Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Lobstädt
Lobschitz, Lobschwitz genannt, liegt ¾ Stunde von Borna und 5 Stunden von Leipzig am rechten Ufer der Pleisse, von Westen begrenzt durch eine herrliche Aue, die weithin von Süden nach Norden führt und auf vielen Punkten von schattigen Buschwerk umgeben und mit freundlichen Dörfern besäet ist. Die fruchtbaren Wiesen, welche durch jährliche Ueberschwemmungen des Flusses immer reiche Nahrung empfangen, bewirken den Reichthum seiner Bewohner. Zur Zeit der Heuerndte weilet man hier gern, denn der Wandrer wird unwillkührlich gefesselt an die reich beladenen Wagen.
Die Gründung des Ortes ist von den Sorbenwenden erfolgt, wie dies die Endung des Namens auf itz deutlich an die Hand giebt.
Ein Schloss muss ebenfalls schon frühzeitig hier erbaut gewesen sein, da Lobschitz oder Lobschwitz, das spätere Lobstädt schon 1229 vom Kaiser Friedrich II. an den Burggrafen Albert von Altenburg vererbt wurde, weil Letzterer für ihn vorher 95 Mark verwendet hatte. Dessen Sohn verkaufte es aber im Jahre 1269 an Heinrich von Zeschau, bei welcher Familie es lange Zeit blieb. Durch Verwandschaft kam dann Lobschitz oder Lobschwitz an die von Kuneritz, von Konneritz oder von Könneritz, welche es noch zu Ende des 15. bis Mitte des 16. Jahrhunderts besassen. – Im Jahre 1530 lebte Florian von Könneritz oder Konneritz, welcher die im Jahre 1432 von den Hussitten zerstörte Abtsdorfer Kapelle abbrechen und zu Privatgebäuden verwenden liess. Das Dorf Abtsdorf richtete Windolf II. als Abt des Benedictiner Klosters zu Pegau im Jahre 1101 auf und mit demselben die Abtsdorfer Kapelle. Diese genoss seit dem Jahre 1106 mit dem Pegauer Kloster gleiche Rechte, nach dem Graf Wieprecht sein Kloster dem Römischen Stuhle unterwürfig gemacht hatte, um es nicht in die Hände weltlicher Personen kommen zu lassen. Das Dorf Abtsdorf lag zwischen Borna und Lobstädt. Im Jahre 1551 starb Heinrich von Konneritz, welcher mit Barbara von Breitenbach vermählt war und in dieser Ehe 6 Söhne erzeugte, von welchen der spätere Besitzer von Lobstädt Erasmus von Konneritz berühmt geworden ist, dessen Lebensgeschichte wir schon bei der Beschreibung von Gross-Zössen erwähnt haben.
Mit Laurentia von Gablenz, gebürtig aus Wendischleuba, vermählt, zeugte Erasmus von Konneritz 3 Töchter und 1 Sohn. Er starb 1562 im November und liegt zu Lobstädt begraben. Sein Leichenstein, der ihn als geharnischten Ritter darstellt; steht jetzt in der Vorhalle der Kirche. Die älteste Tochter dieses einflussreichen Mannes, Anna von Konneritz heirathete späterhin den Herrn Abraham von Einsiedel auf Syhra und Hopfgarten, wodurch Lobstädt an dieses perühmte Geschlecht übergegangen ist.
Unter ihnen ist auch Hans von Einsiedel bekannt geworden, dessen Leben wir aber bei Gross-Zössen näher beschrieben haben. Derselbe starb im Jahre 1695 unverehelicht. In seiner Besitzzeit fällt die Erwerbung des Stadtrechtes, von wo an der Name Lobschwitz nicht mehr vorkommt. Wenige Jahrzehnte nach seinem Tode und zwar im Jahre 1724 verfiel Lobstädt in Sequestration und blieb in solcher über 100 Jahre.
Nach der Sequestration zu Ende der 20 ger Jahre kaufte Lobstädt der Oberbürgermeister Scholber, von welchem es an dessen Frau Wittwe kam, deren Sohn es jetzt noch besitzt.
Das Rittergut, das sich mit seinem grossen Garten und mit seinen erneuerten Gebäuden an die Pleisse lehnt, hat 100 Acker Feld, viel Wieswachs und bedeutende Fischerei, dazu gehören grosse Schäfereien, und eine gute Ziegelei.
Lobstädt, mit seiner geseegneten Gegend, hat von jeher viel Kriegsungemach zu ertragen gehabt.
Schrecklich war die ganze Umgegend und auch der Ort Lobschwitz oder später Lobstädt in dem schweren Kriege verwüstet, den Adolf von Nassau, der Kaiser, gegen die Markgrafen Friedrich und Dietzmann führte weil diese ihr, als künftiges Erbe ihnen zugehöriges Land, dass ihr Vater, Albrecht der Unartige, hinterlistig für 12,000 Mark Silber verkauft [197] hatte, nicht in fremde Hände kommen lassen wollten. Im Jahre 1295 rückte Adolph mit einem grossen Heere in Thüringen und später auch im Pleissnerlande ein. Leipzig ergab sich. Borna wurde niedergebrannt und manche schwere Gewaltthat in der eroberten Gegend ausgeübt. Friedrich floh, aber im Jahre 1308 kam er, nachdem er mit eigner Hand zwischen Altenburg und Borna den Philipp von Nassau, einen Bruder des Kaisers Adolph im Zweikampf getödtet hatte (der wahrscheinlich den Markgrafen Dietzmann den 25. Nov. 1307 in der Thomaskirche zu Leipzig während der Christmetten ermorden liess) in den ungestörten Besitz von Thüringen, Meissen und dem Osterlande.
Auch im Hussittenkriege ist Lobstädt von den wilden Kriegern heimgesucht worden. Noch bezeugen übrig gebliebene Namen von untergegangenen Dörfern hiesiger Gegend, deren Stätte man kaum mehr mit Gewissheit anzugeben vermag, mit welcher Wuth diese aufgereizten Haufen ihre Gräulscenen in jedem Orte widerholten. Ein einfaches Kreuz auf einem freien Platze des Ortes, der sogenannten Schlossgasse soll aus dieser traurigen Zeit herstammen und auf sie hindeuten.
Der 30jährige Krieg brachte ebenfalls über Lobstädt Noth und Elend. Bald wurden die Häuser geplündert, bald schreckten die Schwerdter durch ihre Cräuelthaten die Bewohner.
Viele Güter wurden ganz verlassen, und gross war die Anzahl derer, die den ansteckenden Seuchen erlagen.
Nur der langjährige Frieden, der hierauf folgte und nur durch einzelne Scenen des 7jährigen Kriegs unterbrochen wurde, konnte die tiefgeschlagenen Wunden nach und nach wieder heilen.
Doch wurde Lobstädt mehrmals durch Feuerunglück heimgesucht, welches hier und da wieder grossen Verlust und Nachtheil mit sich führte.
Der französische Krieg brachte später neue Drangsale über den Ort.
Die ganze Hauptmacht der Russen und Preussen, an der Spitze der Kaiser Alexander und der König Friedrich Wilhelm ging vor der Lützner Schlacht im Jahre 1813 durch Lobstädt. Noch zeigt man die Felder, wo 70,000 Mann Russen eine Nacht hindurch bibouakirten und das Haus, wo Alexander das zweite Mal abstieg.
Während der Leipziger Schlacht im October desselben Jahres standen die Oesterreicher mit ihrer Bagage in und um Lobstädt, und Brod und Fleisch musste von hier aus dem vorrückenden Heere nach gesendet werden. Mit bangen Erwartungen waren die Herzen erfüllt; aber das schwere Gewitter entlud sich über Leipzig und in dessen Nähe und nur der ferne Donner des Geschützes erschütterte die Häuser der geängsteten Einwohner von Lobstädt.
Seit dem ist der Friede Deutschlands auch seegnend über die Fluren von Lobstädt gezogen und der Wohlstand hat sich hier allenthalben wieder gehoben.
Der Gutsherr von Lobstädt ist seit 1838 auch Patron der sonst von Ministerium des Cultus besetzten Pfarrstelle. Die Kirche ist im 13. oder 14. Jahrhundert hier gegründet worden, wie wohl sie lange Zeit noch nur als Kapelle bestanden hat.
Erst im Jahre 1610 hat sie ihre jetzige Grösse erhalten, und im Jahre 1829 unterlag sie einer bedeutenden Restauration.
Von der Gutsherrschaft dem Herrn Oberbürgermeister Scholber nebst Frau Gemahlin, ward ihr ein treffliches Oelgemälde, nach Quergino 1836 in Rom von einem jungen Maler, Namens Rösler aus Altenburg, copirt, welches den Altar schmückt. Es stellt die Scene dar, wo Thomas, der Ungläubige, seine Finger in die Nägelmale Christi legt, und enthält somit ein schönes Zeugniss für die Auferstehung des Herrn.
Das Innere der Kirche ist lichtvoll und geräumig, seit dieser Restauration, welche durch ein besonderes Kirchenfest am 1. Septbr. 1813 gefeiert wurde. Noch ist die grosse Liberalität der Gutsherrschaft von Lobstädt von jenem Jahr in Aller Andenken und nie werden Lobstädter Bewohner vergessen, welchen Dank sie derselben schuldig sind.
Lobstädt hat übrigens unter seinen 97 Feuerstätten 2 schöne Gasthöfe, 3 Anspänner-Güter, 62 Nachbarhäuser und 21 Häusler. Die Einwohner, deren Anzahl gegen 685 beträgt, nähren sich gröstentheils von Feldbau, wie wohl auch viele Handwerker hier ihr Brod gefunden haben. Lobstädt, welches früher seine eigne Gerichtsbarkeit hatte, gehört jetzt zum Gerichtsamte Borna.