Sage von der Entstehung der Stadt Königshofen
Wohl knüpfen uns Sagen an eine Zeit,
Wo Helden regierten das Land,
Wo Fehden und Jagden nur ihre Freud’
Und manche Stadt damals entstand.
Die älteren Ursprungs sich freut.
Was darob die Sage berichtet uns hat,
Bin ich zu erzählen bereit.
Ein stattlicher Hof lag in grauer Zeit,
An der Stelle im Saalgrund, wo noch heut
Die Stadt Königshofen ihr schaut.
Beim Königshof hielt der Herrscher einst Jagd,
Die Königin an seiner Seite;
Nicht minder groß, reich auch die Beute.
Das Jagdvergnügen ein Unfall doch trübt:
Der Königin Ring ging verloren;
Beim Handschuhausziehen vom Finger sich schiebt
Der König, ein äußerst gestrenger Herr,
Blickt düster zu seinem Gemahl;
Getrieben von Eifersucht, rauh und schwer
Setzt es nun Worte der Qual:
Verloren? glaub’ wer es da will,
Wo ist der Buhle, der von Dir die Gab’
Zum Pfande der Liebe erhielt?
Mit Thränen im Aug’ die Königin schwur,
Dem Herrn und Gebieter, sowie auch nur
Durch Suchen sich finde der Ring.
Sie gelobte hiemit, daß an dem Ort’,
An dem der Trauring sich finde,
Aus ihren Mitteln sie gründe.
Es ward nun gesucht und grub man zugleich
Das Jagdrevier buchstäblich um;
Grabfeld, sowie auch das ganze Bereich
Und an der Stelle, wo’s Rathhaus jetzt steht,
Den Ring man doch endlich noch fand;
An’s Bauen der Stadt es nun rüstig geht,
Das Wort hier die Königin band.
Noch war nicht vollendet die Stadt,
Da ward, o Jammer, die hohe Frau
An Mitteln und Geisteskraft matt.
Wahnsinn bemächtigt sich ihrer – bei Gott –
Bis von den Leiden befreit sie der Tod,
Das Rathhaus ihr Bild noch darbietet.
Am Erker findet man sauber und fein
Das Königspaar, wie hier berichtet.
Ist auf den Handschuh gerichtet.
Die Gründung der Stadt Königshofen zumal
Verdankt man der Sage nach ihr;
Des Biedermanns Mitleid ob ihrer Qual
V. Hummel.
Anmerkungen (Wikisource)
Das Motiv der Königshofener Ringleinsage - die Ehefrau eines Herrschers verliert ihren Ehering auf der Jagd und erbaut an der Stelle, wo er wiedergefunden wird, eine Stadt - begegnet auch bei der Ringsage von Schwäbisch Gmünd.
Das Bild zeigt den Rathauserker von Bad Königshofen im Grabfeld mit Darstellung einer gefesselten Königin. Eine ältere Version der Ringleinsage (mit dem Ring-Motiv) ist nach Auskunft des Heimatpflegers Reinhold Albert nicht bekannt.