Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section | |
|
königlich-sächsischen Cultusministerium, die andere, von den Landständen der preussischen Oberlausitz besetzt. Das Alter bei der Aufnahme soll zwischen 16 und 35 Jahren sein. Die Stiftsdamen erhalten standesgewohnte Kost, Wohnung und Bedienung, ausserdem Jede derselben an Taschengeld jährlich 208 Thaler und haben die Freiheit, mit Vorwissen der Ober-Hofmeisterin und des Stiftsverwesers zu verreisen, sich zu vermählen oder das Stift sonst zu verlassen. Die Stiftskleidung ist seit 1810 von schwarzer Seide mit schwarzen Spitzen und Kopfschleier. Das verzierte goldene Ordenskreuz wird an einer Schleife, bei der Oberhofmeisterin an einem roth und weissen Bande über die Schultern getragen. Die Oberhofmeisterin (Stiftshofmeisterin) muss, nach den Statuten vom J. 1744, eine adelige Wittwe sein, kann aber ausser der Verwandtschaft gewählt werden. Die Stiftsdamen bewohnen das genannte Schloss Joachimstein, welches im edelsten Geschmack gebaut, 208 Fuss lang und 76 Fuss hoch ist. Die Tiefe beträgt 40 Fuss. Die beiden Seitenflügel haben eine Länge von 104 Fuss und bilden in 48 Fuss Breite einen Vorsprung, welcher vorn 29 Fuss und hinten 27 Fuss hervorragt. Seit 1795 haben alle Gebäude Blitzableiter erhalten. Der Speisesaal läuft durch zwei Stockwerke und ist 36 Fuss hoch. Den Schlossplatz umgeben Canäle auf drei Seiten und die Umwallung ist mit Alleen verziert. Im Schlossgarten befinden sich zwei Pavillons. Trotz der Wohnungsannehmlichkeiten und der freundlichen Umgebung sind die Stiftsdamen selten in ihrer Vollzahl gegenwärtig, da sie ein klösterliches Leben zu führen nicht genöthigt sind.
Das Stift besitzt die Rittergüter und Dörfer Radmeritz, Tauchritz und Niecha, ferner Antheile von Markersdorf und Niederlinde und eine Waldung (die Lautsche) bei Weigsdorf. Die Verwaltung dieser Grundbesitzungen und des gesammten Stiftsvermögens leitet ein Stiftsverweser, welcher neben der Ausübung der Gerichtsbarkeit und Gerechtsame besonders darüber zu wachen hat, dass die lehnsherrlich bestätigten Statuten befolgt werden. Der Stiftsverweser muss ein oberlausitzischer, landtagsfähiger Edelmann sein. Seit der Theilung Sachsens vom J. 1815 musste sich in den Beziehungen, welche bei dem statutengemässen Fortbestand des Stiftes zur Geltung kamen, Manches ändern und es musste zwischen den Kronen Sachsen und Preussen wegen der Stiftsangelegenheiten ein Uebereinkommen getroffen werden, welches die fortan geltenden Bestimmungen über die Landeshoheit des Stifts, die Genussberechtigung, das Collaturbefugniss, die landständische Verwaltung, die Verhältnisse des Stiftsverwesers und der Stiftshofmeisterin zur landständischen Verwaltung, das Directorium Actorum, die Justizverwaltung, das Vorzugsrecht der Stiftscapitalien u. s. w. festzustellen hatte. Diese Uebereinkunft wurde am 2. Juni 1828 abgeschlossen und ist seitdem bis auf die seit einigen Jahren erfolgte Einverleibung des Schlosses Joachimstein in das königliche Gerichtsamt Ostritz unverändert in gesetzlicher Kraft geblieben. Ein näheres Eingehen in die hier einschlagenden Verhältnisse muss andern Darstellungen überlassen bleiben. Wir bemerken nur noch, dass die Stiftungsurkunde vom 11. Februar 1722 unterm 17. Juni desselben Jahres landesherrlich bestätigt ward, die feierliche Einweihung aber nach Ueberwindung mancher Bedenken und Schwierigkeiten, erst am 14. November 1728 stattfinden konnte. Ueber die Beweggründe des im J. 1734 hochbetagt verstorbenen Stifters haben sich sagenhafte Nachrichten verbreitet, die wir füglich hier übergehen können, da sie mit der Wohlthätigkeit und segensreichen Wirksamkeit der Stiftung Nichts gemein haben.
Bei der grossen Anzahl Rittergüter, welche der Darstellung noch harren, würde, wenn wir das Bemerkenswerthe in möglichster Kürze vortragen wollten, ein grösserer Raum, als uns noch zu Gebote steht, erforderlich sein; wir beschliessen daher, zur nothwendigen Vervollständigung, diese Abtheilung des Albums mit nachstehender tabellarischen Uebersicht als Vorläufer einer bei anderer Gelegenheit auszuführenden Darstellung:
Namen der Rittergüter | Häuserzahl | Bevölkerung | Dermalige Besitzer | ||
1843. | 1858. | 1843. | 1858. | ||
Gerichtsamt Bischofswerda: | |||||
Nieder-Burkau | 57 | 307 | Hr. Karl Traugott Keilhau, seit 1859. | ||
Goldbach | 68 | 71 | 406 | 433 | Hr. Karl Haussner und seine 2 Schwestern. |
Harthau | 104 | 136 | 571 | 722 | |
Gerichtsamt Budissin: | |||||
Bolbritz bei Ober-Uhna | 19 | 18 | 104 | 122 | |
Döberkütz ohnfern Dahren | 5 | 5 | 35 | 39 | Hr. Kämmerer Victor Leopold Swoboda, s. 1855. |
Brösa, zwischen Gutta und Klix | 43 | 43 | 239 | 231 | Hr. Graf v. Schall-Riaucour. |
Doberschau, am rechten Spreeufer | 29 | 33 | 176 | 201 | Fr. Charlotte verw. Oberst v. Trosky, geb. Starke, seit 1860. |
Doberschütz, bei Niedergurig | 28 | 27 | 131 | 155 | Hr. Friedrich Graf u. Edler zur Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld, K. Sächs. Regierungsrath. |
Döbschke, b. Bolbritz | 6 | 7 | 38 | 50 | |
Gleina, bei Gutta | 43 | 45 | 212 | 231 | Hr. Graf v. Schall-Riaucour |
Göbeln, unterhalb Leichnam a. d. Spree | 22 | 24 | 129 | 118 | |
Golenz bei Gaussig | 32 | 34 | 154 | 178 | Hr. Graf v. Schall-Riaucour |
Gross-Dubrau, n. v. Quatitz | 26 | 27 | 110 | 161 | Hr. Regier.-Rath Friedr. Graf u. Edler zur Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld u. Hr. Franz Graf u. Edler zur Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld, Garde-Rittmeister, seit 1857. |
Gross-Seitschen | 30 | 37 | 157 | 210 | |
Halbendorf, Geisslitz gegenüber | 21 | 22 | 121 | 120 | Hr. Eduard K. F. Ad. v. Polenz, Geh. Finanzrath u. Hr. Heinr. Ernst Albert v. Polenz, Bezirks-Ger.-Act., seit 1860. |
Jessnitz im Gebirge | 3 | 18 | Hr. K. Ferd. Hugo Steudte, seit 1859. | ||
Jetscheba unterhalb Commerau | 25 | 31 | 148 | 177 | die Herren Rittmstr. Ernst Wilhelm u. Oberleutn. Joh. Adolph v. Standtfest, seit 1857. |
Kauppa bei Jetscheba | 17 | 20 | 123 | 93 | |
Klein-Seitschen | 15 | 17 | 92 | 89 | |
Klein-Welka | 17 | 17 | 103 | 97 | |
Klix an der Spree | 55 | 59 | 397 | 418 | |
Kreckwitz b. Purschwitz | 37 | 38 | 234 | 264 | |
Lubachau bei Klein-Welka | 19 | 16 | 89 | 88 | |
Luttowitz, bei Bornitz und Mirka | 17 | 18 | 81 | 96 | |
Neudorf a. d. Spree | 30 | 33 | 140 | 157 | Hr. Ernst Wilhelm Boden, seit 1855. |
Ober-Gurig | 46 | 51 | 228 | 265 | |
Ober-Uhna bei Schmochtitz | 15 | 16 | 81 | 115 | |
Pielitz, zwischen Döhlen u. Mehltheuer | 22 | 21 | 141 | 132 | |
Pietzschwitz, unterhalb Dahren | 25 | 27 | 105 | 128 | Hr. Friedr. Ernst v. Walter-Jeschky, Advocat in Budissin, seit 1860. |
Plieskowitz, oberhalb Malschwitz | 38 | 39 | 209 | 255 | |
Pommeritz b. Drehsa | 17 | 24 | 115 | 204 | |
Rattwitz b. Budissin | 11 | 13 | 82 | 78 | Hr. Karl August Jeremias auf Muschelwitz, s. 1856. |
Salga, ohnweit Klix | 18 | 18 | 104 | 104 | |
Semmichau b. Gödau | 26 | 25 | 107 | 120 | |
Storcha b. Budissin | 11 | 12 | 76 | 82 | Fr. Agnes Amalie Meissner, geb. Möller. |
Wuischke bei Hochkirch | 45 | 50 | 247 | 269 | |
Zschillichau an der Muskauer Strasse | 20 | 20[WS 1] | 105[WS 2] | 116 | |
Gerichtsamt Camenz: | |||||
Bocka b. Neustädtel | 6 | 6 | 32 | 42 | Standesherr Graf Curt v. Einsiedel auf Milkel. |
Bulleriz bei Grossgrabe | 44 | 52 | 236 | 294 | Hr. Graf Cajus zu Stolberg-Stolberg auf Brauna. |
Döbra, 1/2 St. südl. von Ossling | 26 | 33 | 165 | 182 | Hr. Bezirks-Gerichtsrath Karl Friedrich v. Hartmann seit 1858. |
Gödlau, zwischen[WS 3] Kaschwitz u(??u)[WS 4] Rauschwitz | 19 | 21 | 88 | 105 | Hr. J. Heinr. Wilh. Adolph v. Hartmann, genannt Knoch, auf Elstra. |
Anmerkungen (Wikisource)
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1854–1861, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Ritterg%C3%BCter_und_Schl%C3%B6sser_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_III.djvu/379&oldid=- (Version vom 17.10.2016)