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Rosenblätter (Die Gartenlaube 1864)

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Rosenblätter
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aus: Die Gartenlaube, Heft 27, S. 432
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[432] Rosenblätter.

„Laßt die Kinder ihren Müttern
Und die Rosen laßt am Stock!“

ist ein altes wahres Wort. Trotzdem erleidet wenigstens sein zweiter Satz doch wohl einige Einschränkung, denn auch an die gepflückten Rosen knüpft sich manche interessante Erinnerung.

So erzählt man, daß zu Anadom eine gelehrte Gesellschaft bestand, deren Statuten folgende Bestimmungen enthielten: „Die Mitglieder sollen viel denken, wenig schreiben und so wenig als möglich sprechen.“ Der Doctor Zeb, ein hochgelehrter Mann, der berühmt war im ganzen Orient, kam leider zu spät, um sich in diesen Verein aufnehmen zu lassen, der bereits vollzählig war. Um dem Gelehrten begreiflich zu machen, daß er die Zeit der Aufnahme versäumt habe, ließ der Präsident des Vereines vor den berühmten Doctor ein Gefäß niedersetzen, welches so dicht mit Wasser angefüllt war, daß ein Tropfen mehr es unfehlbar zum Ueberlaufen gebracht haben würde. Der arme Doctor verstand hieraus sogleich, daß kein Platz mehr für ihn in der hohen Versammlung sei, und war schon im Begriff sich ganz betrübt zurückzuziehen, da gewahrte er zu seinen Füßen ein Rosenblatt, er hob es auf und legte es leise auf das Wasser im Gefäße nieder – und siehe da! das Gefäß lief nicht über! Diese geistreiche Art zu beweisen, daß bei einigem guten Willen sich doch noch ein bescheidenes Plätzchen für ihn finden könne, entzückte die Versammlung dermaßen, daß sie einstimmig den Doctor Zeb noch nachträglich zu ihrem Mitgliede ernannte.

Maroncelli, der berühmte Leidensgefährte Silvio Pellico’s, mußte sich während seiner Gefangenschaft einer Amputation unterwerfen. Gern hätte er den Arzt für die gewagte und mühevolle Operation belohnt, aber er besaß nichts. „Doctor,“ sagte er zu dem Arzte, „ich habe nichts, gar nichts auf der weiten Welt, als diese Rose hier, die ihren Stiel in einer Tasse Wasser badet. Sie ist die Gefährtin des Gefangenen, die einzige Freude seines Kerkers ich schenke sie Ihnen!“