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Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Wiederau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Wiederau bei Pegau
Untertitel:
aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 151–152
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Wiederau
bei Pegau.


Wiederau liegt am linken Ufer des Flossgraben, ¾ Stunde von der preussischen Grenze, eine Stunde nördlich von Pegau, 1¼ Stunde südwestlich von Zwenkau, in der Elsteraue, in einer sehr tiefen, doch vor Ueberschwemmungen, durch zahlreiche Dämme möglichst gesicherten, angenehmen Gegend, unter einem sehr milden Klima. Durch den Ort führt die Chaussee nach Zeitz, welche zwischen Imnitz und Rüssen die ebenfalls chaussirte, alte Audigaster oder hohe Strasse verlässt und Pegau nur am westlichen Ende berührt. Wiederau hat 37 bewohnte Gebäude, 52 Familienhaushaltungen und 311 Bewohner. Der Ort gehört jetzt zum Gerichtsamt Pegau, zum Bezirksgericht Borna, zur Amtshauptmannschaft Borna, zum Regierungsbezirk Leipzig.

Das Schloss liegt südwestlich am Dorfe, von welchem eine schöne Allee von mehr als 100jährigen Linden zu den Gebäuden führt. Um den ganzen Hof ist ein Wassergraben geführt, davon jedoch in neueren Zeiten ein Theil zugeschüttet worden ist.

Die Wirthschaftsgebäude haben mit dem Schlosse gleiches Alter, sind daher nicht gerade prächtig, aber doch ihrer vollkommenen Symmetrie wegen gefällig zu nennen. Ein besonderer Vorhof trennt von denselben das eigentliche Schloss, welches unstreitig zu den schönsten, im edelsten und grandiosesten Style erbauten, in Sachsen zu zählen ist. Auch ist es so massiv, dass es seit 1705 nicht wieder renovirt und abgeputzt worden und doch noch wie neu dasteht. Es hat mit den Sousterrains vier Etagen, ein gebrochenes Schieferdach mit Blitzableitern, deren Fangstangen gabelförmig ausgehen, und acht Fenster in der Breite. Zum Eingang führt eine schöne Freitreppe; gegen Norden befinden sich auch kurze Nebenflügel. Fast den ganzen Hof umgiebt der Garten, der jetzt mehr, wie früher, benutzt wird, aber sehr schön genannt werden muss. Vorzüglich bemerkenswerth ist die darin befindliche Orangerie mit neun Zoll starken Stämmen. Auch der Gartensalon ist prächtig und das Gewächshaus sehenswerth. Ausserhalb des Gartens, gegen Osten, ist noch ein Busch zu Spaziergängen benutzt und als solche gelten auch die vielen, mit Obstalleen besetzten Querdämme.

In früheren Zeiten gehörte Wiederau zu der Grafschaft Groitzsch, wovon das Amt Pegau mit seinen Ortschaften den Haupttheil bildete. Diese Grafschaft kam aber im 13. Jahrhundert als ein eröffnetes Lehen an die Meissner Markgrafen und im Jahre 1662 kaufte Herzog Moritz von Sachsen Zeiz dem Churhause das Amt Pegau mit seinen Besitzungen ab. Durch Moritz Wilhelm, dem letzten Sprossen der Zeitzer Linie, kam das Amt Pegau mit seinen Ortschaften wieder an Kursachsen, an den König August II.

Der eigentliche Begründer des Schlosses Wiederau war im Jahre 1704 der geheime Rath von Fletzscher, von welchem es 1737 der Graf von Hennicke, der einflussreichste Minister des Grafen von Brühl übernahm, welcher von August II. für das Rittergut das Privilegium auswirkte, 75 Klaftern Flossholz ohne Bezahlung vom hiesigen Flossholzhof jährlich abholen zu dürfen. Dem Grafen von Hennicke hat Wiederau die Verschönerung des Schlosses, der Oeconomiegebäude, des Gartens und dergl. zu verdanken. Derselbe hat sich auch durch Aufführung von Dämmen gegen die Ueberschwemmungen der Elster verdient gemacht.

Der erwähnte Flossholzhof befindet sich nördlich etwa 600 Schritte vom Dorfe, am linken Ufer des Schlossgrabens, welcher hier und bei Döhlen von ansehnlicher Breite ist. Dieser Flossgraben berührt Zwenkau, die Pulvermühle, Prödel, Zöbigker und Gautzsch (sämmtlich rechts gelegen) und ergiesst sich unter Connewitz in die Pleisse, welche vollends bis zum Flosshofe hin (zuletzt mittelst der abgeleiteten neuen Pleisse) statt des Flossgrabens dient. Bei erwähnter Pulvermühle giebt der Flossgraben links die Patzschke ab, welche die Cospudensche Papiermühle treibt und weiter unten theils wieder in den Flossgraben bei Zöbigker, theils durch einen geringen Arm über Laura in die Elster geht. Letztere verzweigt sich überhaupt noch bei Leipzig auf mehrfache Weise mit der Pleisse, indem der Hauptarm unter der hohen Brücke (westlich von der [152] Funkenburg) hindurch geht, um das Rosenthal westlich zu begrenzen, während ein zweiter noch diesseits der Funkenburg die Strasse kreuzt, ein dritter hingegen mit dem Hauptarme der alten Pleisse vereinigt, als Mühlgraben bis in die Nähe des innern Frankfurter Thores zu Leipzig kommt, hier nur durch ein Wehr von der höher fliessenden Pleisse geschieden ist und, schnell sich wendend, dem Lazareth zuströmt.

Man wird diese Abschweifung zur Verständniss des Ganzen uns gern verzeihen, und nun zurück nach Wiederau:

Mit dem nahen Döhlen wird Wiederau durch einen hohen Damm und durch vier Brücken verbunden, davon die drei ersten nur beim Austreten des Flusses Wasser unter sich haben. Die eigentliche Flussbrücke ist sehr lang, aber nur hölzern, und an derselben steht ein, schon zu Döhlen gehöriges Gebäude für den Brückenzoll. Von diesem Hause bis zur hohen Strasse führt an der Chaussee eine schöne Pappelallee.

Im Nordosten vom Gute findet man grosse Obstplantagen und im Südosten eine der grösseren Ziegelbrennereien. Bei dieser Ziegelei giebt es eine Hopfenplantage und auf den herrlichen Auenfeldern baut man auch Flachs, viel herrliches Kraut, Hirse u. s. w. Ueberhaupt ist um Wiederau der fruchtbarste Boden der ganzen Pegauer Pflege zu finden.

Von dem Grafen von Hennicke ging das Rittergut mit dem Patronat über Kirche und Schule auf den churfürstlich sächsischen Oberküchenmeister Herrn von Berlepsch über, von welchem es die Familie Kypke im Jahre 1811 acquirirte, die gegenwärtig noch im Besitze des Gutes ist, welcher das Gut und das Dorf viele Verbesserungen und viele Wohlthaten verdankt, und der auch Grossstorkwitz gehört.

Die Kirche, der Bewohnerzahl hiesigen Orts angemessen, gehört unter die bessern, freundlichen Landkirchen. Sie ist im Jahre 1836 im Innern erneuert und mit einer trefflichen achtfüssigen Orgel versehen worden. Ein Altargemälde und ein hölzernes Crucifix sind ihr zur Zeit des Minister Grafen von Hennicke von einem Italiener verehrt worden.

Von der Zeit ihrer Gründung sind keine Nachrichten vorhanden, indem im Jahre 1724 die hiesige Pfarrwohnung vom Blitze getroffen und abgebrannt ist, wobei auch das Pfarrarchiv ein Raub der Flammen wurde. Der Thurm hat zwei sehr alte Glocken, deren Aufschrift aber nicht entziffert worden ist. Die Kirche besitzt drei Acker Wiesen, einen Acker Holz und ein Capital von 2000 Thalern.

Der erste vom Catholicismus zum Protestantismus übergetretene Pfarrer war Simon Acker im Jahre 1522–1549. Seit dieser Zeit fungirten überhaupt vierzehn Pastoren bis jetzt.

Die Kinder der hiesigen Schule sind in der neuern Zeit bis auf vierzig angewachsen und ist die Schullehrerstelle selbst mit 200 Thalern fixirt. Die Parochie, wozu weiter nichts gehört, steht unter der Inspection Pegau.

Wiederau hat sehr schöne Bauergüter. Vorzüglich aber zeichnet sich der Gasthof aus. Derselbe bildet mit seinen grossen und schönen, auch mit Blitzableitern versehenen Gebäuden das westliche Ende des Dorfes, ist herrschaftliches Eigenthum und enthält auch die Brauerei und Brennerei.

Mit dem Rittergute Wiederau war das Gut Klein-Dalzig (¾ Stunden nordwestlich gelegen) combinirt, welches jetzt zum Gerichtsamte Zwenkau gehört und nach Gross-Dalzig eingepfarrt ist. Zu Wiederau gehörten auch noch die Dörfer Döhlen, Gross-Trewitz (wo die Collatur ebenfalls dem Rittergute zusteht), Merschwitz und Rüssen.

Gross-Trewitz gehört ebenfalls jetzt unter das Gerichtsamt Pegau, wogegen Rüssen und Döhlen dem Gerichtsamte Zwenkau zugewiesen sind.

M. G.