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Seite:Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III.djvu/374

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des Meissner Bisthums in Frage gestellt, so dass namentlich mehrere Parochieen des Budissiner Decanats und der Erzpriesterstühle Bischofswerda, Hohnstein (-Sebnitz) und Seidenberg stillschweigend als böhmisch betrachtet wurden, weil die weltliche Herrschaft böhmischen Herren gehörte, so lassen sich doch die in Schirgiswalde (wie auch anderwärts) bestehenden Verhältnisse damit kaum in Vergleich ziehen, wenigstens so lange nicht, als die urkundlichen Beweise, wie Schirgiswalde böhmisch wurde, nicht bekannt gemacht worden sind. Seit dem 15. Jahrhundert war Schirgiswalde Besitzthum der Familie von Luttitz (oder Lottitz). Ein Hans von Lottitz fiel als hussitischer Hauptmann in der Schlacht am Breitenberge den 18. November 1467. Im J. 1547 wird ein Melchior von Lottitz urkundlich als Herr von Schirgiswalde genannt und im J. 1628 verkaufte ein Melchior von Luttitz den Oberhof in Schirgiswalde an den Decan zu Budissin M. Gregorius Kathmann von Maurugk für 3,300 Thaler. Der Oberhof setzt einen Niederhof voraus und der Besitz scheint also damals getheilt gewesen zu sein; fraglich ist aber, ob dieser Niederhof mit dem Dorfe selbst schon damals in den Händen der Herren von Rechenberg war, welche später als Besitzer von Schirgiswalde vorkommen. Denn ein Heinrich von Rechenberg verkaufte im J. 1651 ein Stück Wald an Schirgiswaldischen Boden an den Decan Martin Saudrius für 200 Thaler. Da der genannte Decan Kathmann von Maurugk bereits im J. 1624 auch den Niederwald zum Gut Schirgiswalde gehörig für den hohen Preis von 30.000 Thaler erkauft hatte, so war durch alle diese Erwerbungen schon ein beträchtlicher Theil der Flur Schirgiswalde an das Domstift gediehen und es muss um so befremdender erscheinen, dass der Fürstlich Lichtensteinische Theil von Schirgiswalde eine böhmische Enclave werden konnte. Man möchte vermuthen, der Fürst von Lichtenstein habe als Oberlausitzischer Grundbesitzer kein Vasall des Kurfürsten zu Sachsen sein wollen. Wann und wie der Fürst von Lichtenstein Schirgiswalde erwarb, lässt sich nicht angeben. Im J. 1665 erhielt der Ort von Kaiser Leopold I. Marktgerechtigkeit und Kaiser Karl VI. erhob im J. 1732 den Marktflecken zur Stadt. Damals war also die böhmische Oberhoheit anerkannt. Dem Dom-Capitel zu Budissin war an dem Besitze des andern Theils von Schirgiswalde viel gelegen und bereits im J. 1703 erkaufte es denselben vom Fürsten Anton Florian von Lichtenstein für 37,000 Gulden. Die Bestätigung dieses Kaufes aber erfolgte durch Kaiser Karl VI. erst am 22. Februar 1732. Lassen diese historisch sicheren Agaben eigenthümliche Verhältnisse voraussetzen, so möchte es nicht weniger auffallen, dass, nachdem Schirgiswalde bereits im J. 1809 bei dem Wiener Frieden an Sachsen abgetreten worden war, die feierliche Uebergabe erst am 4. Juli 1845 erfolgte. Liess sie der weise König Friedrich August I. vielleicht deshalb nicht geschehen, weil er die fraglichen Verhältnisse kannte und gar wohl wusste, dass Schirgiswalde eigentlich nie eine böhmische Enclave hätte sein sollen? Wie dem auch sei, war diese Uebergabe historisch betrachtet nur eine Wiedereinsetzung der Oberlausitz in den vorigen Stand. Unter domstiftlicher Herrschaft wurden Neu-Schirgiswalde und Petersbach gegründet.

Unter den lezten Erwerbungen, welche das Domstift zu machen Gelegenheit hatte, nimmt das Rittergut Wehrsdorf der Zeit wie der Bedeutung nach die erste Stelle ein. Wehrsdorf am Hochwalde, an der Strasse von Neustadt nach Neusalza zwischen Steinigtwolmsdorf und Sohland, an dem in die Spree mündenden Scheidenbache gelegen, ward von Einwohnern aus Hainsbach gegründet, galt als Zubehör des Stammorts und war auch dahin eingepfarrt. Vor dem Pönfalle besass es die Stadt Budissin, worauf es König Ferdinand im J. 1549 an den nachmaligen Landeshauptmann Hans von Schlieben auf Pulsnitz verkaufte. Seine Nachfolger als Herren auf Wehrsdorf waren: 1554 Georg von Schleinitz, dann sein Sohn der nachmalige Landvoigt Hans von Schleinitz; 1572 Georg von Berbisdorf; 1600 dessen Wittwe Barbara geb. von Keyha; 1617 Christoph von Gersdorf, dann dessen Gemahlin Ursula geb. von Minkwitz; 1664 ihr Sohn Felix von Gersdorf; 1682 Joachim Ernst von Ziegler und Klipphausen; 1685 dessen gleichnamiger Sohn; 1686 dessen Bruder Friedrich Ferdinand von Ziegler und Klipphausen; 1709 dessen Vetter Ferdinand Rudolph v. Ziegler und Klipphausen auf Mittel-Cunewalde; 1721 Wolf Rudolph v. Ziegler und Klipphausen des Vorigen Vetter, und 1730 Johann Hartwig Gotthardt v. Nostitz und Jänkendorf auf Ullersdorf u. s. w. Dieser verkaufte im J. 1739 Wehrsdorf an das Dom-Capitel für 40,000 Thaler. Die Uebergabe und Huldigung erfolgte am 21. Juli 1739. Dem ausdauernden Fleisse und der betriebsamen Rührigkeit seiner Bewohner verdankt Wehrsdorf den gegenwärtigen blühenden Zustand, denn dürftig war der Anfang, voller Anstrengung die schwere Arbeit auf unwirthbarem Boden und kärglich der Ertrag der Mühen. Gleichwohl fehlte es nicht an neuen Ansiedlern, besonders seitdem böhmische Exulanten in dem einsamen Dorfe eine sichere Zufluchtstätte finden konnten. Da in dem protestantischen Hainsbach nach 1629 der Katholicismus wieder eingeführt wurde, wendeten sich die Wehrsdorfer nach Sohland zur Kirche, mit welcher sie bis zum J. 1725 in Verbindung blieben. In dieser Zeit hatte sich das Dorf, welches um 1554 nur 38 Häuser zählte, ansehnlich vergrössert. Im J. 1707 gab es schon 124 Häuser, die sich bis 1732 auf 166 vermehrt hatten. Der Wunsch, eine eigene Kirche zu besitzen, wurde schon seit 1664 gehegt. Damals wagte es die arme Gemeinde nicht, einen Kirchenbau zu unternehmen, und als es seit 1710 möglich gewesen wäre, kostete es einen 15jährigen Kampf, ehe die standhafte Gemeinde ihren Wunsch erfüllt sah. Als alle Schwierigkeiten überwunden waren, ging aber auch der Kirchenbau so schnell von statten, dass nach 34 Wochen die Kirche am 11. Novbr. 1725 eingeweiht werden konnte. Wie bei dieser Gelegenheit so war auch in anderen Beziehungen Wehrsdorf stets ein Gegenstand patriarchalischer Fürsorge von Seiten der Ortsherrschaft, namentlich auch in Förderung der Gewerbthätigkeit. Der schwer zu handhabende Ackerbau gab nicht hinreichende Beschäftigung für die sich mehrenden Einwohner; man wendete sich zur Weberei und seit der Mitte des 18. Jahrh. waren die Barrasse und Packleinwanden Wehrsdorfs ein gesuchter Handelsartikel. Ueberhaupt nimmt Wehrsdorf unter den s. g. Weberdörfern der Oberlausitz nicht die letzte Stelle ein. Auch der Ackerbau ist im letzten Jahrhundert bedeutend fortgeschritten, wie sich schon daraus schliessen lässt, dass seit 1750 nahe an 100 Scheffel Feld urbar gemacht worden sind. Im J. 1800 zählte man in Wehrsdorf 219 Häuser und 1134 Einwohner.

Ueber die im Laufe des letzten Jahrhunderts an das Dom-Capitel gelangten Antheile von Schmeckwitz (an der s. g. kleinen Strasse von Budissin nach Camenz zwischen Höfgen und Wendisch-Baselitz gelegen), von dem Rittergute Pommeritz oberhalb Wawitz, von Stacha bei Pohla und von Bocka zwischen Luppa und Droben bei Milkel lassen sich Zeit und Umstände der Erwerbung nicht angeben. Wenden wir uns nun zum Cistercienser Nonnen-Closter


St. Marienstern,


einer Stiftung der Herren von Camenz im 13. Jahrhundert. Dieses stattliche freundlich gelegene Kloster an der weissen Elster, an der Strasse von Budissin nach Camenz, 11/2 Stunde von letzterer Stadt entfernt, mag allerdings von der Einsamkeit der uralten Gegend, wie sie die Cistercienserklöster vorzüglich liebten, viel verloren haben, indess liegt es vom grossen Weltverkehr immer noch so entfernt, dass der Kampf klösterlicher Tugenden mit den Eitelkeiten dieser Welt des Sieges sicher sein dürfte. Eine Geschichte des merkwürdigen Klosters zu schreiben ist nicht der Vorwurf nachstehender Bemerkungen, welche nur eine Uebersicht des bedeutenden Grundbesitzes geben sollen. Der Klostervoigt ist sein weltlicher Vertreter auf den Landtagen in Sachsen, wie in der Oberlausitz, übte vormals die Gerichtsbarkeit über die Klosterbesitzungen aus und musste stets ein lausitzischer Edelmann sein. Ueber die Klosterbesitzungen theilen wir nachstehend folgende statistische Tabelle mit:

Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/374&oldid=- (Version vom 17.10.2016)