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Wladimir T., 23 Jahre alt, Student, klagt seit 2 Monaten über Husten und Druck auf der Brust, schwitzt häufig des Nachts und behauptet, stark abgemagert zu sein. Der Thorax ist wenig gewölbt, größter Umfang bei dem Manne von Mittelgröße 82 cm. Lungenschall RHO etwas verkürzt. Die Auskultation ergibt RHO bis RHM feinblasiges Rasseln im Inspirium, ebenso, nur spärlicher, einwärts vom rechten Schulterblatt. Zähne gesund, Gaumen höher gewölbt, Gaumenreflex stark erhöht. Bei Berührung des weichen Gaumens verschwindet das Zäpfchen, ohne daß eine besondere Brechneigung wahrzunehmen wäre. Über der Mitte des rechten Schulterblattes sitzt ein Naevus pigmentosus, also ungefähr in der Projektion des unteren Randes des wahrnehmbaren Krankheitsherdes. Die Mutter des Patienten hat als 18jähriges Mädchen an Lungenspitzenkatarrh gelitten und hatte nach längerer klimatischer Kur eine Ausheilung erzielt. Sie befindet sich derzeit im 43. Lebensjahre und war seither stets gesund. Ein Bruder des Patienten befindet sich zurzeit wegen rechtsseitigen Lungenspitzenkatarrhs in einer Heilanstalt in Davos.

Johann K., 25 Jahre alt, Student, hat vor 6 Jahren an Hämoptoë gelitten. Vor kurzem erkrankte er an linksseitiger trockener Pleuritis. Gaumenreflex aufgehoben. Am Thorax vorn und rückwärts zerstreute Naevi. Häufiger Befund.

Hans S., 5 Jahre alt, steht wegen Darmautointoxikation in Behandlung. Knapp über dem linken Poupartsdien Bande befindet sich ein hanfkorngroßer Naevus. An der gleichen Stelle rechts trägt sein Vater, ein ehemaliger Bettnässer, einen Testikel, der nicht den normalen Deszensus durchmachte.

Auf den Fall Nadja J. — Naevus rechts über dem Niveau der Nasenöffnung, deren Mutter an linksseitigem Oberkieferkarzinom leidet — habe ich in den Bemerkungen zur Theorie des Karzinoms bereits hingewiesen.

David K., 82 Jahre alt, hatte früher nur an Obstipation (Darmminderwertigkeit) und zeitweise auftretenden Kolikanfällen in der Gegend der Gallenblase gelitten. Seit einem Jahre besteht hochgradige Abmagerung und Appetitlosigkeit. Bei wiederholten Prüfungen erweist sich der Gaumen- und Rachenreflex als fehlend. In der Gegend der Gallenblase ist ein rundlicher, harter Tumor von Walnußgröße zu tasten. Die Leber ist vergrößert, von höckerigem Gefüge und auf Druck schmerzhaft. Im Urin, dessen Menge mäßig vermehrt ist, finden sich 5% Zucker, kein Azeton, keine Azetessigsäure. Nach einigen Tagen

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Adler: Studie über Minderwertigkeit von Organen. Urban & Schwarzenberg, Berlin und Wien 1907, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AdlerStudie.djvu/53&oldid=- (Version vom 8.4.2018)