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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/198

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

bin aber dennoch überzeugt, daß er seine Hand mit im Spiele hatte. Er ist auch Anhänger der Propaganda der Tat, er ist mit Koschemann eng befreundet, beide haben sich häufig besucht und gegen ihn spricht folgendes schwerwiegende Moment: er hat behauptet, er habe sich am 29. Juni nicht von Koschemann getrennt. Das ist als wahrheitswidrig nachgewiesen worden‚ er ist nicht mit Koschemann in Weißensee gewesen. Ferner ist belastend für ihn, daß er gesagt hat, der Plan, ein „Läutewerk für Ärzte zu konstruieren“, sei von ihm ausgegangen. Nicht aufrecht erhalten kann ich die frühere Behauptung der Anklage, daß Westphal mit Koschemann die Sprengkiste gemeinschaftlich angefertigt hat. Das ist nicht erwiesen; dagegen ist nachgewiesen, daß Westphal Koschemann bei dem Verbrechen geholfen und ihm die Hilfe vorher zugesagt hat. Für Frau Westphal und den Angeklagten Weber hat sich die Verhandlung günstiger gestaltet. Zwar sind sie auch Besucher des Späthschen Diskutierklubs, aber es ist nicht erwiesen, daß sie um das Verbrechen gewußt haben. Gegen sie beantrage ich die Freisprechung. Frau Gürtler erscheint mir dagegen ganz zweifellos überführt, dem Koschemann Hilfe geleistet zu haben. Dagegen ist sie der Majestätsbeleidigung nicht für schuldig zu erachten. Fällen Sie, meine Herren Geschworenen, lhren Spruch nach bestem Wissen und Gewissen, dann wird dem Rechte Genüge geleistet sein.

Vert. R.-A. Dr. Werthauer: Das Beweismaterial ist so schwach, daß die Verteidigung, die den Stoff unter sich verteilt hat, sich ziemlich kurz fassen kann, um die Herren Geschworenen von der Notwendigkeit eines freisprechenden Wahrspruchs zu überzeugen. Vieles von dem, was anfänglich belastend erschien, hat sich in der Verhandlung als ganz unverdächtig und wenig belastend herausgestellt. Nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme darf man ohne weiteres behaupten: es ist erwiesen, daß Koschemann nicht der Täter ist. Kein Mensch hat gesehen, daß K. irgend etwas mit der verhängnisvollen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/198&oldid=- (Version vom 31.7.2018)