Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
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Besitz kam. Bei dem Verkaufe zählte es kaum 20-30 Häuser und jetzt beträgt die Häuserzahl 150 mit 883 Einwohnern, welche neben Ackerbau grösstentheils von Weberei leben. Herrschaftliches Feld gibt es hier nicht. Ein Theil des Dorfes heisst der Hempel, nach einem Peter Hempel genannt, der sein Gut theilte. Früher nach Spremberg eingepfarrt besitzt der Ort seit 1801 eine eigene Pfarrkirche. Auf der Stelle der Waldung „der Giersdorf“ genannt stand vormals ein Dorf und Rittergut Namens Gersdorf an der Quelle der Spree. Seit 1306 gehörte es zum Gerichtsamte der Stadt Löbau und 1419 hatte ein Nicolaus von Warnsdorf hier auf dem Hügel (hart an der böhmischen Grenze) seinen Rittersitz. Er war es, welcher damals Waltersdorf an die Stadt Zittau verkaufte. Im J. 1429 ward Gersdorf mit seiner Kirche und der Ritterburg von den Hussiten zerstört und blieb wüste länger als 200 Jahre. Wie die wüste mit Wald bewachsene Dorfstätte an die von Schleinitzische Familie gelangte ist unbekannt, doch scheint diese Wüstung nicht zu den Besitzungen Christophs v. Gersdorf auf Baruth gehört zu haben und die Verbindung mit Ebersbach mag wol später erfolgt sein. Denn um 1576 gehörte sie dem Christoph von Schleinitz, welcher damals die Steinmühle zu Seifhennersdorf von den Steinen der Gersdorfer Burgruine erbauen liess. Die Flur des jetzigen Neu-Gersdorf, damals ebenfalls Waldung, ward obwohl oberlausitzisch zur Herrschaft Rumburg gerechnet, weil sie seit dieser Zeit stets im Besitze der Herren von Rumburg geblieben ist. Auf Zittauischem Grund und Boden legten böhmische Exulanten seit 1662 ein neues Dorf an, welches, weil die alte Dorfstätte zur Flur gehörte, Alt-Gersdorf genannt wurde. Einige Jahre früher, bereits im J. 1657, liess Franz Eusebius Graf von Pötting auf Rumburg auf seinem Grund und Boden, der Flur des jetzigen Neu-Gersdorf, ebenfalls einige Häuser erbauen und begründete hier ein von böhmischen Exulanten ansehnlich vergrössertes Dorf, Neu-Gersdorf genannt. Alt-Gersdorf zählt jetzt 170 und Neu-Gersdorf 342 Häuser, zusammen von 4607 Menschen bewohnt, welche sich hauptsächlich von Baumwollen-Weberei nähren. Bereits im J. 1667 erhielt Alt-Gersdorf eine Kirche, welche, weil sie die Menschenmenge nicht mehr fassen konnte, einem neuen und grösseren von 1735 bis 1738 erbauten Gotteshause Platz machen musste. Neu-Gersdorf, jetzt den Fürsten von und zu Lichtenstein gehörig, hält jährlich ein am 22. Mai 1728 bestätigtes Scheibenschiessen verbunden mit einem von dem Zollverbande viel besuchten Jahrmarkte.
Eybau gehört seit 1602 der Stadt Zittau. Dieses ansehnliche am südlichen Abhange des Kottmar gelegene Dorf war in alten Zeiten klein und hatte einen Rittersitz, dessen Herren sich von Yben (Ybau und Eibe) nannten. Urkundlich kommt 1405, 1413 und 1420 ein Benedictus von der Yben vor. Er und sein Bruder Wenzel von Yben wurden 1405 mit Seifhennersdorf belehnt. Wahrscheinlich gehörten sie zu den Besitzern Eybaus. Ihre Nachfolger kennt man nicht, und von der Theilung des Gutes hat sich gleichfalls keine Nachricht erhalten. Einen Theil besass Augustin von Kohlo, Bürgermeister zu Zittau, welcher 96 Jahre alt am 1. August 1598 starb. Seine Söhne Friedrich und Joachim von Kohlo und seine Enkel Balthasar, Peter und Augustin (Söhne Nickels von Kohlo) und Melchior von Kohlo (Sohn Melchiors) verkauften ihren Antheil von Eybau am 11. Novbr. 1602 für 4500 Thaler an die Stadt Zittau. Aber auch der am 21. Sept. 1584 verstorbene Bürgermeister zu Zittau Joachim von Milde besass einen Theil von Eybau und es ist ungewiss, ob Augustin von Kohlo nicht erst nach ihm diesen Theil an sich brachte. Vielleicht erwarben Beide zu gleicher Zeit ganz Eybau aus einer Hand. Wenn dies der Fall war, so weiss man doch nicht, wie dieser Theil an die von Tzschirnhausen gediehen ist. Hans Friedrich v. Tzschirnhaus auf Kiesslingswalde, ein Sohn des görlitzischen Amtshauptmanns Friedrich v. Tzschirnhaus, verkaufte seinen Antheil von Eybau am 11. Decbr. 1602 gleichfalls an die Stadt Zittau für 6300 Thaler. Damals hatte der Ort nur etwa 5-600 Bewohner, während ihre Zahl um das J. 1820 auf 3960 Personen gestiegen war, im J. 1834 schon 4838 betrug und bis zum 1. Decbr. 1858 sich bis auf 5283 Personen vermehrte. Bei der letzten Zählung kamen auf Alt-Eybau einschliesslich der abgesonderten Ortstheile, der Häuser auf der Löbauischen Wiese und auf dem Mundgute, 647 Häuser mit 4462 Einwohnern, und auf Neu-Eybau 111 Häuser und 821 Einwohner. Neu-Eybau, seit Ende des 17. Jahrhunderts angelegt, bildet eine eigene Gemeinde und steht, wie die Häuser auf der Löbauischen Wiese und dem Mundgute, auf herrschaftlichem Grund und Boden. Auf der Stelle der vormaligen Vorwerksgebäude wurde im J. 1811 ein Brauhaus gebaut. Die Kirche, unter den ansehnlichen Landkirchen der Zittauischen Pflege eine der grössten und schönsten, wurde in den J. 1703 bis 1707 neu erbaut und die Kirchengemeinde hat den alten Ruhm kirchlichen Sinnes bis auf den heutigen Tag bewahrt. Das geistliche Amt verwalten ein Pfarrer und ein Diakon. Der Letztere führt zugleich die Aufsicht über die fünf Schulen. Wie alle genannten Dörfer so ist auch Eybau ein Weberdorf. Die Blüthe der Linnenmanufactur fällt zwar in das 18. Jahrhundert, aber sie ist immer noch bedeutend genug, die durch sie begründete Wohlhabenheit des Ortes auf einer Höhe zu erhalten, wo sie ein Mittel wurde, die Baumwollenwebereien im 19. Jahrhundert zu fördern.
Wenn auch die Stände der Oberlausitz unterm 7. Juni 1619 anordneten, dass kein Landsasse sein Lehn- oder Erbgut an jemand anders als an einen Vierschildigen von Adel verkaufen solle und demnach den Städten die Gelegenheit Landgüter zu kaufen abgeschnitten schien, so konnte die Stadt Zittau im Laufe des 17. Jahrhunderts doch noch eine Erwerbung machen. Sie erlangte nämlich am 30. Juli 1687 durch Tausch von Wolf Rudolph von Ziegler auf Cunewalde den sogenannten Zieglerschen Antheil von Nieder-Oderwitz, welcher im J. 1834 von 475 Menschen bewohnt war. Im J. 1808 bestand er aus 1 Bauer und 4 Gärtnern und 64 Häuslern. Sein Ursprung ist unbekannt. Wenn er im 16. Jahrhundert ein Besitzthum der Herrschaft zu Hörnitz gewesen sein sollte, so weiss man mit Sicherheit nur so viel, dass er in der Mitte des 17. Jahrhunderts dem im J. 1666 verstorbenen Dr. Gottfried von Jungenfels in Zittau, einem Sohne des böhmischen Exulanten aus Reichenberg Joachim Junge von Jungenfels, gehörte. Späterer Besitzer war der Hofmarschall Friedrich Adolph von Haugwitz auf Ober-Spremberg. Im J. 1673 kauften sich die Unterthanen daselbst von Erbunterthänigkeit und Dienstbarkeit frei und wählten als Schutzherrschaft den Cunewalder Herrn Wolf Rudolph v. Ziegler, welcher am 24. October 1679 mit ihnen den Recess abschloss und 2 Tage darauf die Gerichtsordnung feststellte. Wie sie gleichwohl am 30. Juli 1687 durch Tausch an die Stadt Zittau kommen konnten, ist noch dunkel. Die Nachrichten geben nicht an, welchen Tauschgegenstand die Stadt Zittau gewährte; es könnte aber nur vermuthet werden, dass Zittau die Bauergüter in Spremberg, welche in den Waltersdorfer Kauf vom J. 1554 eingeschlossen gewesen sein sollen, gegen den Zieglerschen Antheil von Niederorderwitz geopfert habe. Mit diesen Schutzunterthanen gerieth die Stadt in langwierige Streitigkeiten, welche erst am 12. April 1808 durch Recess ihre Endschaft erreichen konnten.
Neu-Hörnitz ist die letzte Erwerbung, welche die Stadt Zittau nach einem langen Zeitraume wieder zu machen Gelegenheit hatte. Wir haben über dieses Dorf kürzlich noch Folgendes mitzutheilen, was zugleich als Ergänzung des oben S. 57 ff. befindlichen Artikels über Alt-Hörnitz dienen mag. Muthmasslich hat Neu-Hörnitz eben als derjenige Theil zu gelten, wo sich der ursprüngliche Stammsitz der Herrschaft befand. Auf dem Siegmundschen Grundstücke in Neu-Hörnitz erblickt man noch Spuren von Schloss, Wall und Wallgraben, und es wäre möglich, dass die von Döbschlitz in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts ihren Wohnsitz nach dem jetzigen Alt-Hörniz verlegt hätten. Sie verkauften nämlich um das J. 1520 den dritten Theil von Hörnitz an Hans von Uechtritz, einen Bruder Anton’s v. Uechtritz auf Gross-Schönau. Sollte er jenes Schloss erst erbaut haben? Er verkaufte das Gut am 9. Juni 1543 an die Stadt Zittau und diese überliess es im J. 1544 ihrem Mitbürger Hans Engelmann mit Vorbehalt von vier Gärtnern, welche im Pönfall der Stadt verloren gingen, später mit Poritzsch vereinigt die Schmeissgärtner hiessen und endlich im J. 1734 zu Alt-Hörnitz geschlagen wurden. Hans Engelmann verkaufte das Gut am 10. Oct. 1549 an den Görlitzer Münzmeister Matthäus Hauschild und dieser ist der eigentliche Begründer von Neu-Hörnitz. Aus einem Theile seiner Aecker bildete er am 15. April 1551 24 Gartengrundstücke und setzte Häuser aus. Hierauf erwarb Gut und Dorf im J. 1553 Augustin v. Kohlo, nachmaliger Bürgermeister von Zittau, und von diesem kaufte es im J. 1576 der Stadt-Syndicus M. Wenzel Lankisch, welcher durch Kaiser Rudolph II. seine Besitzung in ein freies adeliges Gut verwandeln, sich selbst aber adeln liess. Seine Familie blieb im Besitze bis zu ihrem Aussterben und das Gut gelangte um 1750 an die Familie Hering, welche das jetzige s. g. Schlösschen bauen liess. Im J. 1820 kaufte es die Stadt Zittau. Am 4. Aug. fand die Uebernahme statt und das Herrenhaus mit einem Theile der herrschaftlichen Felder ward an die Gebrüder
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 248. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/366&oldid=- (Version vom 17.10.2016)