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Herrschaft seine Tochter, Charlotte Sophie Eleonore, welche sich im Jahre 1790 mit dem damals verwittweten Friedrich Leopold Reichsgrafen zu Stolberg-Stolberg vermählte, der jedoch schon 1819 durch den Tod von ihrer Seite gerissen wurde.

Zur Freude ihrer Unterthanen, zum Schutze ihrer weit verzweigten Familienglieder hat dieser unermüdlich sorgenden und helfenden Mutter Gott ein langes Leben geschenkt. Sie starb am 8. Januar 1842, und im Besitze von Brauna folgte ihr ein einziger ältester Herr Sohn, Graf Johann Peter Cajus von Stolberg-Stolberg, welcher seit dem 9. Mai 1829 mit Gräfin Marie Sophie Clementine Hubert, geb. Freiin von Loë aus dem Hause Wissen vermählt ist, deren ältester Sohn Graf Alfred Friedrich Leopold Nicolaus ist, dessen Geschwister noch folgende sind:

1) Sophie Alexandrine Henriette Pauline Marie;
2) Clementine Auguste Alexandrine Marie Louise;
3) Julie Louise Maria Anna;
4) Elisabeth Helene Maria Therese;
5) Maria Agnes Pauline Ludovica Benedicta;
6) Maria Anna Helena Sophia Clementine.

Ein schöner Kranz von Kindern umgiebt den Grafen Johann Peter Cajus, und Brauna wird noch lange unter einem so edlen Stamme mit herrlichen Zweigen blühen und grünen.

Diese Herrschaft Brauna ist auch dem edlen Geschlechte selbst lieb und werth geworden, so dass man nicht erwarten kann, dass je ein Tausch oder eine Veränderung des Wohnsitzes stattfinden sollte.

Durch die Verbindung der Güter Liebenau, Petershain, Häslich und Rohrbach ist Brauna eine so bedeutende Besitzung von so umfassendem grossen Complex, welche der Arbeiten und der Thätigkeit viele von der Gutsherrschaft in Anspruch nimmt. Vorzüglich, wenn, wie hier, die Sorge für das Wohl ihrer Unterthanen und ihrer Angehörigen stets eine rege, aufmerksame ist.

Brauna ist ausserdem noch bekannt durch seine bedeutenden Waldungen und grossen Teiche.

Petershain und Liebenau ist blos durch Teiche von Brauna geschieden, von denen es noch mehrere in Nordwesten giebt. Der grösste dieser Teiche liegt bei Rohrbach.

Brauna ist eins von den 20 Ortschaften, die zur Parochie Camenz gehören und wo von 10 die deutschen und 9 die wendischen Dörfer heissen, obwohl jetzt die letztern zum Theil ganz deutsch sind, die Einwohner von allen auch deutsch verstehen. Brauna gehört zu den 11 deutschen Dörfern.

Die Taufen, Copulationen, Beichthandlungen und die heilige Abendmahlsfeier der Wenden findet, mit Ausnahme von dreimaliger Communion in der Klosterkirche, an den ersten Feiertagen der drei hohen Feste in der Hauptkirche statt.

Die wendischen sonn- und festtäglichen Predigten werden in der Klosterkirche gehalten, auch die Katechisationen, diese jedoch in deutscher Sprache.

Die Haupt- und Pfarrkirche von Camenz, genannt zu St. Maria, ist im 13. Jahrhundert erbaut. Zwölf säulenartige Pfeiler tragen in einer Höhe von 30 Ellen das auf starken Granitmauern anhebende Gewölbe des mit 15 Fenstern erhellten Gotteshauses. Der daran befindliche Kirchthurm belohnt sein Besteigen mit einer herrlichen Aussicht bis auf die 8 Meilen entfernte Landeskrone.

Der Weg zu dieser Kirche führt über einen mit vielen Denkmälern ausgestatteten Friedhof. In der südöstlichen Ecke desselben ist im Jahre 1835 ein mit eisernem Gitterwerk versehenes Belvedere errichtet.

Seit diesem Jahre 1835 ist auch in Brauna von der der römisch-katholischen Kirche angehörigen Herrschaft eine dem Gottesdienste dieser Kirche bestimmte Kapelle erbaut, welche am 18. October desselben Jahres durch den Bischof Mauermann eingeweiht worden ist.

Den Gottesdienst versieht daselbst mit bischöflicher Genehmigung der Schlosskaplan Brörmann. Die Kapelle ist modern, aber in einem gefälligen Style erbaut.

Die in Brauna befindliche Schule ist evangelisch-lutherisch und steht unter der geistlichen Inspection des Archidiakonus zu Camenz. Sie ist für die Gemeinden zu Brauna mit Rohrbach, Schwoosdorf, Petershain und Liebenau bestimmt. Die Anzahl der Schulkinder beträgt jetzt 130.

Die Schulgebäude hat die Gräfin zu Stolberg erbauen lassen und im Jahre 1820 den Gemeinden, insofern es zu diesem Gebrauche verwendet wird, für immer geschenkt, auch die Unterhaltung desselben zum grossen Theil übernommen. Dem Schullehrer sind, ausser einem Gehalte aus der Rentei, ein Holzdeputat und Grundstück zu seinem Gebrauche von der Herrschaft angewiesen.

Ausserdem hat die Gutsherrschaft von Brauna sich noch andere hohe Verdienste um ihre Gemeinden erworben, wie z. B. durch Versorgung armer hülfsloser Unterthanen, durch Austheilung von neuen Gesangbüchern an arme Kinder, so dass man mit Recht sagen kann, dass diese hohe Herrschaft in Schaffen des Guten und Wohlthätigen nie müde geworden ist.

Das mit Brauna verbundene Rohrbach war früher ein Dorf von mehreren Bauern, deren Besitzungen nach dem 30jährigen Kriege wüste liegen blieben und von der Gutsherrschaft acquirirt und bebaut werden mussten.

In neuerer Zeit haben sich wieder einige Häusler daselbst angesiedelt.

Brauna mit Rohrbach hat 50 bewohnte Gebäude mit 310 Einwohnern, wovon 7 bewohnte Gebäude mit 35 Bewohnern auf Rohrbach kommen.

Beide Orte gehören zum Gerichtsamte Camenz und zur Amtshauptmannschaft Bautzen, also auch zum Regierungsbezirk des letztern Ortes.

M. G.     
Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Poenicke: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1859, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/262&oldid=- (Version vom 2.10.2016)