Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Halsbach

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Titel: Halsbach
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aus: Erzgebirgischer Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 4, Seite 27–29
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: [1856]
Verlag: Expedition des Ritterschaftlichen Album-Vereins
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Erscheinungsort: Leipzig
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Halsbach.


An der Strasse die von Freiberg nach Dresden führt, nahe am Muldenstrome, liegt das Rittergut Halsbach. Dasselbe besitzt vortreffliche Gebäude, eine Ziegelei, Schmiede, Mühle, Teiche, Steinbrüche, Brennerei, bedeutende Waldungen und über 1000 Dresdner Scheffel Land mit sehr reichhaltigen Thonlagern. Zu ihm gehören das Dörfchen Halsbach, mit einer Anzahl weithin zerstreuter Häuser, die zum Theil wie Schwalbennester an der steilen Höhe des Hammerwerkes über dem Wasserspiegel der Mulde schweben, und die auf der Kreuzer Mark erbauten Wohnungen. Nicht weit davon befindet sich ein zu Halsbach gehöriger Achat- oder Korallenbruch, welcher früher den sehr beliebten Korallenachat lieferte, in neuerer Zeit aber nicht mehr betrieben wurde. Der Bruch ist einen Lachter mächtig und die Gangart besteht aus sehr schönem gestreiften Achat. Die Streifen liegen lagenweise und werden von Amethyst, Carneol, Jaspis, Calcedon, durchsichtigem und undurchsichtigem Quarz umgränzt. In den Drusen finden sich Quarz- und Amethystkugeln, und springt beim Zerschlagen ein Stück nach der Lage der rothen Jaspisstreifen ab, so hat man auf der einen Fläche eine Menge erhabener rother Halbkugeln, welche zu dem seltsamen Namen Korallenachat Gelegenheit gegeben haben. – Die Gebäude des Rittergutes sind fast durchgängig in neuerer Zeit erbaut, auch mit Blitzableitern versehen, und das sehr hübsche, obschon blos sieben Fenster breite Herrenhaus lehnt an einer Senkung, die einen Teich enthält und einen kleinen Bach nach der Mulde hinableitet. Die Fluren von Halsbach sind durch den nahen Strom begränzt, und rainen mit Conradsdorf, Naundorf und Hilbersdorf.

Bereits im Jahre 1294 wird Halsbach in einer Urkunde und zwar unter dem Namen „Halichsbach“ erwähnt. Damals gehörte das Gut den Rittern von Honsberg, welche es in genanntem Jahre dem Rathe der Stadt Freiberg verkauften, wozu Markgraf Friedrich mit der gebissenen Wange am Tage Viti der Stadt die Lehn ertheilte. Zu Anfang des fünfzehnten Jahrhundert kam dasselbe in Besitz der alten Freibergischen Familie Buchführer, welche es um das Jahr 1434 den Hilligern, gleichfalls einer Patrizierfamilie, überliessen. 1438 gehörte Halsbach dem Bürgermeister der Stadt Freiberg, Caspar von Sayde, welcher kurz vorher auch das nahe Rittergut Conradsdorf erkauft hatte. Er starb 1443 und das Gut kam an einen seiner Söhne, der sich noch 1464 in dessen Besitze befand. Von ihm gelangten die Güter Conradsdorf und Halsbach an Nikol Hausmann, Rathsherrn und fürstlichen Münzmeister zu Freiberg, der im Juli 1499 in der Domkirche daselbst begraben wurde. Sein Sohn, Johann Hausmann, war ebenfalls Münzmeister und seit 1515 Bürgermeister, ein sehr gelehrter und verdienter Mann, welcher am Dienstage nach Valentini 1521 mit Tode abging und ebenfalls sein Grab in der Domkirche fand. In der Hausmann’schen Familie blieb Halsbach bis gegen die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, wo es an die Schönleben, später aber an Hans Seyfried verkauft wurde, dessen Sohn, der Bürgermeister Seyfried zu Freiberg, es bis gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts besass. Endlich gelangte das Gut an die Familie Kleeberg, aus der Christian Andreas Kleeberg, welcher sich um die Oekonomie grosse Verdienste erwarb, im Jahre 1836 mit Tode abging. Seine Erben verkauften Halsbach an den jetzigen Besitzer, Herrn G. F. Käferstein in Glauchau.

[28] Die Stürme des dreissigjährigen Krieges trafen wegen der Nähe Freibergs den Ort und das Rittergut Halsbach vielfach und veranlassten sogar seine Zerstörung, woran namentlich der Umstand Schuld trug, dass Halsbach zur Zeit der berühmten Belagerung Torstensons Eigenthum Gabriel Schönlebens, Bruders des kühnen Bürgermeisters Jonas Schönlebens zu Freiberg war, dem die Schweden sammt dem tapferen Obersten von Schweinitz wegen ihrer hartnäckigen Vertheidigung der Stadt den Tod geschworen hatten. Diese ewig denkwürdige Belagerung der alten treuen Bergstadt begann am 27. Dezember 1642. Die ganze schwedische Armee mit einhundert und acht Karthaunen und Feuermörsern lagerte sich um Freibergs Wälle, und forderte die Besatzung, welche ausser der Bürgerschaft aus einer Compagnie Dragonern und drei Compagnieen Fussknechten, zusammen dreihundert Mann stark, und etwa sechshundert Bürgern und Bergleuten bestand, zur Ergebung auf. Der Commandant, Georg Hermann von Schweinitz, liess dem Schwedischen Feldmarschall erwiedern, dass er von seinem Laudesherrn die Ordre habe, Freiberg zu vertheidigen und mit den Seinigen bis auf den letzten Blutstropfen Widerstand leisten würde. Alsbald begann das Schwedische Geschütz Kugeln und Feuerballen auszuspeien, so dass in drei Stunden dreizehnhundert und siebenzehn Schüsse auf die Stadt abgefeuert wurden. Dabei warfen die Mörser Steine von mehreren Centnern und Bomben von mehr als hundert Pfunden Gewicht in die Stadt, welche indessen nur wenig Schaden anrichteten, da sie glücklicher Weise grösstentheils auf freien Plätzen niederfielen. Mit besserem Erfolge dagegen schlugen die schweren Karthaunenkugeln gegen die Wälle und Mauerthürme, so dass bald eine Bresche entstand, die jedoch durch die Bergleute und Bürger mit unglaublicher Todesverachtung durch Erdsäcke und Dünger wieder ausgefüllt wurde. Durch kühne Ausfälle, Abgrabung der feindlichen Minen, und wohlgerichtete Schüsse erlitten die Schweden ungeheuere Verluste, und schwuren, bei Erstürmung der Stadt die Einwohnerschaft bis zum Säugling zu tödten und den Ort der Erde gleich zu machen, aber die tapfern Vertheidiger lachten der Drohung und verdoppelten ihren Eifer gegen den wuthschäumenden Feind. Dabei kämpften die Rathsherrn in Mitten ihrer Bürgerschaft, und namentlich Jonas Schönleben, der Bürgermeister, zeigte sich unaufhörlich an den gefährlichsten Stellen und munterte die wackeren Freiberger zum tapfersten Widerstande auf. Während des Krachens der Geschütze und dem wilden Geschrei der Kämpfer knieten deren Weiber und Kinder in den Kirchen und flehten um Gottes Beistand bei der nahen schrecklichen Gefahr.

Tag für Tag verging, ohne dass der erwartete kaiserliche Succurs erschien, und die Lage Freibergs wurde immer bedenklicher, da die Mauer bereits an mehreren Stellen niedergeschossen und die Vertheidigung der Stadt dadurch höchst schwierig geworden war. Am 16. Februar, des Abends um acht Uhr, zündeten die Schweden eine Mine, welche in einem Augenblick die Mauer in einer Länge von zwanzig Ellen zusammenwarf und den dabei stehenden Feuerthurm dergestalt beschädigte, dass er dem Einsturz nahe war. Die Gefahr wurde dadurch aufs höchste gesteigert, aber trotz der Aufforderung Torstensons, die Stadt unter günstigen Bedingungen zu übergeben, reichten sich die Belagerten fröhlich die Hand und schwuren, eher mit ihrer Stadt unterzugehen, als dem Feinde die Thore zu öffnen. Und ihr Muth hielt aus bis zum letzten Augenblick – ihr Hohngelächter und Jubelgeschrei verfolgte bald darauf die abziehenden Schweden, welche das treue Freiberg von jener Zeit an nicht mehr anders als die „Hexenstadt“ nannten.

Es war am 17. Februar 1643 als Nachts gegen 11 Uhr von Lichtenberg zwei dumpfe Karthaunenschüsse herüberdröhnten und bald darauf zwei Raketen emporstiegen. Es waren die Losungszeichen der Kaiserlichen, die zur Rettung der Stadt heraneilten. Die Bürger und Soldaten stürzten einander in die Arme und jubelten über die zerschossenen Wälle und Thurmzinnen hinaus; aber auch im Schwedischen Lager ging es lärmend her, denn die Belagerer rüsteten sich zum Abzuge. Am frühen Morgen des 18. Februar zog die kaiserliche Avantgarde unter Anführung des Grafen Broy in die halbzertrümmerte Stadt, von deren Thürmen der Doppeladler und das Banner mit dem Sachsenwappen sie fröhlich begrüsste. Bald darauf folgte auch der kaiserliche Generalfeldmarschall Piccolomini mit mehreren hohen Offizieren und das Erstaunen Aller erreichte den höchsten Grad, als sie den Zustand der Befestigungen und die geringe Anzahl der Vertheidiger erblickten.

Einen unsterblichen Namen hat sich Freiberg durch diese heldenmüthige Vertheidigung erworben. Acht Wochen lang konnte sich eine Landstadt mit einfacher Fortification gegen eine zahlreiche und vorzüglich bewaffnete Armee halten. Mehr als fünftausend Schüsse wurden gegen Freibergs Mauern abgefeuert und vierzehn Minen gesprengt. Der Kaiser Ferdinand liess bei der Nachricht von dem Entsatze Freibergs in der Hofkirche das Te Deum singen und sogleich ein Schreiben an den Generalfeldmarschall Piccolomini abgehen, worin er ihn beauftragte, der Garnison und Bürgerschaft Freibergs in kaiserlicher Majestät Namen zu danken und dem Obersten von Schweinitz nebst dem Bürgermeister Schönleben mitzutheilen, dass binnen zwei Tagen der Graf von Bois in Freiberg eintreffen und ihnen kaiserliche Gnadenketten, im Werthe von tausend Thalern für den Obersten und fünfhundert Thalern für den Bürgermeister, einhändigen würde. Dazu erhielt Jonas Schönleben ein Adelsdiplom, Schweinitz aber die Erhebung in den Reichsfreiherrnstand.

Nach seiner Zerstörung durch die Schweden erhob sich Halsbach bald wieder aus der Asche und ist seit jener Zeit von keinem bedeutenden Unfalle betroffen worden. Durch eine Abänderung und Erweiterung des Schulbezirks wurde es nöthig, ein neues Schulhaus zu erbauen, in welchem gegen hundert Kinder Unterricht erhalten. Die Einwohnerschaft, gegen dreihundert Köpfe stark, besitzt nur sehr wenig Feld und nährt sich hauptsächlich vom Bergbau.

Halsbach ist in die Kirche des nahen Dorfes Conradsdorf eingepfarrt. Dieselbe war ursprünglich eine Kapelle, die zum Gebrauche der Pilger diente, welche nach dem Gnadenbilde im Cisterzienserkloster Altenzelle bei Nossen wallfahrteten. Bis zur Reformation hatte dieses Kloster in Conradsdorf einen Caplan, der daselbst den Gottesdienst besorgte; nach Herzog Georgs des Bärtigen Tode aber wurde die Kirche unter die Superintendentur Freiberg gestellt. Einer der ersten hiesigen evangelischen Geistlichen war M. Johann Götze aus Themar, Luthers einstmaliger Famulus, der als hochbejahrter Greis erst 1601 nach siebenundvierzigjähriger Amtsführung zu Conradsdorf starb. – Die Kirche liegt auf einer Anhöhe und ihr gefälliges Aeussere entspricht keineswegs dem düsteren und feuchten Innern. Die alte vortreffliche Orgel ist ein Werk des berühmten Silbermann. – 1632 drangen die Croaten in [29] Conradsdorf ein, und wütheten hier so entsetzlich, dass sie unter anderem in die Kirche einbrachen – wohin sich nebst dem Pfarrer und Schulmeister eine Anzahl Einwohner geflüchtet hatten – und die unglücklichen Landleute sämmtlich ermordeten. Noch lange Jahre nachher sah man an den Kirchenthüren die Spuren der bestialischen Wuth des Kriegsvolkes, das ausser einem silbernen Kelche der Kirche auch eine beträchtliche Geldsumme raubte. – Ausser Halsbach und Conradsdorf sind in die hiesige Kirche noch eingepfarrt das Dorf Falkenberg und einige entfernter gelegene, nach einer vormals berühmten Grube „St. Lorenz Gegendrom“ genannte Häusser.

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