berge, den Jäschka und das böhmisch-lausitzische Grenzgebirge. Im Westen hat man zum kleinen Eisberg und zum langen Berg schöne Spaziergänge.

Im Süden befindet sich das Königsholz mit seinen Buchenwaldungen; im Nordosten erblickt man den Dittersbacher Berg und im Nordwesten den Sandberg. Im Westen kann man von der Höhe des Hengstberges Herrnhut sehen.

Die Hauptbeschäftigung der Einwohner ist der Ackerbau; es fehlt aber auch nicht an Handwerkern, unter welchen vorzüglich die Messerschmiede sich auszeichnen. Die Häusler theilen sich in Häusler mit und ohne Feld. Ausser den namhaften Gebäuden befinden sich hier 2 Gasthöfe, mehrere Schenken, 1 Windmühle und mehrere bürgerliche Freihäuser.

Grosshennersdorf mit Euldorf, Heuscheuna, Schönbrunn und Buttermilchvorwerk hat 286 Gebäude mit 390 Haushaltungen und 1607 Einwohnern.

M. G.