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Neschwitz.


Die Gründung von Neschwitz (wendisch Nesstaczidto) in einer fruchtbaren Ebene am Schwarzwasser gelegen, fällt, wie die der meisten Ortschaften unserer Oberlausitz, in jene ferne Vorzeit, wo das Wendenvolk noch im vollen Besitze seiner Macht und Unabhängigkeit über weite Länderstrecken herrschte und seinen Göttern Flynz und Radegast in dunklen Hainen und auf hohen Bergesgipfeln geheimnissvolle Opfer brachte, bis endlich das heilige Kreuz des Christenthums über den zerstörten Altären auf blutgenässtem Boden sich erhob, und der überwundene Slave zum Hörigen der deutschen Sieger herabsank. Ueber die Bedeutung des Namens Neschwitz herrschen verschiedene Meinungen, indem Manche denselben von dem wendischen Worte neswadzicz, welches so viel als „sich nicht veruneinigen“ bedeutet, ableiten, so dass Neschwitz so viel wie Friedheim heissen würde; Andere dagegen behaupten, die Benennung komme von nesswadzicz – nicht Vesperbrod essen – her, und stützen sich dabei auf den Umstand, dass bis auf den heutigen Tag in Neschwitz die Feierabendglocke eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang geläutet werde, weil einst vor vielen Jahrhunderten ein Edelmann auf dem Neschwitzer Rittersitze mit seinen Leibeigenen sich dahin verglichen habe, ihnen täglich eine halbe Stunde der Frohnarbeitszeit zu erlassen, wenn sie ihren Ansprüchen auf das ihnen zustehende Vesperbrot entsagen wollten. Ueber jener fernen Vorzeit des Ortes Neschwitz liegt ein undurchdringlicher Schleier, erst mit dem dreizehnten Jahrhundert erhellt sich das Dunkel und erlaubt uns einige Blicke in Neschwitz’s Vergangenheit.

Historisch erscheint Neschwitz zuerst im Jahre 1268 in der Theilungsurkunde der Oberlausitz, datirt Plawe die Philippi Jacobi, wo es unter dem Namen Nyzwacz zu dem Budissiner Kreise geschlagen wurde. Zu dieser Zeit gehörte der Ort bereits den Rittern von Schreibersdorf, deren Familie es bis zum Jahre 1572 besass. Lucas von Schreibersdorf wird 1286 als Zeuge erwähnt, und 1309 bis 1334 kommt verschiedene Male urkundlich ein Leuther oder Lothar von Schreibersdorf vor, dem Hennig und Albrecht im Besitze des Gutes folgten. Caspar von Schreibersdorf entlehnte 1416 von Hans von Biberstein 200 Schock böhmische Groschen, wofür er dem Gläubiger sein Haus zu Neschwitz mit Zubehör verpfändete. Albrecht von Schreibersdorf, der erbittertste Feind der Hussiten, besass Neschwitz bereits vor dem Jahre 1463, trat 1467 am Tage Allerheiligen zu Görlitz einem Bündnisse vieler oberlausitzischen Städte und Edelleute gegen den hussitischen König Podjebrad bei, und zeichnete sich in dem darauf folgenden Kampfe nicht wenig aus, so dass Podjebrad, oder König Girsick, wie er gewöhnlich genannt wurde, den Ritter Albrecht zu seinen gefährlichsten Gegnern zählte. Dieser Albrecht von Schreibersdorf muss noch vor dem Jahre 1481 gestorben sein, denn zu dieser Zeit wird urkundlich Herr Martin von Maxen als Besitzer von Neschwitz genannt, dem jedoch das Gut schon 1492 nicht mehr gehörte, da es in diesem Jahre bereits wieder die Schreibersdorfe besassen, und zwar drei Brüder, mit Namen Hans, Caspar und Dietrich. Der letzte Schreibersdorf auf Neschwitz war Dietrich, der 1572 das Gut an den kaiserlichen Rath Hans Haubold von Schleinitz, Herrn auf Tollenstein, Rumburg, Nischeborn und Hainspach verkaufte. Dieser Haubold von Schleinitz war seit dem Jahre 1572 Landvoigt der Oberlausitz, und verwaltete dieses Amt getreulich zweiundzwanzig Jahre lang unter den Kaisern Maximilian II. und Rudolph II.; aber trotz aller Redlichkeit und völligen Tadellosigkeit hinsichtlich seiner Amtsführung, gelang es seinen Feinden dennoch, den edlen Mann bei dem schwachen, ängstlichen Kaiser Rudolph zu verdächtigen, so dass dieser ihn absetzte. Am 6. Juli 1594 hielt Haubold von Schleinitz vor den zusammenberufenen Ständen seine Abschiedsrede, und schied tief ergriffen aus einer Stellung, in der er sich die Liebe und Achtung des ganzen Kreises erworben hatte. Der schwer gekränkte Mann überlebte die ihm widerfahrene Ungerechtigkeit nicht lange, der Gram darüber brach ihm das Herz; er starb schon am 1. Januar 1595 auf dem Schlosse zu Neschwitz.

Nach des Landvoigts von Schleinitz Tode kam Neschwitz an Friedrich von Pannewitz, von dem es jedoch schon zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts durch Kauf an die Familie von Ponickau überging, von welcher Hans von Ponickau als erster Besitzer genannt wird. Ihm folgte Georg Rudolph von Ponickau, der sich als ein sehr frommer Herr viele Verdienste um Kirche und Schule erwarb. Durch eine Schenkungsurkunde, datirt vom 12. November 1604, überliess er auf ewige Zeiten dem Pfarrlehn zu Neschwitz einen Hüfner mit allen Frohnpflichten und sieben Thalern trocknen Zinsen; auch entwarf er im Jahre 1608 eine neue sehr strenge Schulordnung mit dem Titel: „Instruction, wie es mit den Knaben so in der Schule allhier zu Neschwitz instituiret werden und dem Organisten commandiret sind, hinfüro gehalten werden soll.“ Ebenso stiftete er auch am 8. April 1615 ein Legat, wodurch der Besitzer einer in Neschwitzer Flur gelegenen Wiese alljährlich achtzehn Groschen Erbpacht an die Schulkasse zu zahlen hat, wofür die Kinder am Charfreitage nach abgehaltenem Examen zur Aufmunterung mit Fastenbrezeln traktirt werden sollten. Das Vermächtniss besteht noch jetzt, da aber die jugendliche Bevölkerung zu Neschwitz zur Zeit zahlreicher ist, als vor dritthalbhundert Jahren, so musste die Kirchenkasse sich zur Zahlung eines Zuschusses verstehen, wofür die Wiese gegen den bestimmten Erbpacht an die