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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Kuckukstein

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: O. M.
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Titel: Kuckukstein
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 66–69
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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[66]
Kuckukstein
(das Schloss zu Liebstadt).


Liebstadt, in Urkunden auch Liebestadt, Liebenstadt und Libstadt geschrieben, ist ein Vasallenstädtchen des Meissner Kreises mit einem altschriftsässigen Rittergute und liegt zwischen der Gersdorfer, Lauensteiner, Bärensteiner, Reinhardsgrimmaer und Giesensteiner Herrschaft, drei Stunden südlich von Pirna und ebensoweit von der Böhmischen Grenze entfernt (1150 Fuss über dem Meere) in drei sich durchkreuzenden Thälern an der Seidewitzbach, welche sich, mit dem Molkengrund und der Gauersbach vereinigt, hier in die Gottleube ergiesst, die bei Pirna in die Elbe fällt. Das Städtchen hat mit Einschluss der geistlichen Gebäude beinahe hundert Häuser und eine Bevölkerung von etwa neunhundert Menschen, grösstentheils Handwerkern, Feldarbeitern und Strohflechtern. Trotz des steinigen Bodens ist der Feldertrag ein günstiger und Wasser und Luft sind, vorzüglich auf den Höhen, sehr rein und gesund. Die kleine unscheinbare Seidewitzbach erreicht nach anhaltendem Regen oft eine derartige Strömung, dass sie nicht selten bedeutenden Schaden anrichtet und als Beweis ihrer Wassergewalt meldet [67] uns die Chronik, dass im Jahre 1711 eine ziemliche Quantität Holz, das die Regierung in dem Liebstädter Walde gekauft hatte, auf der Seidewitzbach bis Pirna geflösst werden konnte. Von den am Schiesshause gestandenen sieben uralten Kreuzen (die Schwedenkreuze genannt) riss das Gewässer des Baches im Jahre 1804 vier aus der Erde und schwemmte sie fort. – Die reizendsten Punkte der Umgebung Liebstadts sind: der Niedergrund, der Molkengrund, der Ziegenrücken, der Hutberg, der rothe Berg, der Teufelsstein und die wüste Mühle in Tröbnitzgrund, der Schlottwitz- oder Müglitzgrund, der Bürgerboden und Hofboden. Von den Höhen geniesst man unbeschreiblich reizende Aussichten auf das Städtchen Liebstadt, in die Gegend von Dresden und Meissen, das Sächsische Hochland und weit hinauf nach Böhmen.

Die Sage berichtet, dass Liebstadt seinen Namen von den frommen Pilgern erhalten habe, die theils hier durch, theils an der sogenannten weissen Marter vorüber, nach Böhmen wanderten. Die weisse Marter war ein Heiligenbild (Marthasäule), dessen Denkstein am Ende des hiesigen Pfarrgutes am rothen Busche noch jetzt vorhanden ist. Die Pilger fanden hier immer eine gastliche Aufnahme, weshalb sie den Ort die „liebe Stadt“ nannten, und vor Jahren stand vor dem Pfarrhause ein alter steinerner Tisch, an welchem die Wallfahrer gespeist worden sein sollen. Was an dieser Sage Wahres sein mag lässt sich nicht ermitteln, dagegen ist soviel gewiss, dass nach Unterjochung der hier hausenden Slaven und Ausrottung eines grossen Theiles der hier vorhandenen Waldungen, zur Zeit Kaiser Heinrichs I. das Schloss Kuckukstein entstand. Dieses altehrwürdige Gebäude liegt auf einem felsigen Berge, umgeben von Bäumen und Gesträuchen, ist in halbgothischem Style erbaut und besteht aus fünf Flügeln, welche durch zwei kleine Höfe mit einander verbunden und von einem viereckigen Thurme überragt sind. Am Fusse des Schlosses entstand nach und nach das Städtchen, dessen Benennung mit der Zeit den Namen der alten Kuckuksburg verdrängte. – Die Wirthschaftsgebäude des Rittergutes liegen am Fusse des Schlossberges, sowie auch der terrassenförmig sich erhebende herrschaftliche Garten, in welchem unter andern ein grosses Gebäude, die Reitbahn, sich befindet.

In ganz früherer Zeit ging die Burg Kuckukstein bei der Krone Böhmen zur Lehn, doch fehlen aus den ersten Jahrhunderten nach ihrer Entstehung alle Nachrichten. Zwar wird in einem Thüringischen Kaufkontrakte vom Jahre 1221 ein Henricus de Libenstedt, albus Dapifer, als Zeuge erwähnt, doch ist nicht nachzuweisen, dass er Herr auf der Burg Kuckukstein gewesen sei. Im dreizehnten Jahrhundert wird dagegen das Schloss gar nicht selten genannt, und zwar häufig als ein festes und gefährliches Raubschloss, dessen Bewohner die Strasse nach Böhmen unsicher machten und unter dem Schutze der mächtigen Burggrafen von Dohna standen, bei denen sie auch zur Lehn gingen. Zu Ende des dreizehnten Jahrhunderts gehörte Liebstadt den Burggrafen von Dohna, die in einer 1286 ausgestellten Urkunde sich verpflichten, dass sie und ihre Nachkommen nicht wie bisher Stadt und Schloss von der Krone Böhmen, sondern von dem Bischof zu Meissen in Lehn nehmen wollten, und zwar als Ersatz dafür, dass sie dem Hospitale St. Materni zu Dresden zwei Weinberge geschenkt hatten, die Meissnisches Lehn waren.

Die Burggrafen von Dohna waren mit der Zeit so mächtig geworden, dass sie selbst um ihre Landesherren, den König von Böhmen und den Markgrafen von Meissen, sich wenig mehr kümmerten. In weitem Kreise um ihre Stammburg Dohna lagerten die ihnen gehörigen Vesten Königstein, Wesenstein, Kuckukstein und viele andere feste Schlösser und Herrenhöfe und weit hin an den Ufern der Elbe dehnte sich ihr Gebiet. Noch trägt das alte Wappen der Neustadt Dresden (bis zum Brande vom Jahre 1685 Altstadt Dresden genannt) den Dohnaischen Hirsch im Schilde, denn die mächtigen Burggrafen waren Herren dieses Marktfleckens, der erst 1403 Stadtgerechtigkeit erhielt, und noch erzählt eine Sage, dass sie das Recht hatten den gejagten Hirsch bis auf die Elbbrücke zu verfolgen. Da bot sich den Markgrafen von Meissen und dem König Wenzel von Böhmen eine günstige Gelegenheit sich von den gefürchteten, fehdelustigen Burggrafen von Dohna zu befreien, indem durch einen zwischen Jeschke von Dohna und Rudolf von Körbitz auf Meusegast bei einem Adelstanze zu Dresden entstandenen Streit eine blutige Fehde entstand. Burggraf Jeschke hatte die Gemahlin des Ritters von Körbitz etwas vertraulicher behandelt als der Eheherr billigte, und dieser stellte deshalb dem von Wein und Lust aufgeregten Jeschke beim Tanze ein Bein, worauf die verhängnissvolle Ohrfeige fiel, welche Hunderten das Leben und den Dohna’s ihre Besitzungen kostete. Nach langem Kampfe, während dessen der alte Burggraf Otto Heyde von Dohna im Gefängnisse starb, Burggraf Maul beim Hammerwerke Fichte und sein Bruder Heyde bei Burkhardtswalde erschossen worden waren und Jeschke zur Flucht nach Böhmen gezwungen wurde, stürmte Markgraf Wilhelm am 19. Juni 1402 die Burg Dohna und liess sie von Bergleuten demoliren. Während der Fehde musste Liebstadt den Burggrafen vierzig reisige Männer stellen.

Nachdem Liebstadt durch Vertreibung der Burggrafen von Dohna in Besitz des Markgrafen von Meissen gekommen war, scheint derselbe die Stadt nicht, gleich andern Dohnaischen Gütern, an einen seiner Edelleute verliehen, sondern zu den Krongütern geschlagen zu haben. Die Annahme, dass der Kuckukstein nach der Dohnaischen Fehde eine Zeit [68] lang als Kloster benutzt worden sei ist unrichtig, und der Beweis dafür durch das Vorhandensein einer Kapelle (die sich in allen bedeutenderen Schlössern vorfindet), und des dahinführenden Mönchgangs nicht von Belang. Wie lange die Landesherrschaft Liebstadt besessen habe ist nicht genau zu bestimmen, doch mag es in der Mitte oder zu Ende des funfzehnten Jahrhunderts bereits an die reiche Familie von Bünau gekommen sein, obgleich dieselbe urkundlich erst 1513 daselbst genannt wird, wo Günther von Bünau in der Ortskirche ein Chor und eine Sakristei anlegte und einen neuen Thurm bauen liess. Die Herren von Bünau besassen Liebstadt bis zum Jahre 1655, zu welcher Zeit ein Günther von Bünau dasselbe an seinen Stiefvater, den Obersten Detlev von Wedelbusch, überliess, dessen Wittwe, eine geborene von Bünau, es 1691 an ihren Schwiegersohn Cuno Christoph von Birkholz verkaufte, der königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer General war. Dessen Sohn, der Kammerherr Johann Georg von Birkholz hinterliess die Besitzung seiner Wittwe und es entstand nunmehr ein rascher Wechsel der Herrschaft. Frau von Birkholz überliess Liebstadt dem Assessor im Landgerichte des Markgrafthums Niederlausitz Dr. Wolfgang Albrecht Behrisch, der viel an dem Schlosse baute und die Besitzung an den Schiffsherrn und Handelsmann zu Pirna Johann Christoph Hamisch abtrat. Dessen Nachfolger war der Commissionsrath Johann Siegfried Franke, unter dessen Sohne das Gut subhastirt werden musste. Dasselbe erstand 1775 der Kreiscommissarius Hans Carl August von Carlowitz, welcher die schöne Besitzung mit dem ihm gehörigen Rittergut Grosshartmannsdorf bei Freiberg in ein Majorat verwandelte. Ihm folgte im Besitze dieser Güter der königliche Preussische General Carl Adolf von Carlowitz, und nach ihm der Legationsrath und Kammerherr Friedrich Paul Emil von Carlowitz. Zur Zeit ist Majoratsherr auf Liebstadt und Grosshartmannsdorf Herr Georg Carl von Carlowitz.

Das Stadt- und Marktrecht zu Liebstadt mag sehr alt sein. Herzog Georg der Bärtige verstattete Liebstadt auf Veranlassung seines Rathes Heinrich von Bünau am Freitage nach Cathedra Petri 1492 zu Dresden einen freien Wochenmarkt, welcher jedoch später eingegangen ist und an dessen Stelle der Wochenmarkt zu Pirna benutzt wird. Die Erwähnung Heinrichs von Bünau beweist die schon oben erwähnte ausgesprochene Behauptung, dass Liebstadt bereits im funfzehnten Jahrhundert Eigenthum der Familie von Bünau war. Die beiden auf Maria Magdalene und Nicolai stattfindenden Jahrmärkte sollen nach alten Nachrichten mit dem Verschwinden des Ablasses und Papstthums abgekommen sein, wurden jedoch vom Churfürsten August 1576 neuerdings privilegirt und werden jetzt Montags nach Apostel Theilung und nach dem zweiten Advente abgehalten. Sie gehören zu den besuchtesten der Gegend. In früherer Zeit hatten mehrere benachbarte Dörfer die Verpflichtung ihren Bedarf an Bier und Salz aus Liebstadt zu beziehen, nachgehends aber fand zwischen Liebstadt und Lauenstein eine Erbverbrüderung statt, nach welcher die Dörfer beider Herrschaften von diesem Zwange befreit wurden. Vor etwa zwanzig Jahren erbaute die Bürgerschaft der Brauerei gegenüber ein ansehnliches Malzhaus, auch ist damals ein Felsenkeller in den Schlossberg gebrochen und eine steinerne Brücke über die Seidewitzbach gebaut worden. Das Stadtbuch von 1495 gedenkt auch einer Badestube die auf einem Hause im Niederstädtchen ruhte und der Commun einen Jahreszins von vierundzwanzig Groschen einbrachte. Einer hier befindlichen Schützengilde gedenken alte Nachrichten schon 1492; sie wurde 1569 mit Zustimmung des damaligen Erbherrn Rudolph von Bünau erneuert, 1721 wiederum hergestellt und bestand bis in die neueste Zeit. – Das Wappen der Herrschaft Liebstadt zeigt sieben weisse Lilien im rothen Felde. Das hiesige Rathhaus wurde von der Herrschaft erkauft und in einen Gasthof (zum schwarzen Kleeblatt) umgewandelt, seit welcher Zeit die Ratssitzungen immer im Hause, des regierenden Bürgermeisters abgehalten werden. Nach dem schon erwähnten alten Stadtbuche hatte Liebstadt damals die Jurisdiction und Ausübung des peinlichen Halsgerichts. Liebstadt ist von gar mancherlei Schicksalen betroffen worden. In der Fehde des Ritters von Körbitz mag der Ort nicht wenig gelitten haben, auch wurde derselbe im Hussitenkriege mehrfach von streifenden Partheien heimgesucht. Im Jahre 1596 brannten im unteren Theile des Städtchens fünfundzwanzig Häuser und zwei Scheunen ab, und 1632 starben 148 Menschen an der Pest. Ein hitziges Fieber, das 1693 ausbrach, grassirte den ganzen Sommer hindurch. Die Leute wurden vor allzu grosser Hitze ganz unsinnig, sie schwollen auf, wurden ganz matt und starben, so dass dieser Seuche 240 Personen zum Opfer fielen. Am 2. April 1692 kamen die Schweden unter General Banner hierher, plünderten die Häuser, tödteten viele Einwohner und führten einige derselben als Gefangene hinweg, auch brach zu gleicher Zeit eine schreckliche Hungersnoth aus. Am 5. August desselben Jahres kamen 300 feindliche Reiter aus Pirna in Liebstadt an, die abermals alles ausplünderten, welches Schicksal die Stadt auch am 1. und 4. Januar 1643 betraf. Als die Hatzfeldischen Truppen im März 1643 vierzehn Tage lang in hiesiger Gegend einquartirt waren, unternahmen sie einen Sturm auf das Schloss Kuckukstein, eroberten dasselbe und wütheten mit nicht zu beschreibender Bestialität. Ein unvorsichtig abgefeuerter Schuss, welchen ein herrschaftlicher Diener 1745 nach einer Taube richtete, legte die ganze Niederstadt in Asche. Grosse Drangsale verursachte auch der Napoleonische [69] Krieg, indem am 10. Mai 1813 ein Würtembergisches Truppencorps von 17,000 Mann und 150 Polnische Uhlanen hier einquartirt wurden. Am 9. September desselben Jahres um fünf Uhr Nachmittags trafen der Kaiser Napoleon und König Murat mit 40,000 Mann in hiesiger Gegend ein, die theils in Liebstadt Quartier nahmen, theils aber auch im Freien bivouaquirten, auch wurde Liebstadt nach der Schlacht bei Culm von einem französischen Heere berührt. Auf den Fluren bei Nenntmannsdorf und Borna fand ein Treffen zwischen Kosaken und Franzosen statt, und mehrere auf dem Hutberge postirten Kanonen bedrohten Liebstadt mit Vernichtung. Bemerkenswerth ist auch aus jener Zeit, dass der Kaiser Napoleon auf dem Schlosse Kuckuksburg übernachtete, und als er in der Bibliothek das Bild des Generals Moreau erblickte liess er sich ein Messer bringen und trennte von der Uniform des Bildes den Orden der französischen Ehrenlegion ab, wobei er die Dekoration zu Boden warf und eigenhändig an deren Stelle schrieb: le traitre en etait indigne! – Dieses Bild befindet sich noch jetzt unter den verschiedenen Sehenswürdigkeiten des Schlosses.

Die Familie von Carlowitz hat sehr viel für die Verschönerung des Schlosses und seiner Umgebungen gethan, indem es reizende Anlagen, eine reichhaltige Bibliothek, treffliche Gemälde und mancherlei Sehenswürdigkeiten durch sie erhielt. Den Gerichtsbezirk Liebstadts bildeten ausser dem Städtchen die Dörfer Berthelsdorf, Döbra, Göppersdorf, Herbergen und Wingendorf, letzteres mit Ausschluss von vier zum Rittergute Giesenstein gehörigen Häusern; ferner das rothe Vorwerk, der Schaafhof, das Vorwerk Lichtenberg und die Herrenmühle. In früherer Zeit waren auch die Besitzer des im Amte Grüllenburg gelegenen Gutes Braunsdorf verpflichtet, die Lehn bei dem Schlosse Kuckuksburg nachzusuchen und alle Lehnsverbindlichkeiten gegen dasselbe zu erfüllen, wie eine Urkunde vom Jahre 1598 darüber Aufschluss giebt.

Nach dem Schlosse Kuckuksburg ist unbedingt das interessanteste Gebäude Liebstadts die altehrwürdige Kirche, welche dem Schlosse schräg gegenüber auf einem isolirten Hügel liegt. Ueber ihre Gründung fehlen alle Nachrichten, doch weiss man dass sie in grauer Vorzeit nur eine Kapelle war, die mit dem Schlosse durch einen unterirdischen Gang, den Mönchsgang, verbunden gewesen sein soll. Da der ältere kleinere Theil gewölbt, der später angebaute aber mit einer Holzdecke versehen ist, so hat das Gotteshaus offenbar in späterer Zeit, wahrscheinlich im Jahre 1577, einen ziemlichen Umbau erlitten. Ueber den Bau des viereckigen Thurms sagt ein altes Stadtbuch von 1513 dass 1511 „ein chor und thurm, eine gewolbete sacristei vnten im thurme, ein sangkchor, ein gehawener wantstein verdinget und am sundag der kirchmes der erste Grundstein gelegt worden sei.“ – An der Seite der Sakristei, in welche einst bei einem starken Gewitter der berüchtigte Räuber Lips Tullian vergeblich einzubrechen versuchte, sowie hinter dem Altare befinden sich eine Anzahl Todtengrüfte, über denen die Steinbilder der darin Schlummernden aufgerichtet sind. Sie gehören grösstentheils der Familie Bünau an. Unweit der Kirchthür erblickt man das lebensgrosse Bild des Obersten von Wedelbusch, und in der Höhe, dem herrschaftlichen Betstübchen gegenüber, die Contrefeis des Generals von Birkholz, des Obersten von Wedelbusch und des Commissionsraths Franke mit ihren Frauen, sowie zwei alte Kriegsrüstungen und vier Fahnen, einst den beiden genannten Kriegsleuten angehörend. Ein Meisterstück der Bildhauerkunst ist das Denkmal des 1594 verstorbenen Pfarrers Simon. Ob zwei vorhandene Altargemälde wirklich, wie behauptet wird, von Lukas Cranachs Meisterhand herrühren, überlassen wir Kennern. Die Bekleidung des Altars und der Kanzel sind Geschenke des Bauers Schwenke in Wingendorf, der zur Erinnerung an seinen Sohn, der 1818 bei einer in Dresden stattgefundenen Pulverexplosion das Leben verlor, solche der Kirche verehrte. Auf dem Kirchhofe zeichnet sich das Denkmal der im Jahre 1832 zu Liebstadt verstorbenen Frau Generalin von Carlowitz aus.

Eingepfarrt nach Liebstadt sind Herbergen, Göppersdorf, Wingendorf, Saitenhain (mit Beschränkung), das rothe Vorwerk, das Vorwerk Lichtenberg (wozu früher ein im dreissigjährigen Kriege eingeäschertes Dorf gehörte) und die Herrenmühle. Borna ist Filial. Den Gottesdienst verrichten ein Pfarrer und ein Diakonus.

O. M.