Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Brauna
eine starke Stunde gegen Nordwest von Camenz, am Liebenauer Bache, in der Nähe von Liebenau, nahe unterwärts Petershain, am Fusse des aus Hornschiefer und hornartigem Porphyr bestehenden hohen Waldbergs, auf welchem man eine der schönsten Aussichten hat, gelegen. Ueberhaupt gewähren alle die Höhen um Brauna herum Fernsichten, wie man sie in andern Gegenden nicht leicht wieder findet, insbesondere sieht man vom Petershainer Spitzberge die Landeskrone bei Görlitz.
Ringsum auf den Höhen lagen in der frühesten Zeit Burgen, die hier und da in späterer Zeit zerstört und eingegangen sind, wie z. B. in Petershain und in Liebenau. Ebenso sind auch die Orte hiesiger Gegend sehr frühzeitig angelegt und von den Sorbenwenden bewohnt worden. Auch Brauna ist ein solcher Ort, wie dies der Name selbst schon giebt.
Wer der Erbauer des früheren hiesigen alten Schlosses war, an dessen Stelle jetzt das neue steht, ist ungewiss. Das jetzige Schloss hat 14 Fenster in der Fronte. Zum Gute gehörten noch die Dörfer Liebenau, Schwoosdorf, Petershain und Rohrbach. Im letztern Orte ist ein Vorwerk mit Schäferei, welches von Brauna aus beaufsichtigt und bewirthschaftet wird. Im 13. Jahrhundert kam auch noch das Gut Häslich hinzu.
Wer die ersten Besitzer von Brauna waren, ist nicht genau zu ermitteln; indess steht so viel fest, dass die Burggrafen von Camenz als Lehn- und Grundherren der hiesigen Gegend auch Brauna mit besassen.
Mit dem Absterben des letzten Burggrafen von Camenz, Borso von Camenz, erreichte das weitläufige Lehn der Herren von Camenz seine Endschaft. Sämmtliche Vasallen der ehemaligen Burggrafen fielen jetzt dem Landesherrn zu, der ihnen seitdem unmittelbar die Lehn über ihre Güter ertheilte. Damals war dies der deutsche König und österreichische Kaiser Albrecht II. als König von Böhmen. Wie Borsos übrige Mannen, so wurde auch vom Kaiser mit Brauna im Jahre 1438 Ulrich von Grünradt beliehen. Von dem Gründradt’schen Geschlecht ist dann Brauna an die Familie von Schlieben im 16. Jahrhundert gekommen, die auch Pulsnitz besassen und zwar bis zum Jahre 1580.
Von 1580 bis 1603 kam Brauna zur Herrschaft Pulsnitz, welche Hans Wolf von Schönberg acquirirt hatte, der solche dann seinem zweiten Sohne, Hans Wolf von Schönberg, hinterliess und solche bis 1612 behauptete.
Von 1616–1619 finden wir des Vorigen älteren Bruder als Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn in Brauna. Derselbe liess in der Hauptkirche zu Camenz für sich und seine Nachfolger eine Loge bauen, und 1616 kam ein Vergleich wegen Vocirung des dasigen Archidiaconus, wegen des Decems u. s. w. mit ihm zu Stande. Er starb in Brauna am 16. November 1619, wurde aber erst am 27. December Nachmittags 4 Uhr in der Kirche zu Pulsnitz beigesetzt, und in der bei Lichte ihm gehaltenen Gedächtnisspredigt wurde von dem damaligen Pastor unter Andern auch gerühmt, dass er nicht nur den Geistlichen und Schuldienern ihren Gehalt ansehnlich verbessert, sondern auch auf eigene Kosten eine neue Schule von Grunde aus erbaut habe, damit die Jugend in der Religion besser könne unterrichtet werden.
Ihm folgte seine Wittwe, geb. von Dieskau, von welcher deren Sohn, Christian Johann von Schönberg, Brauna übernahm. Von 1649 bis 1685 besass nach des letztern Tode das Gut Brauna dessen Sohn Hans Wolf von Schönberg, von welchem es in die Hände des Bruders Wolf Georg kam, der hier bis 1706 lebte und als Oberlandjägermeister starb. Nach seinem Tode behauptete bis 1714 dessen Wittwe Frau Catharine Salome, geb. von Haugwitz, die Güter Brauna, Häslich, Rohrbach und Koitzsch. Sie war eine grosse Wohlthäterin der Unterthanen und starb für sie viel zu früh. Ihre Tochter, Frau Erdmuthe Salome, vermählte Gräfin von Dallwitz, war die Erbin der Hinterlassenschaft der Mutter. Bei Lebzeiten ihres Gemahls, Johann Casimir, Grafen von Dallwitz auf Kohl und Tetzschka, Landeshauptmann des Markgrafthums Niederlausitz, überliess sie diesem die Sorge für ihre Erbgüter.
Nach dem am 4. October 1729 erfolgten Ableben des Grafen übernahm sie selbst dessen Verwaltung, bis sie dieselben im höheren Alter verkaufte und zwar im Jahre 1745 an Johann Heinrich von Geiersberg und Osterburg, dessen Ahnen die Freiherren von Geier im Würtembergischen waren.
Die Hoffnung seines Vormundes bei dem Ankaufe der Güter Brauna, Rohrbach, Schwoosdorf und Häslich ging nicht in Erfüllung. Der damalige Knabe wurde nie recht mündig, blieb unvermählt und lebte ein trauriges Leben. Deshalb wurden seine Besitzungen gegen eine Jahresrente auf Lebenszeit und mit dem Vorbehalte der herrschaftlichen Wohnung in Brauna wieder verkauft. Am 7. August 1805 starb derselbe zu Brauna und mit ihm der Letzte seines Stammes.
Schon 1775 hatte Johann Siegismund Ehrenreich Graf von Redern, Standesherr auf Königsbrück, Besitzer der Rittergüter Grossgrabe und Bulleritz, die Güter des Reichsgrafen von Geiersberg acquirirt und Brauna, Rohrbach, Schwosdorf, Häslich und Liebenau bis zum Jahre 1786 in Lehn erhalten.
Nach seinem im Jahre 1789 erfolgten Ableben übernahm die ganze [176] Herrschaft seine Tochter, Charlotte Sophie Eleonore, welche sich im Jahre 1790 mit dem damals verwittweten Friedrich Leopold Reichsgrafen zu Stolberg-Stolberg vermählte, der jedoch schon 1819 durch den Tod von ihrer Seite gerissen wurde.
Zur Freude ihrer Unterthanen, zum Schutze ihrer weit verzweigten Familienglieder hat dieser unermüdlich sorgenden und helfenden Mutter Gott ein langes Leben geschenkt. Sie starb am 8. Januar 1842, und im Besitze von Brauna folgte ihr ein einziger ältester Herr Sohn, Graf Johann Peter Cajus von Stolberg-Stolberg, welcher seit dem 9. Mai 1829 mit Gräfin Marie Sophie Clementine Hubert, geb. Freiin von Loë aus dem Hause Wissen vermählt ist, deren ältester Sohn Graf Alfred Friedrich Leopold Nicolaus ist, dessen Geschwister noch folgende sind:
- 1) Sophie Alexandrine Henriette Pauline Marie;
- 2) Clementine Auguste Alexandrine Marie Louise;
- 3) Julie Louise Maria Anna;
- 4) Elisabeth Helene Maria Therese;
- 5) Maria Agnes Pauline Ludovica Benedicta;
- 6) Maria Anna Helena Sophia Clementine.
Ein schöner Kranz von Kindern umgiebt den Grafen Johann Peter Cajus, und Brauna wird noch lange unter einem so edlen Stamme mit herrlichen Zweigen blühen und grünen.
Diese Herrschaft Brauna ist auch dem edlen Geschlechte selbst lieb und werth geworden, so dass man nicht erwarten kann, dass je ein Tausch oder eine Veränderung des Wohnsitzes stattfinden sollte.
Durch die Verbindung der Güter Liebenau, Petershain, Häslich und Rohrbach ist Brauna eine so bedeutende Besitzung von so umfassendem grossen Complex, welche der Arbeiten und der Thätigkeit viele von der Gutsherrschaft in Anspruch nimmt. Vorzüglich, wenn, wie hier, die Sorge für das Wohl ihrer Unterthanen und ihrer Angehörigen stets eine rege, aufmerksame ist.
Brauna ist ausserdem noch bekannt durch seine bedeutenden Waldungen und grossen Teiche.
Petershain und Liebenau ist blos durch Teiche von Brauna geschieden, von denen es noch mehrere in Nordwesten giebt. Der grösste dieser Teiche liegt bei Rohrbach.
Brauna ist eins von den 20 Ortschaften, die zur Parochie Camenz gehören und wo von 10 die deutschen und 9 die wendischen Dörfer heissen, obwohl jetzt die letztern zum Theil ganz deutsch sind, die Einwohner von allen auch deutsch verstehen. Brauna gehört zu den 11 deutschen Dörfern.
Die Taufen, Copulationen, Beichthandlungen und die heilige Abendmahlsfeier der Wenden findet, mit Ausnahme von dreimaliger Communion in der Klosterkirche, an den ersten Feiertagen der drei hohen Feste in der Hauptkirche statt.
Die wendischen sonn- und festtäglichen Predigten werden in der Klosterkirche gehalten, auch die Katechisationen, diese jedoch in deutscher Sprache.
Die Haupt- und Pfarrkirche von Camenz, genannt zu St. Maria, ist im 13. Jahrhundert erbaut. Zwölf säulenartige Pfeiler tragen in einer Höhe von 30 Ellen das auf starken Granitmauern anhebende Gewölbe des mit 15 Fenstern erhellten Gotteshauses. Der daran befindliche Kirchthurm belohnt sein Besteigen mit einer herrlichen Aussicht bis auf die 8 Meilen entfernte Landeskrone.
Der Weg zu dieser Kirche führt über einen mit vielen Denkmälern ausgestatteten Friedhof. In der südöstlichen Ecke desselben ist im Jahre 1835 ein mit eisernem Gitterwerk versehenes Belvedere errichtet.
Seit diesem Jahre 1835 ist auch in Brauna von der der römisch-katholischen Kirche angehörigen Herrschaft eine dem Gottesdienste dieser Kirche bestimmte Kapelle erbaut, welche am 18. October desselben Jahres durch den Bischof Mauermann eingeweiht worden ist.
Den Gottesdienst versieht daselbst mit bischöflicher Genehmigung der Schlosskaplan Brörmann. Die Kapelle ist modern, aber in einem gefälligen Style erbaut.
Die in Brauna befindliche Schule ist evangelisch-lutherisch und steht unter der geistlichen Inspection des Archidiakonus zu Camenz. Sie ist für die Gemeinden zu Brauna mit Rohrbach, Schwoosdorf, Petershain und Liebenau bestimmt. Die Anzahl der Schulkinder beträgt jetzt 130.
Die Schulgebäude hat die Gräfin zu Stolberg erbauen lassen und im Jahre 1820 den Gemeinden, insofern es zu diesem Gebrauche verwendet wird, für immer geschenkt, auch die Unterhaltung desselben zum grossen Theil übernommen. Dem Schullehrer sind, ausser einem Gehalte aus der Rentei, ein Holzdeputat und Grundstück zu seinem Gebrauche von der Herrschaft angewiesen.
Ausserdem hat die Gutsherrschaft von Brauna sich noch andere hohe Verdienste um ihre Gemeinden erworben, wie z. B. durch Versorgung armer hülfsloser Unterthanen, durch Austheilung von neuen Gesangbüchern an arme Kinder, so dass man mit Recht sagen kann, dass diese hohe Herrschaft in Schaffen des Guten und Wohlthätigen nie müde geworden ist.
Das mit Brauna verbundene Rohrbach war früher ein Dorf von mehreren Bauern, deren Besitzungen nach dem 30jährigen Kriege wüste liegen blieben und von der Gutsherrschaft acquirirt und bebaut werden mussten.
In neuerer Zeit haben sich wieder einige Häusler daselbst angesiedelt.
Brauna mit Rohrbach hat 50 bewohnte Gebäude mit 310 Einwohnern, wovon 7 bewohnte Gebäude mit 35 Bewohnern auf Rohrbach kommen.
Beide Orte gehören zum Gerichtsamte Camenz und zur Amtshauptmannschaft Bautzen, also auch zum Regierungsbezirk des letztern Ortes.