Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Seelingstädt

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Autor: O. Moser
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Titel: Seelingstädt
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 87–88
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Seelingstädt
bei Grimma.


Seelingstädt, in Urkunden auch Selegenstat und Seligestat genannt, liegt in einer angenehmen Aue, drei Viertelstunden von Trebsen und eine starke Stunde von Grimma am Kranichsbache (ursprünglich Granitza- oder Gränzbache) zwischen dem Hengstberge und dem Trebsener Colm. Der Ort zählt in zweiundsechszig Häusern etwa vierhundert Einwohner; seine Fluren bestehen in sieben Hufen trefflichen Feldes, auch gehört dazu schöne Waldung.

Seelingstädt ist ein uralter Ort, dessen schon im zwölften Jahrhundert Erwähnung geschieht. Die hiesige Gegend gehörte bereits im zehnten Jahrhundert dem Gaugrafen Buzelin, dessen Gebiet östlicherseits von der Mulde begrenzt war, denn im Jahre 991 vertauschte er das nahe Nerchau (Nerichowa) für Pausitz (Busci) an den Erzbischof Giseler von Magdeburg, der damals wahrscheinlich als Oberlehnsherr des Grafen Esiko von Merseburg handelte. Einige Jahre nachher (995) finden wir Nerichowa als Eigenthum des Grafen Esiko, das König Otto am 6. October dem Meissner Stifte, gleichwie am 13. Juni 997 das Burgwart Nirechouua, in der Grafschaft des Meissner Markgrafen Eginhard gelegen, dem Erzstifte Magdeburg schenkte. Bis zum dreizehnten Jahrhundert bleibt in der Ortsgeschichte hiesiger Gegend manches Dunkel. 1199 herrschte hier das reiche Adelsgeschlecht von Trebsen (Tripizin, Trybesin, [88] Trebisen), von dem bereits 1189 Ritter Bernhard von Tripizin dem Landtage auf dem Colmberge bei Oschatz beiwohnte, und vermuthlich Herr der Burg Trebsen war. Die Ritter von Tripizin besassen das Land in weitem Umkreise und scheinen auch fromme Herren gewesen zu sein, denn das Kloster Nimptschen, wie auch das Augustinerkloster zu Grimma genossen von ihnen mancherlei Wohlthaten.

Seelingstädt soll in frühester Zeit ein Städtchen gewesen sein, und dafür spricht auch wirklich der Umstand, dass 1289 sich allhier ein Spital befand, welches dem Kloster Nimptschen gehörte, das schon 1251 im Orte drei und ein halbes Talent Zinsen zu erheben hatte; die Kirche aber stand unter den Grimmaischen Augustinern. Die Herren von Trebsen blieben im Besitze hiesigen Rittergutes bis gegen Ende des funfzehnten Jahrhunderts, wo, durch nicht bekannte Umstände veranlasst, die Güter an die Familie von Saalhausen gelangten. Im Jahre 1580 gehörte Seelingstädt einem Herrn von Bissing und nach diesem Junker Hansen von Eissnig. Der nächste Besitzer des Gutes war Dr. David von Döring, der 1630 in den Adelsstand erhoben und nur „Kaiser Ferdinands und Churfürst Johann Georgs Orakel“ genannt wurde. Er besass den Titel „Geheimer Kammerrath und des heiligen Römischen Reichs Gefreyter“, machte sich beim Abschlusse des Prager Friedens, 1635, verdient und wurde 1638 in der Kirche zu Hohenstädt begraben. Der Vater dieses für Sachsen so verderblich gewordenen Mannes, der ausser bedeutendem baaren Vermögen auch Trautzschen, Lampertswalde, Wellertswalde, Dahlen, Nehmitz, Mühlbach, Böhlen, Mutzschen und Seelingstädt besass, war Valentin Döring, Amtsschösser zu Grimma. Dr. David von Döring erhielt mit Bewilligung des Churfürsten zu Sachsen auch das alte Magazin am Grimmaischen Schlosse und den daneben gelegenen Garten für tausend Gülden, mit Bewilligung, dass der ganze Bezirk, wie schon 1399, canzleischriftsässig bleiben sollte und auf demselben fremde Weine und Biere ausgeschenkt werden dürften. Dr. Döring verwandelte das Magazin in ein schönes gethürmtes Wohnhaus, kaufte für 8400 Gulden das Vorwerk zu Kleinbothen, die Schadeler Mühle und Fischerei und schenkte Alles dieses der Klosterschule, welche es noch jetzt unter dem Namen „Döringisches Gemiethe“ besitzt. Das Freihaus war auch eine Zeit lang Eigenthum des Amtsschössers Kette auf Seelingstädt, der wegen dessen Schriftsässigkeit viele Streitigkeiten auszuhalten hatte. Von David von Dörings sechs Söhnen erbte Seelingstädt und Nehmitz Hans Georg von Döring, verkaufte aber Ersteres 1668 an den Amtsschösser Kette zu Grimma, in dessen Besitze das Gut etwa zwanzig Jahre blieb, worauf es durch Kauf an Johann Friedrich von Döring gelangte, der 1720 auch Flössberg erwarb. Ihm folgte 1747 Johann David von Döring, welcher 1764 das Gut dem Hauptmann Friedrich Gottlieb von Döring hinterliess. Erst in neuester Zeit kam Seelingstädt, nach zweihundertjährigem Besitz, von der Familie von Döring an den jetzigen Eigenthümer Herrn Albert Zschucke.

Die Gegend um Seelingstädt besteht aus abwechselnden Bergen und Thälern, hat beträchtliche Waldungen und gehört zu den gesündesten und wohlhabendsten unseres Vaterlandes. Schon Melanchthon, der sich gern und oft in Grimma aufhielt, nennt in einem Briefe an Camerarius die hiesige Pflege eine Schmalzgrube Meissens. Deshalb lebten auch hier im Mittelalter nicht wenige Raubritter, welche es namentlich auf die reichbeladenen Saumrosse und Frachtwagen der nach Grimma ziehenden Kaufleute abgesehen hatten, weshalb die Städte Torgau, Oschatz und Grimma mit vielen adligen Herren ihrer Nachbarschaft 1344 ein Schutzbündniss gegen die Landplacker schlossen, so dass jede Stadt der anderen mit zehn Armbrustschützen und zwanzig Geharnischten, jeder Edelmann aber mit zwei Reitern beistehen sollte. Im Jahre 1429 fand hier ein Gefecht zwischen dem Churfürsten Friedrich von Brandenburg und einem Hussitenheere statt, da der Churfürst geschlagen und aus seiner Stellung am Colm getrieben worden war. Die Hussiten brannten alle Dörfer nieder, und als bei Grossbardau sich ihnen eine grosse Anzahl von Edelleuten mit ihren Knechten entgegenstellten, erlitten auch diese eine völlige Niederlage. Als die Böhmen 1449 nochmals einen Einfall unternahmen, traf Grimma und die umliegenden Dörfer wiederum ein trauriges Schicksal, indem Feuer und Schwert schreckliche Verheerungen anrichteten, und namentlich die Edelhöfe von den wilden Kriegsleuten heimgesucht wurden. Der dreissigjährige Krieg brachte neue Drangsale, das Herrenhaus zu Seelingstädt ging in Feuer auf und drei Einwohner des Ortes fanden dabei ihren Tod durch betrunkene Croaten, auch brannten diese das zu dem Rittergute gehörige Vorwerk Beyersdorf nieder.

Die Kirche zu Seelingstädt ist das einzige Filial von Trebsen, in dessen Kirche die Dörfer Bach, Rottersdorf, Pauschwitz, Walzig und Wednig eingepfarrt sind. In früherer Zeit hatte der Diakonus zu Trebsen die kirchlichen Verrichtungen in Seelingstädt zu besorgen, da aber seit 1642 kein Diakonus wieder angestellt wurde, hat dieselben der Trebsener Pfarrherr zu verwalten. Die Collatur über beide Kirchen und die Schulen stehen dem Rittergutsbesitzer auf Trebsen zu.

O. Moser.