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Die elektrische Tauerei auf dem Kanal de Bourgogne.

Im Dezemberhefte 1894 der Annales des ponts etc. findet sich eine eingehende Beschreibung der Tauerei mit elektrischem Betriebe, welche auf der Scheitelstrecke des Kanals von Bourgogne eingeführt ist. Die Mittheilung dürfte immerhin auch weitere Kreise interessiren.

Seit dem 20. August 1893 wird das auf der 6 km langen Scheitelstrecke den Schleppdienst versehende Kettenschleppschiff mit elektrischer Kraft in ähnlicher Weise fortbewegt, wie dies bisher bei den neueren elektrischen Bahnen üblich war. Der Kanal verfügt auf dieser Strecke über ganz bedeutende Wasserzuflüsse mit erheblichem Gefälle, sodass an Wasserkraft nutzbar vorhanden waren an dem einen Ende des Kanals bei Pouilly (zur Yonne hin) 21 PK.[WS 1] bei 7 m Gefälle und an dem anderen Ende der Haltung bei Escommes (zur Saône hin) 12 PK. bei 8 m Gefälle. Es kann demnach eine durchschnittliche Arbeitsleistung von 33 PK. nutzbar gemacht werden, während man glaubt, mit höchstens 15 PK. für den Betrieb des Schleppzuges vollständig auszureichen. Hierfür waren die Beobachtungen der letzten 5 Jahre zugrunde gelegt, welche einen thatsächlichen Aufwand von nur 15 PK. zurzeit des grössten Betriebes nachwiesen.

Die Scheitelstrecke ist sehr eng ausgebaut: bei 2,2 bis 2,4 m Wassertiefe ist in der offenen Fahrrinne eine nutzbare Breite von nur 7 m vorhanden, welche sich in der 3,3&mnbsp; langen Tunnelstrecke auf 6,10 m verringert. Vorangegangene eingehende Untersuchungen liessen die Anwendung eines Seils ohne Ende wegen der Betriebsgefahr in der unterirdischen Strecke und wegen des Kraftverbrauches zur dauernden Bewegung der toten Last nicht rathsam erscheinen; von dem Betriebe mittels komprimirter Luft musste man wegen des erheblichen, 70 Atm. betragenden, Druckes Abstand nehmen. Ausserdem stellten sich bei beiden Betriebsarten die Kosten erheblich höher, als bei Anwendung der Elektrizität.

Die an beiden Enden der Scheitelhaltung verfügbaren Wasserkräfte werden mittels Turbinen nutzbar gemacht, welche ihrerseits Dynamomaschinen in Bewegung setzen, deren Kraftwirkung zu 11,6 bezw. 9 PK. bestimmt wurde. In dem Original sind die maschinellen Einrichtungen sehr eingehend beschrieben. Es kamen Gramme-Dynamos in Serienschaltung und ausserdem Akkumulatoren zur Verwendung. Nach einigen Umänderungen wirken die Maschinen vorzüglich; der Verfasser, Ing. M. Gallot, welcher den Entwurf ausgearbeitet und die Ausführungsarbeiten geleitet hat, findet jedoch, dass die theuren Akkumulatoren bei ähnlichen Anlagen besser nicht zur Anwendung zu bringen wären, weil deren Wirkung für den Tauereizweck in keinem Verhältniss zu den Kosten stehe.

Mit Rücksicht auf die Lage der Kraftquelle an beiden Enden der Haltung wählte man die Serienschaltung, welche die Leitung der Elektrizität in dem Motor des Schleppers insofern vereinfachte, als man hierfür nur 3 Drähte: 2 für die Betriebsleitung und einen für die Rückleitung nöthig hatte. Die Drähte bestehen aus 8 mm starker Siliciumbronze von 45 kg Zugfestigkeit für 1 qmm, welche einen Leitungswiderstand von 3,90 Ω und bei 20 Ampères, 600 Volts einen Wirkungsgrad der elektromotorischen Kraft von 87 v. Hundert zulassen.

Die Kabel sind nach Art der Führung für oberirdische Leitungen der elektrischen Bahnen angeordnet, mit dem Unterschiede, dass für den Schlepper ausser den beiden Betriebsleitungen noch die Rückleitung oberirdisch mittels Drahtunterstützung an seitlich angebrachten Telegraphenpfählen zu befestigen war.

Für die Uebertragung der elektromotorischen Kraft muss nach der gewählten Anordnung der von dem + Pole des einen Dynamos ausgehende Strom dem Motor des Schleppers zugeführt und von dort wieder in den - Pol des Dynamos am anderen Ende der Haltung übergeführt werden, durch diesen Dynamo tritt der Strom am + Pole wieder aus und wird mittels des Rückleitungsdrahtes dem - Pole des ersten Dynamos wieder zugeführt. Es geht daraus hervor, dass der Schlepper nur mit den beiden ersten Leitungsdrähten in dauernde Beziehung zu bringen ist, dass ferner der Weg, den der elektrische Strom durchlaufen hat, also auch der Wirkungsgrad der elektromotorischen Kraft, unabhängig von der jeweiligen Stellung des Schleppers stets gleich bleibt.

Man hat nun alle 3 Drähte auf einer gemeinsamen Unterlage so aufgehangen, dass das ganze System in der Axe der Schlepptrace liegt; die beiden äusseren Hauptdrähte ziehen sich

Anmerkungen (Wikisource)

  1. PK. ist die Abkürzung für Pferdekräfte
Empfohlene Zitierweise:
R. Scheck: Die elektrische Tauerei auf dem Kanal de Bourgogne. , Berlin 1895, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:1895_Die_elektrische_Tauerei_auf_dem_Kanal_de_Bourgogne.pdf/2&oldid=- (Version vom 15.8.2018)