Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/15

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Unterhaltung eines Arztes für unbemittelte Kranke, in diesen Ortschaften verwendet wird. Das Andenken des edlen, im Jahre 1810 verstorbenen frommen Stifters wird fortwährend in Segen gehalten. – Auch Graf Isaak Wolfgang brachte der Verschönerung des Gartens ausserordentliche Opfer, und verwendete auf seine Unterhaltung die grösste Sorgfalt, namentlich interessirte er sich sehr für die Anpflanzung neuer Baumgattungen. An dem Todestage des edlen Mannes (25. März) und dem seiner Gemahlin (19. März) liegt dem Ortspfarrer zu Neschwitz die Verpflichtung ob, im gräflichen Erbbegräbniss eine Gedächtnissrede zu halten.

Die Fideicommissgüter übernahm nach Graf Isaak Wolfgangs Tode sein einziger Bruder, der kaiserlich Oesterreichische General der Cavallerie Johann Sigismund Graf von Riesch, des militairischen Maria-Theresia-Ordens Ritter und Inhaber des sechsten Dragonerregiments. Auch er unterhielt die von seinen Vorfahren geschaffenen Garten- und Parkanlagen auf das Beste, und dieselben genossen damals eines so ausgebreiteten Rufes, dass aus der Nähe und Ferne zahlreiche Besucher dadurch herbeigeführt wurden. – In die Zeit der Regierung des Grafen Johann Sigismund fiel die unglückliche Periode des Krieges von 1813, wo auch Neschwitz empfindlich litt, namentlich am 9. Mai während des Kampfes bei Königswarthe zwischen York und Barklay de Tolly auf der einen, und Lauriston auf der andern Seite.

Die beiden nächstfolgenden Besitzer Franz Sigismund Graf von Riesch, k. k. Rittmeister von der Armee und königlich Bairischer Kammerherr, gestorben 1833 zu Dresden, und dessen Sohn, Graf Franz Theodor, bewohnten die Familiengüter nur wenig, und Letzterer, bis zum Jahre 1840 noch minorenn, fand sich bald nach erlangter Mündigkeit bewogen, dieselben an den nächstberechtigten Successor und gegenwärtigen Majoratsherrn Johann Wolfgang Sigismund Grafen von Riesch, Sohn zweiter Ehe des im Jahre 1821 mit Tode abgegangenen k. k. Generals der Cavallerie, Grafen von Riesch, abzutreten, welcher unter dem 22. Februar 1843 damit beliehen wurde. Derselbe besitzt zugleich die Allodialgüter Schmochtitz in der königlich Sächsischen, sowie Hermsdorf an der Spree in der königlich Preussischen Oberlausitz, und gehört seit dem Jahre 1852 der ersten Ständekammer des Königreichs Sachsen als Mitglied an.

Der Complex der Gräflich Rieschischen Fideicommiss-Besitzungen umfasst unter königlich Sächsischer Landeshoheit ein Areal von 3408 Ackern mit 34525 Steuereinheiten, und vertheilen sich hiervon 1100 Acker auf die Felder, 300 Acker auf Wiesen, 200 Acker auf Teiche und 1800 Acker auf Waldungen, zu welchen Letztern noch ausserdem auf Preussischem Gebiete 1500 Morgen Forstungen gehören. Von den Allodialgütern enthält das Rittergut Schmochtitz 200 Acker 30 Quadratruthen mit 3832,40 Steuereinheiten, sowie das Rittergut Hermsdorf einen Flächengehalt von 2724 Morgen. – Zu dem Rittergute Neschwitz gehören als Pertinenzorte Neudorf und Lomske mit herrschaftlichen Vorwerken, sowie Lissahora und Siebitz; den Complex der Majoratsbesitzungen bilden aber ausserdem noch die Rittergüter Holscha mit Holsch-Dubrau, Uebigau mit Krinitz, Zescha, Milkwitz mit Gross- und Kleinbrösern und Niederuhna.

Die kirchlichen Angelegenheiten betreffend, ist Neschwitz eine der volkreichsten Parochien Sachsens, welche vierunddreissig Dörfer umfasst, und zwei Geistliche, einen Oberpfarrer und einen Diakonus, erfordert. Die Kirche steht in der Mitte des Dorfes, umgeben von den Wohnungen der Prediger und den Schulgebäuden. Wann die Kirche erbaut wurde, ist nicht bekannt, doch ist es gewiss, dass ein Theil derselben schon zu Anfang des vierzehnten Jahrhunderts als Kapelle vorhanden war, in welcher der Pfarrer zu Göda den Gottesdienst verrichtete. In der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts scheint die Kirche bereits Pfarrkirche gewesen zu sein, da zu dieser Zeit mehrere katholische Pfarrer von Neschwitz vorkommen, auch mehrere Altäre, wie der des heiligen Leichnams, der Mutter Gottes und des heiligen Kreuzes sich in ihr befanden, welche ihre besonderen Altaristen hatten. Interessant ist der alte, aus Sandstein errichtete, und im Jahre 1799 restaurirte Altar, in dem eine Nische mit ausgehauener Abendmahlsscene sich befindet, deren Figuren nicht ohne Kunst gearbeitet sind und höchst wahrscheinlich von derselben Hand herrühren, welche den massiven, aus einem Granitblock gemeisselten Taufstein schuf. Der Thurm wurde im Jahre 1693 wahrscheinlich zugleich mit dem westlichen Theile der Kirche von Grund aus neu erbaut, mit Blech gedeckt und grün angestrichen. Er trägt ein sehr melodisches, aus drei Glocken bestehendes Geläute.

Vor der Reformation hatte der Pfarrer zu Göda das Recht, die Plebane für Neschwitz und Gaussig zu ernennen, welche dem Pfarrherrn gehorsam zu sein, und ihm jährlich zwanzig böhmische Groschen zu entrichten verpflichtet waren. Beim Beginn der Reformation verwaltete das Pfarramt zu Göda Johann Temmler, der sich mit allem Eifer der neuen Lehre widersetzte, und, wie es scheint, nicht ohne Erfolg, denn noch 1559 gab es in Göda einen katholischen Pfarrherrn, Peter Pelk, welchen Johann Leisentritt, Decan zu Budissin, des Gehorsams gegen den nach Temmlers Entweichung von Göda neugewählten Pfarrer, der zur neuen Lehre übergetreten war, feierlich entband. Auf jeden Fall war Pelk der letzte katholische Geistliche, dem Joachim Beltin als erster lutherischer Pastor folgte. Johann Temmler, der sich nach Crostwitz zurückgezogen hatte, gab sich noch immer die grösste Mühe, der Reformation entgegen zu wirken, und schickte sogar, als Beltin bereits im Amte war, Kapläne nach Neschwitz, um dort nach katholischem Ritus Gottesdienst abzuhalten. Der letzte dieser Kapläne scheint Michael Caswigk gewesen zu sein, der in einer noch vorhandenen Urkunde vom Jahre 1576, Altarist des heiligen Wahrleichnams der Pfarrkirche zu Neschwitz genannt wird. Der letzte Altarist und Kaplan in der Kapelle zu Unserer lieben Frau auf dem alten Schlosse zu Neschwitz hiess Michael Cossmann, der sein Amt im Jahre 1515 antrat, woraus die Wahrscheinlichkeit hervorgeht, dass die damaligen Herren dieses Edelsitzes schon sehr zeitig Luthers Lehre huldigten, obgleich die Verhältnisse jener Zeit es ihnen unmöglich machten, die Reformation auch auf ihren Besitzungen einzuführen.

Eine Eigenthümlichkeit der Neschwitzer Parochie ist es, dass in derselben mehr als irgendwo Protestanten und Katholiken untermengt leben, und die Anzahl der Letztern in einigen Ortschaften sogar die überwiegende ist. Die Parochie umfasst gegenwärtig vierunddreissig Dörfer, nämlich Neschwitz (Nesstaczidto[WS 1]), Neudorf (Nowa Wess), Lomsske (Lomssk), Lissehore (Lischa-Hora), Holscha (Holeschow), Holsch-Dubrau (Holeschowska Dubranka), Uebigau (Rohow[WS 2]), Krinitz (Krojuza[WS 3]), Quoos (Kassow), Wietrau (Wjetrow), Puschwitz

  1. ł in Njeswačidło bzw. "Njesłačidło" wurde hier fälschlich als t wiedergegeben
  2. B in Bohow (Wbohow) wurde hier fälschlich als R wiedergegeben
  3. n in Krojnca (Króńca) wurde hier fälschlich als u wiedergegeben