Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Schloss Glauchau
Glauchau, in Urkunden Glaucha, Gluckow, Cluchowe genannt, ist eine Stadt des Erzgebirgischen Kreises und Hauptort der Schönburgischen Herrschaft Glauchau. Der Name Glauchau soll von dem slavischen Worte Hlucho, „taub, leer“ herkommen und die Sage fügt hinzu, die Sorben hätten auf dem Berge, welcher jetzt Glauchau trägt, nach Erz gesucht und weil sie keins gefunden ihn Hlucho genannt. Die innere Stadt war in alten Zeiten ziemlich fest und hatte drei mit Thürmen versehene Thore. Jetzt zählt man in ihr fast achthundert Bürgerhäuser und zweiundvierzig herrschaftliche, geistliche und Commungebäude, sowie ein aus zwei Abtheilungen bestehendes Schloss, die Residenz der beiden gräflich Schönburgischen Linien Vorder- und Hinterglauchau.
Wann das gewaltige Doppelschloss erbaut wurde ist nicht zu ermitteln. Der älteste bekannte Herr von Schönburg soll zur Zeit Carls des Grossen auf dem Rheinschlosse Schonenburg gehaust und einer seiner Nachkommen, Magwitz von Schönburg im Jahre 920 Crimmitzschau zur Stadt gemacht haben. Alban von Schönburg war 936 kaiserlicher Oberrichter zu Zwickau und Florian von Schönburg befand sich unter dem Kreuzheer, welches Gottfried von Bouillon nach Palästina führte. 1119 wird Glauchau das erste Mal urkundlich erwähnt, es gehörte damals Ernst von Schönburg. Zuverlässig wird indessen die Stammfolge der Schönburge erst mit Hermann dem Aelteren, der 1182 das Kloster Geringswalde stiftete und auch daselbst seine Ruhestätte fand. Dessen Enkel, Hermann von Schönburg, hatte zwei Söhne, von denen Heinrich Crimmitzschau besass und 1317 Kanzler des Königs von Böhmen war, Friedrich I. aber auf Glauchau und Geringswalde residirte. Einer von Friedrichs fünf Söhnen, Friedrich von Schönburg auf Glauchau und Waldenburg stiftete die Glauchauer [38] Linie, welche indessen bereits 1328 schon wieder mit dessen Sohne Friedrich, Statthalter von Böhmen, erlosch, während ein anderer Sohn Friedrichs I., Friedrich der Jüngere, Gründer der Crimmitzschauer, seit 1328 Glauchauer genannten, noch jetzt blühenden Linie des Schönburgischen Hauses wurde. Er ist der Stammvater aller noch jetzt lebenden Fürsten und Grafen von Schönburg. Sein Tod erfolgte 1338.
Ein Sohn Friedrichs des Jüngeren, Friedrich III., war Herr auf Lichtenstein und empfing 1355 die Lehnsbestätigung über Glauchau und Waldenburg, die über Crimmitzschau war ihm schon 1347 zu Theil geworden. Dem Kaiser Karl IV. folgte er 1374 nach Hamburg, obgleich er eigentlich markgräflicher Geheimrath war, kaufte von seinen Vettern Lichtenstein und Thurm, überliess seiner Gemahlin Ziegelheim als Leibgedinge und starb 1383. Zwei seiner Söhne starben ohne Nachkommen, der dritte aber, Veit von Schönburg, unterstützte den Abt zu Chemnitz in einer Fehde gegen Burggraf Albrecht von Leissnig, nahm diesem die Herrschaft Rabenstein und empfing dafür vom Kloster das halbe Dorf Kändler. Veit von Schönburg nannte sich zuerst einen Herrn von Waldenburg, kaufte 1406 die Grafschaft Hartenstein vom Burggrafen Heinrich von Meissen, erwarb 1418 die Herrschaft Meerane und starb 1422 zu Hartenstein. Sein Sohn Friedrich IV. residirte auf dem Glauchauer Schlosse und fiel 1426 in der Hussitenschlacht bei Aussig. Ansprüche des Burggrafen Heinrich II. von Reuss auf die Grafschaft Hartenstein schlichtete eine Vermählung zwischen Friedrichs Sohne Veit II. und Heinrichs Tochter. Veit war ein tüchtiger Kriegsmann, wallfahrtete auch nach Jerusalem und starb 1473. Von seinen Geschwistern überlebte ihn nur ein Bruder, Friedrich V., jetzt alleiniger Besitzer der Schönburg-Glauchauer Lande, nach dessen 1479 erfolgtem Tode sein Sohn Ernst der ältere die Regierung antrat. Er liess die erste Schönburgische Genealogie abfassen, erwarb die Herrschaft Graupen bei Teplitz und wurde 1488 als kaiserlicher Offizier bei der Belagerung Grunfelds (Grimbergs bei Brüssel) erschossen. Die Vormundschaft seiner unmündigen Söhne Wolf und Ernst führte deren Mutter Anna, geborene Gräfin Rieneck. Wolf bewog seine Schwäger, die Grafen Schlick in Passau, zur Anlage der Stadt Joachimsthal, während er nebst seinem Bruder die Städte Scheibenberg und Oberwiesenthal gründete. Er war ein strenger Herr, der in unaufhörlichen Streitigkeiten mit Zwickau lebte, das Flössrecht auf der Mulde ertrotzte, mit seinem Bruder gemeinschaftlich Lohmen, Wehlen und Hohnstein kaufte und die Herrschaft an der Elbe sehr verbesserte. Er starb 1529 kinderlos und die Schönburgischen Lande kamen an Ernst, der stets auf dem Schlosse Glauchau wohnte, solches 1527 zum Theil neu aufbaute und 1533 mit dem vorderen Schlosse vermehrte, auch die grosse Glauchauische Mühle anlegte und die aus Zwickau verjagten Barfüssermönche in Glauchau aufnahm. Er wohnte der Bauernschlacht bei Frankenhausen bei, fing den Rebellen Thomas Münzer und zeichnete sich durch seine Grausamkeit gegen die gefangenen Bauern aus, begnadigte aber die ruhig gebliebenen Orte Lichtenstein und Meerane mit einer Herabsetzung des Lehngeldes. Er starb 1534 und seine Wittwe, der letzte Sprössling aus dem Geschlechte der Burggrafen von Leissnig, erbte Penig mit Zinneberg. Die hinterlassenen vier Söhne Ernsts erhielten Vormünder, die durch den bekannten Tauschvertrag von 1543 nicht eben für das Wohl ihrer Mündel sorgten. Der älteste Bruder Hans Ernst starb 1545 und 1548 erkauften die Vormünder die Herrschaft Rochsburg. Die Brüder Georg, Hugo und Wolf regierten bis 1536 gemeinschaftlich, später theilten sie, so dass Georg Glauchau und Remse, Hugo Waldenburg und Lichtenstein, Wolf Penig mit Wechselburg und Rochsburg empfing. Durch seine Tochter Margarethe ist Georg ein Ahnherr der Preussischen Königsfamilie. Er hinterliess nur einen Sohn, August, der von 1601 bis 1610 regierte und kinderlos starb, worauf die beiden Linien sich in das Erbe dergestalt theilten, dass die niedere Linie (Wolfs Nachkommenschaft) Glauchau und Remse, die obere (von Hugo stammende) Greslas und eine Geldsumme empfing. Wolf und Hugo sind die Stammväter der beiden noch blühenden fürstlich und gräflich Schönburgischen Hauptlinien.
Der Stifter der niederen, jetzt gräflichen Hauptlinie, die auch die Glauchauische Linie heisst, empfing 1556 zu seinem Antheile die Herrschaften Rochsburg, Penig und Wechselburg nebst einem (1559 wieder verkauften) Drittel von Hartenstein. Das Gut Zinneberg vereinigte er mit Penig, bestätigte den Namen Wechselburg, übernahm als Unterpfand von den Grafen Schlick zu Passau die Grenzherrschaft Schlackenwerth mit Hauenstein und starb 1581 auf dem Schosse Rochsburg. Von seinen nachgelassenen Söhnen, die gemeinschaftlich regierten, starb der jüngere, Johann Ernst, schon 1586 unverheirathet, Wolf II. aber hinterliess bei seinem 1612 erfolgten Tode acht Söhne, von denen die meisten Appanagen empfingen. Der zweite Sohn, Hans Georg, starb 1634, der dritte, Otto Wilhelm, der seinen Antheil an Glauchau an den Fürsten Radzivil verkaufen wollte und sein Bruder Hugo Heinrich gingen 1651 mit Tode ab und August Siegfried 1639. Alle diese Herren starben kinderlos. Der fünfte Sohn Wolfs II., Hans Caspar († 1644) hinterliess einen Sohn, Wolf Friedrich, der 1656 ohne Erben starb, und da von den noch übrigen Söhnen Wolfs II. Christian († 1664) viele Töchter aber keinen Sohn hatte, so setzte blos der älteste, Wolf Ernst, und der jüngste, Wolf Heinrich, das Geschlecht in den Linien Remse und Wechselburg fort. Wolf Ernst empfing die Herrschaften Rochsburg und Remse und die westliche Hälfte von Glauchau, Hinterglauchau genannt, weil dazu das hintere oder alte Schloss zu Glauchau gehörte. Er starb 1625 und sein einziger Sohn Gottfried Ernst, 1679. Von dessen zwei Söhnen besass der jüngere, August Ernst, Hinterglauchau mit seinem Bruder gemeinschaftlich und starb 1729 ohne Erben, der andere, Christian Ernst, regierte bis 1718 und hinterliess vier Söhne, von denen die drei jüngeren unvermählt starben, der älteste aber, Otto Ernst, bei seinem 1746 erfolgten Tode drei Söhne hinterliess, wodurch drei neue Linien entstanden. Die eine derselben, die Remser oder Lokmer Linie, erlosch bereits mit ihrem Stifter Johann Ernst, welcher Antheil an der Verwaltung von Glauchau und am Besitz von Remse hatte und das Gut Lohma im Herzogthum Altenburg kaufte. Sein ältester Bruder stiftete die Rochsburger Linie, indem er die Herrschaft Rochsburg mit dem Rittergute Schlaisdorf u. s. w. erbte. Seine drei Söhne Ludwig Ernst, Heinrich Wilhelm Ernst und Heinrich Ernst regierten gemeinschaftlich, die ersten beiden aber starben unvermählt, und Heinrich Ernst kaufte zu Rochsburg noch eine Anzahl Güter.
Die Hinterglauchauer Linie stiftete Graf Albert Christian Ernst, Hauptbesitzer der Herrschaften Hinterglauchau und Remse. Er hielt in Glauchau eine Garnison von siebzig Mann und stand am kaiserlichen Hofe in hoher Gunst. Von seinen drei Söhnen, Gottlob, Albert und Ludwig führte der älteste eine Zeitlang die Regierung allein, übergab sie jedoch später dem Grafen Ludwig. [39] Dieser verwaltete zugleich als Vormund des Grafen Alban die Herrschaft Vorderglauchau, Penig und Wechselburg und regierte auf dem Schlosse Hinterglauchau. Einer seiner Söhne, Otto Ernst, vermählte sich mit der Prinzessin Marie Clementine von Schönburg-Waldenburg. Die übrigen Söhne sind die Grafen Hermann, Ernst und Ferdinand.
Den letzten Zweig der niederen Linie stiftete Wolfs II. achter Sohn, Wolf Heinrich, im Jahre 1626, wo er zur Mündigkeit gelangte. Seine Söhne Samuel Heinrich und Wolf Heinrich erhielten (1657) jener Wechselburg, dieser Penig ungetheilt, jeder aber noch eine Hälfte von Vorderglauchau, weshalb man in Glauchau eine Zeit lang drei Schlösser und drei Aemter unterschied. Wolf Heinrich († 1706) hinterliess zwar drei Söhne, da diese aber erbenlos starben, so fiel deren Gebiet 1746 an die Wechselburger oder ältere Linie. Von Samuel Heinrichs († 1706) zwei Söhnen starb Carl Heinrich 1708 und die Regierung kam an Franz Heinrich, welcher 1746 verschied und zwei Söhne hinterliess, von denen der jüngere, Albert Heinrich, noch unmündig starb. Demnach vereinigte Carl Heinrich I. alle Herrschaften seines Urgrossvaters in seinem Besitze und erwarb auch Remse. Sein zweiter Sohn, Wilhelm Albrecht Heinrich, erhielt eine Appanage und so erbte sämmtliche Güter Graf Carl Heinrich II., der abwechselnd in Wechselburg und Vorderglauchau residirte, jedoch auch viel in Dresden sich aufhielt und Remse an einen Baron von Gregory verkaufte. Die Herrschaften übernahm später sein Bruder, Graf Wilhelm Albrecht Heinrich, starb jedoch schon nach wenigen Jahren und hinterliess als einzigen Sohn und Erben den noch jetzt residirenden Grafen, Sr. Erlaucht Carl Heinrich Alban.
Die beiden Schlösser zu Glauchau liegen etwas tiefer als der höhere Theil der Stadt, dennoch aber so erhaben, dass man von ihnen ein herrliches Panorama, namentlich des Muldenthales, überschaut. Das hintere Schloss ist das ältere und mag wohl schon ein Jahrtausend alt sein, doch hat es im Laufe der Zeit mannigfache Veränderungen erlitten und neue Flügelanbaue erhalten. Es ist die alte Veste Cluchowe, der man in späterer Zeit das vordere Schloss hinzufügte. Im Hinterschlosse war es, wo 1617 Wolf Ernst von Schönburg seinen Bruder Otto Wilhelm im Jähzorn niederstach, weil er sich in einen Streit mengte, welchen Ernst mit einem Herrn von Geilsdorf führte. Zwei Ritterbilder im hinteren Schlosse sollen an jene unglückliche Begebenheit erinnern, doch ist das offenbar nur Volksglaube, indem die Tracht der Rittergestalten auf ein weit höheres Alter derselben hindeutet. Wolf von Schönburg floh, aber im Jahre 1618 wurde im Schlosshofe zu Zwickau über ihn hochnothpeinliches Halsgericht gehalten, welche Thatsache als Beweis der höchsten Gerichtsbarkeit des Hauses Sachsen über die Grafen von Schönburg angesehen wurde. – Das vordere Schloss, bei dem zunächst der Stadt ein schönes Vorwerk steht, ist durch eine Brücke und lange Terrasse mit der Stadt verbunden und umschliesst mit seinen zwei Etagen hohen mit Ziergiebeln geschmückten Gebäuden zur Hälfte einen grossen Hof, dessen dritte Seite an den Wallgraben stösst, welcher das Vorderschloss von dem Hinterschlosse trennt. Das Hinterschloss zerfällt in den älteren und neueren Theil und ist drei, zum Theil auch vier Etagen hoch. Der ältere Theil bildet gegen den anderen Schlosshof ein Corps de Logis mit zwei kurzen Flügeln, die nebst dem erwähnten Graben ein Gärtchen begrenzen, worin sich die Schlosskapelle und das hintere Amt befinden. Die Hinterseite des Schlosses umschliesst nebst einigen alten Thürmen, einer hohen Mauer und beiden neueren Flügeln den eigentlichen Schlosshof.